
Kommentar Prävention ist kein Nice-to-have

Doch Prävention endet idealerweise nicht mit Appellen. Darüber waren sich auch die Expertinnen und Experten bei der Jahrespressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) einig. Die wissenschaftliche Grundlage sei häufig da, werde jedoch nicht ausreichend genutzt.
Trotz klarer Empfehlungen erreicht man bislang zu wenige Menschen, insbesondere aus vulnerablen Gruppen. Dabei zahlt sich Prävention nicht nur medizinisch aus, sondern auch ökonomisch. Wie es gehen kann, zeigt ein Blick auf eine andere Disziplin: die Zahnmedizin. Dort hat man den Paradigmenwechsel zur konsequenten Vorsorge längst vollzogen. Mit beachtlichem Erfolg: Seit 2004 sind die Kosten allein für Karieserkrankungen in Deutschland um rund 1,6 Milliarden Euro gesunken. Ein Rückgang, der nicht vom Himmel fällt. Regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen, Fluorid in Zahnpasta und Salz, Aufklärung schon im Kindergarten – all das zeigt, dass systematische Prävention funktionieren kann.
In einem Beitrag in der ZEIT hieß es kürzlich treffend: „Die Zahnmedizin ist dort, wo die übrige Medizin gerne wäre.“ Und das stimmt. Während man in der Inneren und der Allgemeinmedizin der Krankheitsentwicklung oft noch hinterherläuft, ist die zahnmedizinische Prävention bereits im Alltag integriert: einfach, niedrigschwellig, wirksam. Sie ist heute für die meisten Menschen ein fester Bestandteil ihrer Gesundheitsroutine.
Was wäre, wenn wir Volkskrankheiten wie Hypertonie, Diabetes oder Adipositas mit derselben Konsequenz anpacken würden? Wenn Ernährungsberatung, Vorsorgeprogramme und digitale Tools kein Feigenblatt, sondern Standard wären? Wenn wir Gesundheitspolitik nicht nur als Reparaturbetrieb, sondern als Verantwortungsgemeinschaft denken würden? Die Antworten kennen wir längst. Jetzt ist es an der Zeit, tätig zu werden.