NMIBC: Alternativen zur radikalen Zystektomie nach BCG-Versagen
Bei BCG-Versagen sollen neue Therapien die Chemotherapie verbessern.
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Erweist sich ein nichtmuskelinvasives Blasenkarzinom (NMIBC) mit Hochrisikomerkmalen als resistent oder refraktär gegenüber BCG-Installationen, stellt die radikale Zystektomie die erste Wahl dar. Im Versorgungsalltag erhalten allerdings weniger als 20 % der Betroffenen in dieser Situation den Eingriff, der mit erheblicher Morbidität und Mortalität einhergehen kann, erinnerte Prof. Dr. Martin Bögemann vom Universitätsklinikum Münster.1
Er und sein Team untersuchen in der SunRISe-1-Studie TAR-200, ein System, das intravesikal über einen längeren Zeitraum hinweg Gemcitabin freisetzt. Der Experte präsentierte nun Ein-Jahres-Ergebnisse aus der Kohorte 2. Diese umfasste 85 Personen, die ein Hochrisiko-NMIBC als Carcinoma in situ (CIS) der Blase mit oder ohne papillären Tumor aufwiesen. Alle von ihnen hatten nicht ausreichend auf BCG angesprochen und sollten keine radikale Zystektomie erhalten.
In dieser Kohorte erzielten mit einer TAR-200-Monotherapie insgesamt 82,4 % der Teilnehmenden eine zentral bestätigte CR. 52,9 % davon konnten die Komplettremission mindestens zwölf Monate wahren. „Im Vergleich aller Studien, die jemals vorher zu dieser Entität gemacht worden sind, sind das die deutlich besten Zahlen“, ordnete der Uroonkologe ein. Unter den elf Erkrankten, die zwei Jahre der Behandlung mit TAR-200 abschlossen, zeigen neun weiterhin ein Ansprechen.
Von den 70 Responder:innen erlitten 23 (32,9 %) ein nichtmuskelinvasives Rezidiv und 5,7 % einen Progress zum Stadium T2 oder höher. Nach zwölf Monaten hatten 86,6 % noch keine Zystektomie benötigt.
Die Insertion des TAR-200-Systems gelang in 99 % der Fälle (745 von 755 Eingriffen). Indikatoren der Lebensqualität blieben unter der Behandlung stabil, die meisten Nebenwirkungen waren vom Grad 1 oder 2. Der Referent erörterte: „Die Dinge, die die Patient:innen bekommen, sind z. B. katheterassoziierte Beschwerden, die wir gut managen können.“ Das Verfahren sei damit für den Einsatz durch Urolog:innen prädestiniert. Nur drei Personen mussten die Therapie wegen Komplikationen abbrechen, behandlungsbedingte Todesfälle gab es nicht.
Prof. Bögemann merkte nochmals an, dass es sich um die höchste dokumentierte CR-Rate bei Patient:innen mit BCG-unresponsivem Hochrisiko-NMIBC handele. Behandelte sprächen schnell an und vertrügen die Therapie gut. TAR-200 hat vor Kurzem die Zulassung der FDA erhalten. Zusätzlich wird das System auch bei BCG-naiven Tumoren und als Neoadjuvanz im muskelinvasiven Stadium untersucht.
Wie gestaltet sich die Prognose nach radikaler Zystektomie?
Dr. Katharina Oberneder, Medizinische Universität Wien, stellte prospektive Registerdaten von 141 Erkrankten vor, die wegen eines NMIBC-Rezidivs nach BCG-Versagen eine radikale Zystektomie erhielten. 67 % hatten vor der OP ein cT1-Stadium, 21 % ein CIS und 11 % einen cTa-Befund.
In der Pathologie fand sich bei 34,8 % ein Tumorstadium pT2 oder höher sowie bei einem Sechstel positive Lymphknoten (16,3 %). Ein gutes Drittel wies nach 30 Tagen chirurgische Komplikationen vom Clavien-Dindo-Grad bis 2 auf, bei 10 % erreichten sie einen Grad ≥ 3. 0,7 % der Behandelten starben in diesem Zeitraum. 15 Personen erhielten eine adjuvante Behandlung mit einer cisplatinbasierten Chemotherapie oder Nivolumab.
Bisher erlitten drei Personen (2,1 %) einen Progress. Das Gesamtüberleben betrug nach einem Jahr 94,5 %, nach zwei Jahren 86,7 % und nach fünf Jahren 74,4 %. Das krebsspezifische Überleben belief sich nach zwölf Monaten auf 95,9 % und nach 24 bzw. 60 Monaten auf 90,5 %. Die Referentin fasste zusammen, dass die onkologischen Ergebnisse günstig ausfallen, wenn NMIBC-Patient:innen nach BCG-Exposition eine radikale Zystektomie erhalten. Die OP bleibe auch im Rezidivfall eine wirksame Option.
Quelle:
Oberneder K. 77. DGU-Kongress; Vortrag „Onkologische Ergebnisse nach radikaler Zystektomie bei Patienten mit NMIBC nach BCG-Therapieversagen“
Blasenerhalt nach BCG
Einen anderen Ansatz zum Blasenerhalt nach BCG-Versagen verfolgte ein Team von der Uniklinik Köln um Dr. Carl Lucas Bohn.2 Die Kolleg:innen setzen auf eine hypertherme intravesikale Chemotherapie mit Mitomycin (HIVEC). Insgesamt konnten Daten von 68 NMIBC-Betroffenen retrospektiv ausgewertet werden, die zwischen 2018 und 2025 eine solche Behandlung durchliefen.
Einschlusskriterien bestanden in einem BCG-Versagen gemäß den EAU-Kriterien, alternativ auch in einer Knappheit des Wirkstoffs oder Kontraindikationen. Die Erkrankten erhielten eine intravesikale Hyperthermie und 80 mg Mitomycin pro Sitzung, zunächst sechs Wochen lang einmal wöchentlich. Nach einer Erfolgskontrolle folgte eine Erhaltung mit sechs Gaben in monatlichen Intervallen.
Median überlebten die Patient:innen 26 Monate lang rezidivfrei. 22 % (15/68) benötigten eine Zystektomie, aber nur zwei Teilnehmende entwickelten eine muskelinvasive Erkrankung und drei von ihnen Metastasen (4 %). „Hier ist wichtig zu nennen, das alle metastasierten Patient:innen relevante Nebenfaktoren wie ein metachrones invasives Urothelkarzinom aufwiesen oder eine Therapieeskalation ablehnten“, gab der Kollege zu bedenken. Ähnlich fielen diese Ergebnisse auch in der Subgruppe der BCG-unresponsiven Tumoren aus, die gut die Hälfte der Fälle ausmachten. Die Rezidivrate erwies sich unter denjenigen mit sehr hohem Risiko gemäß EORTC („very high risk“) als signifikant höher verglichen mit intermediärem oder hohem Risiko (HR 2,305; p = 0,031).
Insgesamt hält Dr. Bohn die Ergebnisse der HIVEC für vielversprechend: „Hier kann eine Brücke zum Blasenerhalt geschlagen und eine frühe Zystektomie vertagt oder letztlich komplett vermieden werden.“ Allerdings scheine die Rezidivrate bei „very high risk“ erhöht und es brauche eine sorgfältige Indikationsstellung.
Quelle:
1. Bögemann M. 77. DGU-Kongress; Vortrag „TAR-200 monotherapy in patients with Bacillus Calmette-Guérin–unresponsive high-risk non–muscle-invasive bladder cancer carcinoma in situ: 1-year duration of response results from SunRISe-1“
2. Bohn CL. 77. DGU-Kongress; Vortrag „HIVEC: Eine alternative Behandlungsmethode des Nicht-muskelinvasiven Blasenkarzinoms bei BCG-Versagen“
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