
Alkoholentzugssyndrome in der Allgemeinklinik werden zunehmend zum Problem

In den Jahren 2021 bis 2023 gaben 47,5 % der US-amerikanischen Allgemeinbevölkerung an, Alkohol zu konsumieren, wobei etwas mehr als 10 % die Kriterien für eine Alkoholabhängigkeit (alcohol use disorder) erfüllten. Müssen diese Menschen stationär behandelt werden, entfällt der Alkoholkonsum meist über mehrere Tage, und ein erheblicher Anteil (15–50 %) entwickelt Entzugssymptome. Bereits nach einer 6- bis 24-stündigen Abstinenz treten erste Anzeichen auf, schreiben Ärztinnen und Ärzte um Prof. Dr. Kristopher Kast vom Vanderbilt University Medical Center.
Krampfanfälle und Psychosen treten meist früh auf
Bei der körperlichen Untersuchung machen sich etwa Tachykardie, Hypertonie, Tremor, Hyperreflexie und vermehrtes Schwitzen bemerkbar. Das Risiko für Krampfanfälle ist innerhalb von 8 bis 24 Stunden am größten. Auch psychotische Störungen mit Halluzinationen können sich bereits früh entwickeln. Ein Entzugsdelir manifestiert sich dagegen oft erst 48 Stunden nach dem letzten Alkoholkonsum.
Um im allgemeinen Krankenhaus einen riskanten Alkoholkonsum aufdecken und Entzugssymptome adäquat behandeln zu können, sind validierte Screeningtests hilfreich, z. B. der AUDIT (alcohol use disorder identification test) oder die Kurzform AUDIT-C. Auch die Bestimmung von Biomarkern (z. B. gamma-GT, mittleres korpuskuläres Volumen, Ethylglucuronid) kann Hinweise auf ein Alkoholproblem geben. Zur Bestimmung der Entzugsschwere und zum Monitoring des Symptomverlaufs sowie des Ansprechens auf die Therapie stehen verschiedene Skalen zur Verfügung, wobei insbesondere die CIWA-Ar-Skala (Clinical Institute Withdrawal Assessment Alcohol revised) verwendet wird.
Welche Medikamente eignen sich am besten zur Entzugsbehandlung? In vielen allgemeinen Krankenhäusern führt man eine symptomgetriggerte Therapie mithilfe von Benzodiazepinen durch. Für Menschen mit einem hohen Risiko für ein schweres Alkoholentzugssyndrom ist dieses Vorgehen jedoch nicht immer das richtige. Sie benötigen mitunter ein Benzodiazepin-Loading mit fixierten Dosen. So werden beispielsweise loading doses von 10–20 mg Diazepam oder 50–100 mg Chlordiazepoxid alle ein bis vier Stunden verabreicht. Vor jeder Dosis gilt es zu überprüfen, ob Hinweise auf unerwünschte Wirkungen vorliegen (z. B. Sedierung, Ataxie, Nystagmus oder Affektlabilität).
Wichtig zu wissen ist, dass manche Menschen mit schwerem Alkoholentzugssyndrom trotz adäquater Therapie mit Benzodiazepinen eine relative Resistenz aufweisen. Einige dieser Benzodiazepin-Nonresponder sprechen jedoch auf eine Behandlung mit Phenobarbital an.
Sprechen Tachykardie, Hypertonie oder ein ausgeprägter Tremor nicht ausreichend auf Benzodiazepine an, kann die zusätzliche Gabe von Alpha-2-Agonisten wie Clonidin helfen. Der Stellenwert von Nicht-Phenobarbital-Antikonvulsiva ist weiterhin unklar, wobei einige spezifische Substanzen bei der ambulanten Behandlung von Patientinnen und Patienten mit niedrigem Risiko für ein schweres Alkoholentzugssyndrom von Nutzen sein können.
Nährstoffsubstitution schützt vor kognitiven Störungen
Das Autorenteam rät auch, mögliche Nährstoffmängel bei Menschen mit erhöhtem Alkoholkonsum im Blick zu behalten. So sollte ein Thiaminmangel mit einer hoch dosierten parenteralen Substitution behandelt werden, um der Entwicklung von neurokognitiven Störungen oder einer Enzephalopathie entgegenzuwirken.
Nach der Behandlung eines Alkoholentzugssyndroms sollten unbedingt Medikamente zur Rückfallprophylaxe verordnet werden. Außerdem sollten die Betroffenen an einer Anschlussbehandlung teilnehmen, um die weiterhin bestehende liegende Alkoholabhängigkeit anzugehen. Denn, wie die Forschenden betonen: Eine alleinige, stationäre Therapie von Entzugssymptomen ändert nichts an der zugrunde liegenden Substanzgebrauchsstörung.
Quelle: Kast KA et al. BMJ 2025; 388: e080461; doi: 10.1136/bmj‑2024‑080461
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