Bei Neisseria-gonorrhoeae-Infektionen Antibiotika strikt nach Sensitivität wählen

Dr. Andrea Wülker

Die Inzidenz der Gonorrhö hat sich im vergangenen Jahrzehnt in Europa mehr als verdreifacht. Die Inzidenz der Gonorrhö hat sich im vergangenen Jahrzehnt in Europa mehr als verdreifacht. © Design Cells - stock.adobe.com

Die Inzidenz der Gonorrhö hat sich im vergangenen Jahrzehnt in Europa mehr als verdreifacht. Parallel dazu haben Resistenzen gegen die gängigen Antibiotika deutlich zugenommen. Eine Entwicklung, die Wachsamkeit und neue Anforderungen an Diagnostik und Therapie stellt.

Die Inzidenz der Gonorrhö hat sich binnen weniger Jahre vervielfacht – auch in Europa. Zugleich verliert ein Großteil der klassischen Wirkstoffe gegen Tripper seine Schlagkraft. Für die Praxis rücken hausärztliche Wachsamkeit, konsequente Resistenzbestimmung und sachkundige Therapie in den Fokus.

Immer mehr Menschen erkranken an Gonorrhö. Allein in Europa ist die Inzidenz zwischen 2014 und 2023 um mehr als 300 % gestiegen. Zwar sind bestimmte Personengruppen wie Männer, die Sex mit Männern haben, besonders vom Tripper betroffen. Doch auch bei ausschließlich heterosexuell aktiven Menschen steigen die Fallzahlen deutlich an. In der Folge dürfte es mehr komplizierte und zunehmend systemische Manifestationen geben wird, schreibt eine Autorengruppe um Sophie Ross, University Hospitals Sussex in Brighton. Hinzu kommt, dass der Erreger der Geschlechtskrankheit, Neisseriagonorrhoeae, gegen immer mehr Antibiotika resistent ist.

Neisseria gonorrhoeae ist ein gramnegatives Bakterium, das bei vaginalem, oralem und analem Sex übertragen werden kann. Die Infektion verläuft häufig ohne Krankheitszeichen. Wenn Symptome auftreten, hängen sie vom Ort der Infektion ab:

  • Dysurie, mukopurulenter Ausfluss aus der Urethra
  • veränderter vaginaler Ausfluss, Schmerzen im Beckenbereich, Zwischenblutungen, starke Regelblutungen
  • Halsschmerzen
  • anale Schmerzen, rektaler Ausfluss

Gonorrhö kann zu einer komplizierten Infektion führen, z. B. zu einer Epididymoorchitis mit Schmerzen und Schwellung im Bereich von Hoden oder Skrotum. Möglich ist auch eine Beckenentzündung mit Dyspareunie, veränderten vaginalen Blutungen und Fieber. Bei bis zu 3 % der Personen mit genitaler Gonorrhö kommt es zur hämatogenen Dissemination und zu Haut oder Gelenkmanifestationen.

Die Verfahren zum Nachweis der bakteriellen Nukleinsäure sind sehr sensitiv und werden bei symptomatischen und asymptomatischen Personen zur Gonorrhödiagnostik eingesetzt. Dabei werden Abstriche genommen oder der Morgenurin verwendet, je nach vorliegender Symptomatik und berichtetem Sexualverhalten. Häufig erfolgt zusätzlich zum Test auf Erebsubstanz von Neisseria gonorrhoeae auch ein Chlamydien-DNA-Test, da sich beide Infektionen hinsichtlich Risikofaktoren und klinischer Manifestationen überlappen. 

In der Regel sind die Ergebnisse des Nukleinsäurenachweises nicht am selben Tag verfügbar. Hilfreich ist dann die umgehende Mikroskopie eines genitalen Abstrichs mit Gram-Färbung, um den Verdacht zu erhärten und einen raschen Therapiebeginn zu ermöglichen. Zur Resistenzbestimmung ist eine Erregerkultur erforderlich. Die Proben hierfür sollten vor Therapiebeginn genommen werden.

N. gonorrhoeae ist inzwischen gegen alle aktiven Antibiotikaklassen unempfindlich. Bei einer Therapieentscheidung müssen immer auch Maßnahmen mitbedacht werden, die die Entstehung weiterer Resistenzen möglichst unterbinden. Neuere Daten aus dem Vereinigten Königreich zeigen, dass Gonorrhöisolate in hohem Grad gegen verschiedene Antibiotika resistent sind:

  • Tetrazykline 84 %
  • Ciprofloxacin 59 %
  • Azithromycin 20 %
  • Penicilline 14 %

Cephalosporine mit breiterem Spektrum wie etwa Ceftriaxon sind mittlerweile der Hauptpfeiler der Therapie und die letzte Option für eine empirische Monotherapie, betont das Autorenteam. Wenn möglich, soll die Antibiotikagabe aber erst nach der Resistenzbestimmung starten.

Die intramuskuläre Gabe von Ceftriaxon gilt für alle Situationen als Therapie der ersten Linie. Von oralen Behandlungen sollte man eher Abstand nehmen, heißt es. In manchen Leitlinien wird die Kombination von Ceftriaxon und Azithromycin empfohlen, um auch bei reduzierter Sensitivität gegenüber Ceftriaxon ein gutes Ergebnis zu erzielen. Liegen die Resultate der Sensitivitätstestung vor Beginn der Therapie vor, wird das am besten passende Antibiotikum gewählt.

Quelle: 1.Ross S et al. BMJ 2025; 389: e084789; doi: 10.1136/bmj-2025-084789
2.Davis P et al. BMJ 2025; 389: r1001; doi: 10.1136/bmj.r1001

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Die Inzidenz der Gonorrhö hat sich im vergangenen Jahrzehnt in Europa mehr als verdreifacht. Die Inzidenz der Gonorrhö hat sich im vergangenen Jahrzehnt in Europa mehr als verdreifacht. © Design Cells - stock.adobe.com