
Der Blick in die Augen verrät, ob man auch ophthalmologisch aktiv werden muss

Haut und Sehapparat entstehen beide aus dem Ektoderm. Genetische Störungen können sich daher auf alle drei Bereiche auswirken. Ein Beispiel ist der okulokutane Albinismus (OCA). Er führt zu Sehstörungen einschließlich Nystagmus, Strabismus und Photophobie. Der Pigmentmangel in der Iris lässt via Retroillumination belegen, erklären Dr. Gyanesh Rathore vom 165 Military Hospital Dinapur, Indien, und sein Team.
Weitere genetisch bedingte Störungen mit okulärer Beteiligung sind unter anderem Ehlers-Danlos-Syndrom (EDS), Marfan-Syndrom und die Neurofibromatose Typ 1 (NF1). Typisch für EDS sind Myopie, Keratokonus, Ablösung der Retina und vermutlich angioide Streifen. Das Marfan-Syndrom befällt primär das Bindegewebe. Häufig treten daher Komplikationen wie Linsenektopie, Kurzsichtigkeit und Retinaablösung auf. Bei einer Neurofibromatose kann es zu Optikusgliomen und Tumoren am Sehnerv kommen, die die Sehkraft einschränken können. Typisch für die NF1, aber in der Regel asymptomatisch sind dagegen Lisch-Knoten auf der Iris.
Zu den erworbenen Hauterkrankungen mit Augenbeteiligung gehören Atopie, Psoriasis, Rosazea, Vitiligo, TEN und Kollagenosen. Die atopische Dermatitis kann von einer allergischen Bindehautentzündung begleitet werden. Außerdem ist mit Blepharitis, Uveitis und einem reduzierten Tränenfilm zu rechnen. Häufig bei Patientinnen und Patienten mit AD sind außerdem die medikamenteninduzierten Bindehautentzündungen, z. B. im Rahmen der Therapie mit Dupilumab.
Nebenwirkungen dermatologischer Therapeutika am Auge
- Retinoide*: Xerophthalmie (v. a. Isotretinoin), Nachtblindheit (v. a. Isotretinoin), Photosensitivität, Konjunktivitis, Hornhauttrübung
- Glukokortikoide: Glaukom, korneale Ausdünnung (z. B. bei steroidhaltigen Augentropfen, -salben), sekundäre Infektionen, trockenes Auge
- Hydroxychloroquin: verschwommenes, verzerrtes, eingeschränktes Sehen bis hin zum Visusverlust durch irreversible Retinopathie (ophthalmologisches Monitoring!)
- Methotrexat: eingetrübter Blick, Photophobie, Konjunktivitis, Optikusneuropathie v. a. bei langfristiger Anwendung durch den Folsäuremangel
- Ciclosporin: Brennen, Stechen und Tränen, verschwommenes Sehen
- Dupilumab: Irritation, Tränen, konjunktivale Hyperämie, Konjunktivitis, Xerophthalmie
- Infliximab: Uveitis, Optikusneuritis, Retinitis, Chorioretinitis, orbitale Zellulitis, retinale Venenthrombose
- Etanercept: Schmerz, Visusverlust, Uveitis und Myositis
- Adalimumab: Retinopathie, Uveitis, Visusverlust, Augenmuskellähmung
- Secukinumab: Schmerz, verschwommenes Sehen, Endophthalmitis
- Ustekinumab: Uveitis, Skleritis, Optikusneuritis, Diplopie
- Tofacitinib: Sehtrübung, Diplopie, gelbliche Verfärbung des Auges
- Baricitinib: Schmerz, Visusverlust, Diplopie
- Rituximab: Konjunktivitis, Retinitis, retinale Nekrose, Makulaödem
* Ob Nebenwirkungen auftreten und wie schwer diese auftreten, variiert individuell sowie je nach spezifischem Wirkstoff und Konzentration.
Von einer okulären Allergie (allergische Konjunktivitis, die auch mit der AD assoziiert sein kann, zeugen Rötung, Juckreiz und Augentränen. Kinder, die an bereits einer AD mit Augenbeteiligung leiden, neigen dazu, sich viel die Augen zu reiben. Infolgedessen kann es zu einer nicht-inflammatorischen progredienten Ektasie (Keratokonus) kommen – mit Narbenbildung und verschlechtertem Sehvermögen. Eine weitere unerwünschte Folge ist die subkapsuläre Katarakt. Daher sollte unbedingt eine interdisziplinäre Therapie erfolgen.
Menschen mit schwerer Psoriasis entwickeln in bis zu 20 % der Fälle eine Uveitis. Die okuläre Rosazea führt zu Augentrockenheit, Rötung, Irritationen und Brennen. Die okuläre Rosazea manifestiert sich typischerweise an Lidern (Blepharitis), Cornea (Keratitis) und an der Bindehaut (Bindehauthyperämie, chronische Konjunktivitis). In schweren Fällen kann es zur Narbenbildung kommen. Die granulomatöse Inflammation bei der Rosazea führt mitunter durch Obstruktion der Meibom-Drüsen zu Bildung von Hagelkörnern (Chalazia). Vor allem bei Menschen, die Steroide nutzen, scheint sich eine periorale Dermatitis auch mitunter periokulär zu manifestieren. Eine Augenmanifestation der Vitiligo ist zwar selten, aber laut Studien häufiger bei Patientinnen und Patienten mit Läsionen v. a. im genitalen-, oralen oder Augenbereich. Es gibt Berichte zu Veränderungen von Iris und Vorderkammer, dazu gehören Hypopigmentierung der Iris, Fundusveränderungen, peripapilläre Atrophie sowie evtl. eine generell dünnere Aderhaut, vermutlich durch die fehlenden Melanozyten im Stroma.
Für die toxische epidermale Nekrolyse typisch ist eine schwere Konjunktivitis mit Narbenbildung bis hin zur Erblindung. Therapeutisch sollte man daher über befeuchtende Augentropfen, Verbandskontaktlinsen und in schweren Fällen operativ (z. B. Amnionmembran-Transplantation) gegensteuern.
Auch die Bindegewebserkrankungen machen vor dem Sehorgan nicht halt. Mögliche Manifestationen eines systemischen Lupus erythematodes (SLE) sind Retinopathie, Sicca-Symptomatik (meist Keratokonjunktivitis sicca) und Vaskulitiden. Auch mit Blepharitis, Skleritis, Uveitis und Keratitis muss man rechnen, ebenso mit Retino- und Choroidopathie.
Die Dermatomyositis führt vor allem zu Xerophthalmie und Konjunktivitis, seltener entzünden sich Augenmuskeln und Blutgefäße. Beim Sjögren dominiert die schwere Xerose mit Irritation bis zur Visusminderung. Die rheumatoide Arthritis kann eine Episkleritis, Skleritis, Keratitis oder Uveitis auslösen. Die beiden Letzteren äußeren sich u. a. über Algesie und verschwommenes Sehen. Zu den okulären Manifestationen der systemischen Sklerose (SSc) zählen Keratokonjunktivitis sicca, Skleritis, retinale Vaskulopathie und Katarakt. Für die Praxis wichtig sind auch die okulären Nebenwirkungen häufig verordneter dermatologischer Medikamente wie Retinoide, Steroide und die bereits erwähnten Antikörper (s. Kasten).
Quelle: Rathore G et al. JEADV Clinical Practice 2025; DOI: 10.1002/jvc2.70014
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