Akutes rheumatisches Fieber erkennen und behandeln
Auch wenn das akute rheumatische Fieber in den reichen Ländern eine Seltenheit ist – weltweit verursacht es eine hohe Krankheitslast.
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Diagnostik und Impfstoffe.
Beim akuten rheumatischen Fieber (ARF) handelt es sich um eine systemische Inflammation, die nach einer durch A-Streptokokken hervorgerufenen Pharyngitis oder Impetigo auftritt und von Fieber begleitet wird. Betroffen sind dabei vor allem Gelenke, Haut und subkutanes Gewebe, Herzmuskel oder Gehirn, schreiben Dr. Kajal Hirani vom Kids Research Institute Australia in Perth et al. Die gesundheitliche Belastung durch das ARF wird ihnen zufolge wahrscheinlich unterschätzt: Im Jahr 2019 erkrankten weltweit über 600 Millionen Menschen an einer Infektion durch Gruppe-A-Streptokokken (GAS), rund eine halbe Million Fälle eines ARF wurden diagnostiziert.
Inzidenz in armen Ländern noch immer sehr hoch
Während im Laufe des 20. Jahrhunderts aufgrund verbesserter hygienischer Bedingungen die Inzidenz des ARF vor allem in wirtschaftlich besser gestellten Ländern zurückging, bleibt die Verbreitung in sozioökonomisch benachteiligten Ländern hoch. Dies lässt sich an Daten zur rheumatischen Herzerkrankung ablesen, einer möglichen Folgeerkrankung des ARF mit persistierender Herzklappendysfunktion. Mit geschätzt 55 Millionen Menschen im Jahr 2021 ist die Prävalenz der rheumatischen Kardiomyopathie in den letzten rund 30 Jahren um den Faktor 1,7 gestiegen, was mit einer verbesserten Diagnostik und dem Bevölkerungswachstum erklärt wird.
Die höchste Inzidenz des akuten rheumatischen Fiebers liegt bei Schulkindern, was mit dem Höhepunkt der Infektionsraten durch Gruppe-A-Streptokokken (GAS) übereinstimmt. Eine rheumatische Herzerkrankung entwickeln vor allem 25- bis 29-Jährige, wobei sich die in der Adoleszenz ausgeglichene Geschlechterverteilung später zu Ungunsten der Frauen verschiebt. Dieser Unterschied ist vor allem in Regionen mit niedrigem soziodemografischem Index ausgeprägt, was darauf hinweist, dass bei ARF und rheumatischer Herzerkrankung soziale Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Daneben gibt es eine genetische Prädisposition, schreibt das Autorenteam.
Vor diesem Hintergrund ist nachvollziehbar, dass die Inzidenz der rheumatischen Herzerkrankung z. B. in Nordafrika bei 49,4 pro 100.000 Einwohnern, im südlichen Afrika hingegen bei 129,1 pro 100.000 liegt. Außerdem sind bestimmte Bevölkerungsgruppen besonders von ARF und rheumatischer Herzerkrankung betroffen, etwa Indigene in Kanada oder in Australien – Letztere erkranken typischerweise an einer GAS-Impetigo.
Die Diagnose folgt den klinischen Jones-Kriterien von 2015, nach denen zwei Major- oder ein Major- und mindestens zwei Minorkriterien vorliegen müssen (siehe Kasten). Da einige andere Infektionskrankheiten ähnliche Symptome hervorrufen, ist der Nachweis der vorangegangenen Infektion mit A-Streptokokken entscheidend. Hierfür sind genauere molekulare Schnelltests in Entwicklung; hilfreich wäre die Aufnahme des GAS-Tests in bereits verfügbare, verschiedene Infektionserreger umfassende PCR-Test-Panels. Auch geeignete Biomarker könnten eine differenziertere ARF-Diagnose erlauben – entsprechende Forschungsvorhaben laufen.
Major-Kriterien:
- Karditis
- Arthritis
- Chorea Sydenham
- Erythema marginatum
- subkutane Knötchen
Minor-Kriterien:
- Polyarthralgie
- Fieber
- erhöhte Entzündungsparameter
- verlängertes PR-Intervall
Wichtig ist zudem ein breiterer Zugang zu einer echokardiografischen Untersuchung; schließlich deutet eine Dysfunktion der Mitral- oder Aortenklappe (z. B. subklinische Valvulitis) auch in Abwesenheit typischer klinischer Symptome auf ein ARF hin. In der Praxis würden kleinere Echokardiografie-Geräte helfen, die – mithilfe von KI-unterstützter Auswertung – auch von nichtärztlichem Personal verwendet werden könnten. Auch die Telemedizin könnte die diagnostischen Möglichkeiten erweitern.
Arthritis spricht am besten auf hoch dosierte NSAR an
Zur Elimination der A-Streptokokken ist therapeutisch Penicillin angezeigt, zur sekundären Prävention die intramuskuläre Injektion von Benzathin-Penicillin G alle 3 bis 4 Wochen. Eine Arthritis spricht meist auf eine hohe Dosis NSAR an, z. B. Ibuprofen. Eine leicht ausgeprägte rheumatische Karditis sollte entsprechend den klinischen Symptomen behandelt werden, bei schwerer Ausprägung können Glukokortikoide wirksam sein, manchmal wird eine Klappenoperation nötig. Bei Chorea Sydenham kommen Dopamin-Antagonisten, anfallssuppressive Medikamente oder Immunmodulatoren infrage.
Eine effektivere Prävention wäre entscheidend, wird aber u. a. durch das unvollständige Wissen um die pathophysiologischen Mechanismen der Erkrankung erschwert. Immerhin haben sich einige Impfstoffe gegen A-Streptokokken in Tierversuchen als sicher und effektiv erwiesen. Besonders wichtig sind aber neben gesundheitlicher Aufklärung sowie Weiterbildung von medizinischen Fachkräften bessere hygienische und soziale Bedingungen. Diese reichen von den individuellen Lebensumständen über die lokale Gesundheitsversorgung bis hin zu stabilen Regierungen und ausreichenden finanziellen Ressourcen für das jeweilige Gesundheitssystem.
Quelle: Hirani K et al. Lancet 2025; doi: 10.1016/S0140-6736(25)00185-0
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