Alte Patient:innen profitieren erheblich von chemotherapiearmer Initialtherapie

EHA 2025 Josef Gulden

Chemotherapiefreie Kombinationen bieten vielversprechende Optionen bei Rückfall und Erstbehandlung von DLBCL. Chemotherapiefreie Kombinationen bieten vielversprechende Optionen bei Rückfall und Erstbehandlung von DLBCL. © Studio Romantic – stock.adobe.com

Beim DLBCL-Rezidiv nutzt man Polatuzumab-Vedotin in Kombination mit Rituximab und Bendamustin. Da Bendamustin T-Zell-toxisch ist, könnte dies künftige Therapiemöglichkeiten, etwa mit CAR-T-Zellen, beschneiden. In der Phase-3-Studie POLARGO kam deshalb ein alternatives Protokoll zum Einsatz. In einer Phase-2-Studie zur Erstlinie bei älteren Patient:innen zeigte wiederum ein chemotherapiefreies Protokoll mit dem ADC und dem bispezifischen Antikörper Glofitamab bemerkenswerte Ergebnisse.

Forschende schlossen in die Phase-3-Studie POLARGO 270 Patient:innen mit rezidiviertem oder refraktärem DLBCL ein, die nicht für eine Stammzelltransplantation infrage kamen. Sie randomisierten 255 von ihnen dazu, bis zu acht Zyklen aus Rituximab, Gemcitabin und Oxaliplatin entweder allein oder kombiniert mit Polatuzumab-Vedotin zu erhalten. Als primärer Endpunkt diente das Gesamtüberleben.

Prof. Dr. Matthew Matasar, Rutgers Cancer Institute, New Brunswick, New Jersey, konnte berichten, dass das OS im Polatuzumab-Arm nach median zwei Jahren Follow-up median 19,5 Monate betrug, im Kontrollarm hingegen nur 12,5 Monate.1 Das Mortalitätsrisiko war damit um 40 % reduziert (HR 0,60; 95%-KI 0,43–0,83; p = 0,0017). Die Werte fielen für alle betrachteten Subgruppen ähnlich aus, vor allem auch für die nach der zellulären Herkunft definierten Subtypen des ABC*- (HR 0,53; 95%-KI 0,3–0,9) und des GCB**-DLBCL (HR 0,54; 95%-KI 0,3–0,9). Sämtliche sekundären Endpunkte sprachen ebenfalls für den experimentellen Arm: Das progressionsfreie Überleben war mit median 7,4 Monaten versus 2,7 Monate beinahe verdreifacht, die Gesamtansprechrate nach Ende der Therapie mit 52,7 % versus 24,6 % und die Komplettremissionsrate mit 40,3 % versus 19,0 % jeweils verdoppelt.

Grad-3/4-Nebenwirkungen traten mit 57,0 % versus 58,4 % in beiden Kohorten ähnlich oft auf, aber im Polatuzumab-Arm konnten die Patient:innen beinahe doppelt so viele Zyklen erhalten wie im Kontrollarm (median 7,5 vs. 4,0). Unter dem Immuntoxin kam es zu mehr Thrombozytopenien (Grad ≥ 3 34,4 % vs. 26,4 %) und Infektionen (Grad ≥ 3 21,9 % vs. 9,6 %). Auch periphere Neuropathien entwickelten sich hier erwartungsgemäß etwa doppelt so häufig (alle Grade 57,0 % vs. 28,8 %); sie waren allerdings überwiegend vom Grad 1, nur in fünf Fällen vom Grad 3. Es gab mit dem Prüfregime aber auch deutlich mehr Therapieabbrüche (23,4 % vs. 8,0 %) und Grad-5-Nebenwirkungen (11,7 % vs. 4,0 %); Letztere bestanden vor allem aus Infektionen, unter anderem mit COVID-19.

Diese Resultate bestätigen den Nutzen davon, Polatuzumab-Vedotin in der DLBCL-Behandlung mit Chemotherapie zu kombinieren, schlussfolgerte der Referent, zumindest für diejenigen, die das ADC noch nicht erhalten haben. Überdies werden damit die T-Lymphozyten geschont, die man für Folgetherapien wie etwa mit CAR-T-Zellen noch brauchen kann.

Schonendes Vorgehen für Ältere

Insgesamt umfasste die Behandlung zwölf Zyklen. Nach einer Steroidvorbehandlung erhielten die Erkrankten im ersten Zyklus eine Einzeldosis Obinutuzumab, Polatuzumab-Vedotin und Step-up-Dosierungen von Glofitamab. Danach wurde R-Pola-Glo für fünf dreiwöchige Zyklen verabreicht. Es folgten noch einmal sechs Zyklen einer Konsolidierung, die ausschließlich Glofitamab umfasste.

R-Pola-Glo bei älteren und gebrechlichen Patient:innen

In der Erstlinie wird Polatuzumab-Vedotin beim DLBCL in Kombination mit Rituximab und dem um Vincristin reduzierten CHOP-Protokoll (Cyclophosphamid, Doxorubicin, Prednison, Pola-R-CHP) angewendet. Weil ältere Patient:innen und solche mit limitierter Organreserve Chemotherapien generell schlecht vertragen, hat eine deutsch-österreichische Studiengruppe in einer Phase-2-Studie an einem solchen Kollektiv von initial 80 Patient:innen ein anderes Protokoll erprobt: Darin wurden Rituximab und Polatuzumab-Vedotin mit dem bispezifischen CD20xCD3-Antikörper Glofitamab kombiniert (R-Pola-Glo). Die Teilnehmenden waren median 80 Jahre alt, 28 % hatten einen ECOG-PS > 1.

Primärer Endpunkt war das progressionsfreie Überleben nach einem Jahr; dieser Zeitpunkt ist allerdings noch nicht erreicht, so Prof. Dr. Thomas Melchardt, Paracelsus Medizinische Universität, Salzburg.2 Präsentieren konnte er jedoch die per PET-CT bestimmten Ansprechraten nach zwei und sechs Zyklen sowie am Ende der Therapie (d. h. nach zwölf Zyklen): Sie lagen nach zwei und sechs Zyklen bei jeweils 92,5 % und nach Ende der Behandlung bei 90 %. 

Der Experte hob die Raten metabolischer Komplettremissionen hervor, die im Verlauf der Therapie von 55 % nach zwei Zyklen über 73,8 % nach sechs Zyklen auf 81,2 % nach Ende der Therapie zunahmen. Die Hälfte der Patient:innen, die nach zwei Zyklen lediglich eine partielle Remission aufgewiesen hatten, war nach sechs Zyklen zur Komplettremission konvertiert. In der Konsolidierungsphase ließen sich noch einmal 46,8 % derartiger Konversionen beobachten. 90 % der Behandelten waren bei Datenschluss noch am Leben.

Die häufigsten Toxizitäten bestanden aus Infektionen (20 vom Grad 3, drei letal) und Zytopenien (sechs vom Grad 3, fünf vom Grad 4). Zytokinfreisetzungssyndrome erreichten lediglich bei zwei Erkrankten Grad 3 oder höher. Bei insgesamt drei Patient:innen traten ICANS auf (drei Ereignisse vom Grad 2, zwei vom Grad 3). Etwas mehr als die Hälfte der Teilnehmenden (53 %) erlitten keine Toxizitäten vom Grad 3 oder höher.

Das Regime erreiche herausragende Ansprechraten, bilanzierte Prof. Melchardt. Es erscheine dringend geraten, dieses Protokoll als Erstlinientherapie bei älteren und/oder gebrechlichen Patient:innen mit DLBCL intensiver zu untersuchen.

*Activated B-cell
** Germinal center derived B-cell

Quellen:
1. Matasar M et al. EHA 2025; Abstract S101
2. Melchardt T et al. EHA 2025; Abstract S248

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