Rückblick Professor Thomas Haak: „Ich habe den Staffelstab übergeben“

Gesundheitspolitik Autor: Günter Nuber

Professor Dr. med. Thomas Haak 
war 25 Jahre lang Chefarzt des Diabetes
Zentrums Mergentheim. Seit Anfang 
Juli ist er im Ruhestand. Professor Dr. med. Thomas Haak war 25 Jahre lang Chefarzt des Diabetes Zentrums Mergentheim. Seit Anfang Juli ist er im Ruhestand. © Anthony Leopold – stock.adobe.com

Nach 25 Jahren verabschiedete sich Professor Thomas Haak von seiner Position als Chefarzt des Diabetes Zentrums Mergentheim. Welche Bilanz zieht er, was wird bleiben – und wie geht es dort weiter?

Wenn er auf seine berufliche Karriere blickt, hat der 66-Jährige ein Lächeln im Gesicht: „Ich habe mich immer gefühlt wie ein Dirigent, der stolz darauf war, dass er die besten Musiker im Orchester hat“, sagt Professor Dr. med. Thomas Haak über seine Zeit als Chefarzt am Diabetes Zentrum Mergentheim (DZM). Große Erfolge seien immer Teamleistungen, fügt er hinzu.

Bescheidenheit, Optimismus und Engagement für Menschen mit Diabetes sowie das Weiterentwickeln der Diabetologie haben das Vierteljahrhundert seiner Geschichte am DZM geprägt. Seit 1. Juli hat Thomas Haak seine Aufgabe als Chefarzt abgegeben und kann entspannt auf sein Lebenswerk zurückblicken.

Vom Rhein an den Main und von dort an die Tauber 

Gekommen war der gebürtige Wiesbadener von Frankfurt am Main – als Oberarzt des Diabetes-Schulungszentrums, der Fußambulanz und der Medizinischen Notaufnahme des Zentrums der Inneren Medizin. In der Main-Metropole hatte er zuvor Humanmedizin studiert und wurde bis zum Jahr 2000 nach und nach im Rettungsdienst ausgebildet, machte seinen Facharzt für Innere Medizin, wurde später u. a. „Diabetologe DDG“ und erwarb die Schwerpunktbezeichnung „Endokrinologie und Diabetologie“. 

Zur Diabetologie ist er übrigens gekommen, als er als junger Assistenzarzt das Stichwortverzeichnis für das Standardwerk „Diabetologie in Klinik und Praxis“ erstellte. Dabei musste er das gesamte Buch von vorne bis hinten durchlesen, was ihn quasi zum Diabetologie-Experten zunächst wider Willen machte.

Der Wechsel von der Frankfurter Uniklinik nach Bad Mergentheim war für Haak buchstäblich ein Sprung ins Wasser – als er ankam, regnete es, und beinahe hätte er am Ortseingang kehrtgemacht: „Bei Nieselregen durchs Industriegebiet – ich wollte schon umdrehen. Aber als ich die Klinik sah, wusste ich: Das passt!“

Die Anfangszeit war geprägt von vorsichtigem Optimismus, sagt er, aber auch von Vertrauen: Thomas Haak übernahm die Diabetes-Klinik Bad Mergentheim von Dr. Kristian
H. Bergis. Die Witwe des verunglückten Klinikgründers, Helga Bergis, übergab dem jungen Diabetologen die Leitung mit den Worten, er werde hier sicher alt werden. Sie sollte recht behalten! Unter Prof. Haaks Führung entwickelte sich das Diabetes Zentrum zu einem bundesweit anerkannten Kompetenzzentrum. Diabetologische Maßstäbe setzte sein Team durch die Entwicklung von Schulungsprogrammen (wie MEDIAS 2), die sehr frühe Integration psychosozialer Aspekte und die Nutzung digitaler Formate. Prof. Haak versteht das Zentrum als „Kleeblatt“ aus Klinik, großer Ambulanz, renommierter Diabetes-Akademie und dem Forschungsinstitut an der Diabetes-Akademie (FIDAM) – diesen Ansatz verfolgte er konsequent bis zu seinem Ausscheiden Ende Juni. 

High-End-Diabetologie und ranghohe Forschung

Die Diabetes-Klinik hat ein weiteres Alleinstellungsmerkmal: Es ist ein Akutkrankenhaus zur stationären Diabetesbehandlung. „Wir machen hier High-End-Diabetologie. Unsere Patienten kommen zu uns, wenn die ambulanten Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft sind.“ Die Klinik steht für leitliniengerechte und stets patientenzentrierte Therapie – „schon lange bevor partizipative Entscheidungsfindung zum Modebegriff wurde“.

Sehr stolz ist Prof. Haak auf die Ausbildungsleistung des Zentrums: Über 135 Ärzt*innen wurden hier in den letzten 25 Jahren zu Diabetolog*innen weitergebildet. Endokrinolog*innen und Wissenschaftler*innen begannen hier ihre Karriere – und drei Inhaber von Professuren gingen aus dem Bad Mergentheimer Zentrum hervor.

Diabetes-Akademie und FIDAM sind heute feste Größen in der Diabetologie: „Es gibt kaum ein erstattungsfähiges Schulungsprogramm in Deutschland, das nicht aus unserem Haus kommt.“ Tatsächlich zählt die Akademie mittlerweile rund 1.700 Mitglieder und hat den Sprung ins Digitale gemeistert. Über FIDAM konnten mehr als zwei Mio. Euro Forschungsetat generiert werden – ein Umfang, der sonst vor allem Unikliniken vorbehalten ist. Nicht zu vergessen ist das Mergentheimer Zentrum als Projektpartner des Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).

Großes Engagement in der DDG und bei diabetesDE

Thomas Haak war in all den Jahren national und international aktiv: In der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) bekleidete er viele Ämter bis hin zum Präsidenten (2007–2009); im Vorstand war er von 2005 bis 2009. Bei der Gesundheitsorganisation diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe engagiert er sich bis heute mit Herzblut. „Die DDG und diabetesDE sind für mich gleich wichtig.“ Bei diabetesDE ist Thomas Haak Finanzvorstand und Gründungsmitglied.

Der Kreis schließt sich mit der Übergabe an Dr. Dominik Bergis 

Humor gehörte immer zu Prof. Haaks Berufsalltag und Führungsstil: So setzte er einst recht erfolglos Wasserpistolen ein, um die Klinik vor Tauben zu schützen. Und zu den Teambuilding-Maßnahmen zählte auch mal die Teilnahme an einem Drachenbootrennen: „Wir waren nicht die Schnellsten, aber die Lustigsten.“ Denn „Freude“, so sagt er, „entsteht, wenn man füreinander da ist – am Arbeitsplatz und in der Freizeit.“

Mit dem Eintritt in den Ruhestand übergibt Haak die Leitung des Diabetes Zentrums Mergentheim an Dr. med. Dominik Bergis – und ist überzeugt, dass die Zukunft dieser außergewöhnlichen Einrichtung damit in guten Händen liegt: „Er hat die gleiche Ausbildung wie ich, ist habilitiert, kennt das Haus und hat eine Frau, die ebenfalls Diabetologin ist und sich künftig mit einbringen wird. Er wird es anders machen, aber sicher gut.“

Und das ist wichtig. Denn die Herausforderungen werden nicht kleiner: Die Weiterentwicklung des FIDAM, der Generationenwechsel im Team und die Anpassung an neue gesundheitspolitische Rahmenbedingungen sind Schritte, die Mut und Fingerspitzengefühl erfordern. Haak zuversichtlich: „Ich habe den Staffelstab von Dr. Kristian Bergis übernommen und an Dr. Dominik
Bergis übergeben – und damit schließt sich der Kreis. Besser geht‘s doch gar nicht.“

Zurück bleibt der Mensch Thomas Haak, der mit aller Bescheidenheit, aber doch einem gewissen Stolz sagt: „Ich würde alles wieder so machen. Es war eine tolle Zeit, mit einem großartigen Team und vielen Freunden. Und wenn ich heute sehe, wie viele Menschen wir ausgebildet und wie viele Patienten wir begleitet haben, dann weiß ich: Unsere Arbeit hat sich gelohnt.“

Stimmen aus der Deutschen Diabetes Gesellschaft und diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe

DDG und diabetesDE danken Professor Dr. med. Thomas Haak für sein jahrzehntelanges Wirken – für die Wissenschaft, die Versorgung und die Menschen mit Diabetes. Für seinen neuen Lebensabschnitt wünschen sie ihm alles Gute, Gesundheit und weiterhin viele inspirierende Begegnungen.

  • „Professor Haak hat sich in besonderer Weise für die Weiterentwicklung der Diabetologie eingesetzt – wissenschaftlich fundiert, großer kommunikativer Stärke und immer mit dem Blick auf die Lebensrealität von Menschen mit Diabetes. Er hat medizinische Exzellenz mit Menschlichkeit verbunden und sich für eine Versorgung eingesetzt, die Wissen verständlich und wirksam macht.“ – Professorin Dr. Julia Szendrödi, DDG Präsidentin
  • „Professor Haak hat diabetesDE über viele Jahre entscheidend geprägt. Er ist immer noch Gestalter, Moderator, Mutmacher – und ein Arzt, der sich mit Haltung und Herz für die Belange von Menschen mit Diabetes eingesetzt hat. Dafür sind wir ihm zutiefst dankbar.“ – Dr. med. Jens Kröger, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes-Hilfe
  • Im Zuge des Abschieds von Prof. Haak DDG und diabetesDE zugleich die strukturelle Bedeutung von Fachkliniken wie Bad Mergentheim ins Blickfeld. „Solche Einrichtungen sind ein unverzichtbarer Teil der stationären Versorgung – doch sie allein können die Behandlung von rund drei Millionen jährlich stationär aufgenommenen Menschen mit Diabetes in Deutschland nicht abdecken“, erklärt Professor Dr. med. Andreas Fritsche, Mitglied im Vorstand der DDG. „Wir brauchen langfristig tragfähige Konzepte, um diabetologische Expertise flächendeckend und sektorenübergreifend verfügbar zu machen – auch vor dem Hintergrund aktueller Reformen in der Krankenhausplanung.“

Quelle: Medical-Tribune-Bericht

Professor Dr. med. Thomas Haak Professor Dr. med. Thomas Haak © Diabetes Zentrum Mergentheim