Adjuvante CDK4/6-Inhibition für alle HR+ frühen Mammakarzinome?

DGS 2025 Birgit-Kristin Pohlmann

Der adjuvante CDK4/6-Inhibitor-Einsatz ist bei HR+ Mammakarzinom unter bestimmten Voraussetzungen eine Therapieoption. Der adjuvante CDK4/6-Inhibitor-Einsatz ist bei HR+ Mammakarzinom unter bestimmten Voraussetzungen eine Therapieoption. © busra – stock.adobe.com

Der adjuvante Einsatz eines CDK4/6-Inhibitors ist bei erhöhtem Rezidivrisiko eine Option für Patient:innen mit HR+ frühem Mammakarzinom. Das gilt für Ribociclib unter bestimmten Voraussetzungen auch ohne Lymphknotenbefall, während dieser bei Abemaciclib vorausgesetzt wird. Im klinischen Alltag stellt sich die Frage, ob alle Erkrankten, die unter die jeweilige Zulassung fallen, diese Therapie erhalten sollten.

Für den adjuvanten Einsatz von Abemaciclib beim frühen Brustkrebs muss ein Lymphknotenbefall vorliegen (N2–3 oder N1 plus T ≥ 5 cm und/oder G3). Ribociclib kann – basierend auf der Zulassungsstudie NATALEE – auch bei Patient:innen ohne Lymphknotenbefall genutzt werden, wenn zusätzliche Risikofaktoren vorliegen (N1–3; N0 T3–4; N0 T2 plus G3 oder plus G2 mit hohem genomischem Risiko oder Ki67 ≥ 20 %), erläuterte Prof. Dr. Frederik Marmé, Universitätsklinikum Mannheim. Ein Unterschied zwischen beiden Substanzen bestehe zudem bei der Kombinierbarkeit. Ribociclib kann nur mit einem Aromatasehemmer (+ GnRH-Analogon bei prämenopausalen Frauen) kombiniert werden, was für Erkrankte potenziell eine Eskalation der endokrinen Therapie darstelle. Dies habe einen möglichen Einfluss auf die Lebensqualität, betonte der Referent.

Wirksamkeitsvorteil zeigte sich in beiden Studien

Unabhängig von den Unterschieden belegen Daten beider Zulassungsstudien statistisch signifikante Vorteile beim invasiven krankheitsfreien (iDFS) und beim distanten rezidivfreien bzw. fernmetastasenfreien Überleben (DRFS bzw. DDFS; monarchE: jeweils p < 0,001; NATALEE: jeweils p < 0,0001). Der langfristige Nutzen lasse sich bei der bisherigen Nachbeobachtungsdauer noch nicht abschließend bewerten, merkte Prof. Marmé an. Allerdings seien bislang in beiden Studien unter dem CDK4/6-Inhibitor weniger Fernmetastasen aufgetreten. In der monarchE-Studie mit dem längeren Follow-up (median 54 Monate) finde sich ein klinisch relevanter absoluter DRFS-Vorteil nach fünf Jahren von 6,7 Prozentpunkten.

Verträglichkeit spielt gerade bei guter Prognose ein Rolle

Die Frage bestehe darin, so der Experte, ob die Wirksamkeitsvorteile für alle Betroffenen oder nur für bestimmte Subgruppen gelten. Unstrittig sei der Nutzen des CDK4/6-Inhibitors bei hohem Risiko (ab der N2-Situation). Diskussionsbedarf gebe es im Fall niedrigeren Risikos, insbesondere bei den N0-Patient:innen mit zusätzlichen Risikofaktoren bzw. in den Stadien II/III.

Denn: Je geringer das absolute Risiko und der potenzielle Therapienutzen, desto wichtiger sei es, die Nebenwirkungen und die Lebensqualität der Erkrankten mit den Vorteilen der Behandlung abzuwägen, betonte Prof. Marmé. Beachten müsse man die Abbruchraten von etwa 30 % in den Zulassungsstudien der beiden CDK4/6-Inhibitoren. Erstaunlicherweise schien die Lebensqualität allerdings nicht beeinträchtigt – es bleibe zu klären, ob sich die verwendeten Instrumente nicht zum Erfassen der Lebensqualität eignen oder ob die Nebenwirkungen nicht als gravierend empfunden wurden und die Abbruchrate auf einer Therapiemüdigkeit beruhte.

Profitieren alle Subgruppen?

Laut Subgruppenanalysen profitierten in beiden Zulassungsstudien alle Patient:innenpopulationen vom CDK4/6-Inhibitor. Der relative Nutzen sei in allen Subgruppen ähnlich ausgefallen, so Prof. Marmé. Es handele sich allerdings um analytische Unterteilungen und – ganz wichtig – niemand gehöre nur zu einer Subgruppe, warnte der Experte. Unklar bleibe daher, ob tatsächlich bei allen dieser Erkrankten der Therapienutzen die Risiken und ggf. Einschränkungen der Lebensqualität überwiege. So waren in der NATALEE-Studie beispielsweise die absoluten Unterschiede bei den N0-Patient:innen gering mit einer Differenz von 15 Ereignissen beim iDFS und von zehn Ereignissen beim DDFS/DRFS. 

Gibt es Risikofaktoren für Therapieabbrüche?

Obwohl für viele prämenopausale Betroffene die adjuvante CDK4/6-Inhibitor-Therapie mit Ribociclib auch eine Eskalation der endokrinen Therapie bedeutet, fiel in der NATALEE-Studie die Therapieadhärenz bei diesen jungen Teilnehmenden sehr hoch aus. Nur etwa 10 % der prämenopausalen Erkrankten brachen laut dem Referenten die Therapie ab im Vergleich zu fast 30 % derjenigen ab dem 60. Lebensjahr. Dies lasse sich möglicherweise darauf zurückführen, dass die jungen Patient:innen um ihr hohes Rezidivrisiko wissen und zudem noch viel Lebenszeit und Pläne vor sich haben. 

Tatsächlich, so Prof. Marmé, scheinen die Wahrnehmung der Erkrankung und deren Risiko wichtige Faktoren bei der Therapieentscheidung zu sein. Je jünger die Person und je höher das Rezidivrisiko, desto höher erweise sich in der Regel die Bereitschaft, eine bestimmte Therapie längerfristig durchzuführen.

Laut dem Kollegen stellt die adjuvante CDK4/6-Inhibition eine wichtige Option für viele Patient:innen mit HR+ frühem Brustkrebs dar, aber nicht für alle. Je geringer das absolute Risiko, desto geringer sei der absolute Nutzen, weshalb das absolute Risiko die  Grundlage der Therapieentscheidung bilden müsse. Die Adhärenz gestalte sich umso höher, je höher das Rezidivrisiko eingeschätzt wird und je jünger – damit meist auch gesünder – die Patient:innen sind. 

Unbestritten bleibe die adjuvante CDK4/6-Inhibitor-Gabe eine wichtige Option für Erkrankte mit hohem Rezidivrisiko (ab N2 oder N1 + Risikofaktoren). Bei intermediärem Risiko (N0, N1 ohne Risikofaktoren) hält Prof. Marmé für besonders wichtig, die adjuvante Gabe des CDK4/6-Inhibtors mit den Patient:innen unter Berücksichtigung individueller Nutzen-Risiko-Faktoren zu besprechen. Letztlich sei der Wunsch der Betroffenen entscheidend.

Quelle:
Marmé F. 44. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Senologie; Vortrag „Adjuvante CDK4/6-Inhibition nun für alle?“

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Der adjuvante CDK4/6-Inhibitor-Einsatz ist bei HR+ Mammakarzinom unter bestimmten Voraussetzungen eine Therapieoption. Der adjuvante CDK4/6-Inhibitor-Einsatz ist bei HR+ Mammakarzinom unter bestimmten Voraussetzungen eine Therapieoption. © busra – stock.adobe.com