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Fall Högel Wie es zur Mordserie kommen konnte

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Schon im Prozess gegen Niels Högel war das Medieninteresse enorm. Das Gleiche zeigt sich derzeit im Prozess gegen Klinikmitarbeiter, die nicht genug gegen Högels Handeln getan haben sollen. Schon im Prozess gegen Niels Högel war das Medieninteresse enorm. Das Gleiche zeigt sich derzeit im Prozess gegen Klinikmitarbeiter, die nicht genug gegen Högels Handeln getan haben sollen. © Proxima Studio – stock.adobe.com
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Der Pfleger Niels Högel tötete an seiner Arbeitsstätte vorsätzlich Schutzbedürftige. Er wurde wegen Mordes verurteilt. Im Nachgang müssen sich ehemalige Mitarbeiter u.a. wegen des Vorwurfs der Beihilfe zur Tötung durch Unterlassen verantworten.

Der ehemalige Krankenpfleger Niels Högel wurde 2019, nach 24 Verhandlungstagen, wegen Mordes in 85 Fällen schuldig gesprochen. Auch eine besondere Schwere der Schuld war festgestellt worden. Seine Taten geschahen zwischen 2000 und 2005. Högel hatte in seiner beruflichen Position Patienten durch die Verabreichung nicht indizierter Stoffe bzw. Medikamente getötet. Alter der Verstorbenen: 34 bis 96 Jahre. Das Urteil ist mittlerweile rechtskräftig. Der Bundesgerichtshof hatte die Revision des Verurteilten als unbegründet verworfen.

Oberärzte waren verpflichtet, ihre Patienten zu schützen

Im Fokus der Staatsanwaltschaft standen von Beginn der Ermittlungen gegen Högel an auch dessen Kolleginnen und Kollegen in den Kliniken Oldenburg und Delmenhorst. Die Frage stand im Raum, ob durch deren schnelles Einschreiten die Mordserie hätte verhindert werden können. Der Verdacht erhärtete sich.

Angeklagt sind nun bezüglich des Klinikums Oldenburg ein ehemaliger Geschäftsführer, ein ehemaliger ärztlicher Leiter und ein Leiter des Bereichs Pflege der kardiochirurgischen Intensivstation sowie eine ehemalige Pflegedirektorin. Die Vorwürfe lauten auf Beihilfe zur Tötung durch Unterlassen. Sie betreffen Geschehnisse vom November 2001. Ein Einschreiten soll, so die Staatsanwaltschaft, aus Sorge um die Reputation der Station 211 und des Klinikums Oldenburg insgesamt unterblieben sein.

Angeklagt sind zudem bezüglich des Klinikums Delmenhorst zwei Oberärzte, ein Stationsleiter Pflege der Intensivstation sowie dessen Stellvertreterin. Ihnen wird in unterschiedlicher Anzahl die (versuchte) Tötung von insgesamt fünf Patienten durch Unterlassen unterstellt. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass das Einschreiten unterblieb wegen der Sorge um die Reputation der Klinik und aus Angst, sich des Vorwurfs des „Mobbings“ und der falschen Verdächtigung auszusetzen. Die Delmenhorster Todesfälle gehen zurück auf Mai und Juni 2005. Beide Oberärzte sind wegen jeweils eines Tötungsdelikts angeklagt. Beide waren laut Anklageschrift aufgrund ihrer jeweiligen Funktion verpflichtet, das Leben von Patienten zu ­­­­­­­­­­­­­schützen.

Die Anklagen von Oldenburg und Delmenhorst werden ab März in einem sehr umfangreichen Verfahren am Landgericht Oldenburg zusammen verhandelt. Bis November sind bisher 40 Sitzungstermine vorgesehen.

Verhandlung wurde in die Weser-Ems-Hallen verlegt

Die sieben Angeklagten greifen dabei auf 18 Verteidiger zurück. Zudem werden zahlreiche Sachverständige, Polizeibeamte und Klinikmitarbeiter gehört. Vorgesehen wurden von der Schwurgerichtskammer auch zwei Ergänzungsrichter sowie drei Ergänzungsschöffen, um im Fall krankheitsbedingten Ausfalls das Weiterlaufen des Verfahren absichern zu können.

Durch die große Zahl von Verfahrensbeteiligten wurde die Verhandlung in die Weser-Ems-Hallen in Oldenburg verlegt. 64 Sitzplätze sind je Prozesstag für die Öffentlichkeit reserviert, davon 26 Plätze für bereits akkreditierte Medienvertreter. 25 Justizwachtmeister sind pro Verhandlung für die Innensicherung zuständig.

Medical-Tribune-Bericht

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