
Aggressiv und depressiv: Männerspezifische Symptome erfordern männerspezifische Maßnahmen

Niedergeschlagen, antriebslos, ständig grübelnd und sozial zurückgezogen – der Prototyp eines Depressiven. Studien zufolge trifft die genannte Symptomkonstellation vor allem auf weibliche Patienten zu. Männliche zeigen dagegen häufiger Aggressivität, Irritierbarkeit und exzessiven Alkoholkonsum. Ihre Erkrankung wird daher oft übersehen bzw. falsch gedeutet.
Antidepressive Therapien mussten bisher nur dem Prototyp der Depression „standhalten“. Doch greifen sie auch bei männerspezifischen Symptomen? Dies fragte sich eine Forschergruppe um die Soziologin Vanessa Rößner vom Klinikum Wahrendorff in Sehnde. In einer Studie verglichen sie eine geschlechterneutrale mit einer -spezifischen Therapiestrategie bei 373 depressiven Männern.
Die Patienten waren zwischen 17 und 73 Jahre alt und litten seit mehr als einem halben Jahr entweder unter einer depressiven Episode (F32 nach ICD-10) oder unter einer rezidivierenden depressiven Störung (F33). Die Vergabe der Therapieplätze erfolgte nicht randomisiert, sondern nach der Vakanz der teilnehmenden Kliniken. Bei Aufnahme und Entlassung aus der teilstationären Behandlung wurde die allgemeine psychiatrische und depressive sowie geschlechtsspezifische depressive Symptombelastung der Patienten ermittelt.
Trauer und Hilflosigkeit passen nicht zum Klischee
Im Fokus der geschlechterspezifischen Behandlung standen hingegen die Beschwerden der „Male Depression“. So wurden bei der Psychoedukation männliche Belastungssituationen und Sexualität thematisiert, während das Training zur Problembewältigung darauf abzielte, männliche Verhaltensstrategien zu überwinden. In einer Gruppe sprachen Betroffene außerdem über männliche Verhaltensmuster wie Zurückziehen und Schweigen. Weiterhin stand neben Fußball und Nordic Walking auch Physio-Yoga auf dem Programm.
Unter Männern spricht Mann leichter
Unabhängig vom Setting reduzier-ten sich bei allen Patienten die Beschwerden signifikant. Jedoch sank unter der auf die Männer abgestimmten Therapie die allgemeine psychiatrische und die geschlechtsspezifische depressive Symptomatik um weitere drei Punkte auf der jeweiligen Skala im Vergleich zur Standardtherapie (Global Severity Index: 3,12; Gotland Male Depression Scale: 3,57). Damit erreichten diese Teilnehmer ein klinisch unauffälliges Niveau.Dass die Männer bei dem geschlechtsspezifischen Setting unter sich waren, könnte es ihnen erleichtert haben, sich zu öffnen, was möglicherweise zu den besseren Ergebnissen beigetragen hat, so die Autoren. Sie fordern Kollegen auf, achtsam gegenüber typisch männlichen Depressionssymptomen zu sein, und sprechen sich dafür aus, geschlechtsspezifische Aspekte in die Therapie zu integrieren.
Quelle: Rößner V et al. J Neurol Neurochir Psychiatr 2017; 18: 52-59
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