Antisynthetase-Syndrom: Wenn Muskeln Alarm schlagen

DGIM 2025 Dr. Sonja Kempinski

Hinter Muskelschmerzen und dem Gefühl der Erschöpfung kann so einiges stecken. Hinter Muskelschmerzen und dem Gefühl der Erschöpfung kann so einiges stecken. © airdone - stock.adobe.com

Muskelschmerzen, Atemnot, Schwielen an den Händen – hinter diesem Symptomkomplex kann eine Autoimmunerkrankung stecken. Ein Fall zeigt, wie wichtig die richtige Spurensuche sein kann.

Hinter Muskelschmerzen und dem Gefühl der Erschöpfung kann so einiges stecken. Der Bogen reicht von ausgedehnter Anstrengung bis zu Malignomen. Bei einer jungen, sportlichen Ingenieurin war eine eher seltene Ursache dafür verantwortlich.

Aufgrund von Erschöpfung und Abgeschlagenheit seit zwei Monaten hatte eine 31-jährige Frau ihre Hausärztin aufgesucht. Dort klagte sie außerdem über Atemnot bei Belastung, beim Sport fühlte sie sich kraftlos und litt zunehmend unter Muskelkater – sogar in Ruhe. Fieber lag keines vor, auch Vorerkrankungen waren nicht bekannt. Sie rauchte nicht und trank nur gelegentlich Alkohol, berichtete Dr. Marie-Theres Holzer, Universitätsklinikum Eppendorf.

Die körperliche Untersuchung war ohne Befund. Im Labor fand sich eine leichte normozytäre Anämie und ein dezent erhöhtes CRP. Auffallend waren erhöhte Transaminasen und ein erhöhtes Troponin. Aufgrund der ausgeprägten Beschwerden schickte die Hausärztin ihre Patientin zur weiteren Abklärung in die Klinik.

Dort fand sich neben den erhöhten Transaminasen und dem gesteigerten Troponin eine auf fast 10.000 U/l gesteigerte CK. Bei der körperlichen Untersuchung fielen eine proximale Kraftminderung und raue Haut an den Fingerkuppen von Daumen und Zeigefinger auf. Im EMG zeigten sich myogene Gewebsschädigungen des M. deltoideus, in der MRT ein Muskelödem. Beides sprach für eine Myositis oder Myopathie, weshalb man ein „Rheumalabor“ veranlasste.

Tatsächlich hatte die Patientin sehr hohe Titer von Jo-1- und Ro-52-Antikörpern. Proximale Kraftminderung, Hautsymptome, CK-Erhöhung und Jo-1-Antikörper sprachen deutlich für eine Myositis. Da weder Gottron-Papeln noch ein heliotropes Erythem vorhanden waren, waren eine Dermatomyositis oder juvenile Myositis unwahrscheinlich.

Die Hamburger Kolleginnen und Kollegen vermuteten stattdessen ein Antisynthetase-Syndrom. Nach einer neuen Klassifikation darf man davon sprechen, wenn einer der Antisynthetase-Syndrom-Antikörper (Anti-PL7, Anti-PL12, Anti-Jo1) plus eine von drei Organmanifestationen (Myositis, Arthritis, interstitielle Lungenerkrankung) vorliegen, erklärte Dr. Holzer. Weitere Hinweise auf die Erkrankung sind Fieber und Fatigue, eine kardiale Beteiligung, ein Raynaud-Syndrom und Mechanikerhände. Letztere lagen auch bei der Patientin vor: Deren raue Stellen an den Innenseiten von Daumen und Zeigefinger sind für Mechanikerhände typisch.

Die zunächst verwirrende Leberwerterhöhung passt zur CK-Ämie, sagte die Referentin. Denn ein Großteil der Patientinnen und Patienten mit Myositis hat neben einer hohen CK auch erhöhte Transaminasen. Gleiches gilt für die Troponinwerte.

Eine Muskelbiopsie ist für die Diagnose eines Antisynthetase-Syndroms hilfreich. Bei einer Konstellation wie in diesem Fall ist sie jedoch nicht erforderlich, sagte Dr. Holzer. Wichtig ist allerdings, nach Manifestationen in Lunge und Herz zu suchen. Denn vor allem die Lungenbeteiligung kann gefährlich werden und ein akutes Atemnotsyndrom auslösen. Die CT-Thorax ergab bei der Patientin basale Milchglasinfiltrate als Zeichen einer interstitiellen Lungenbeteiligung, das Herzecho war ohne Befund.

Behandelt wurde die Frau mit Prednisolon und Rituximab, zusätzlich begann sie mit einer Physiotherapie. Darunter erholte sich die Patientin so gut, dass sie wieder mit dem Rad zur Arbeit fahren konnte. Joggen war ihr zunächst noch nicht möglich, Dr. Holzer ist aber auch in dieser Hinsicht zuversichtlich.

Quelle:  Kongress der Gesellschaft für Innere Medizin

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