
Dermatologie der Zukunft: Was jetzt therapeutisch zählt

Die Medizin macht in der Entwicklung neuer Medikamente rasante Fortschritte. In den letzten fünf Jahren wurden über 130 neue Medikamente zugelassen. Welche Innovationen werden schon bald dermatologische Realität sein?
Die meisten der 2024 neu zugelassenen Medikamente entfielen auf die Onkologie. Aber auch im Rahmen von immunologischen Erkrankungen und im Bereich der Orphan Disease wurde viel geforscht. PD Dr. Andreas Pinter vom Universitätsklinikum Frankfurt wagte daher einen Blick auf das, was – wie er hofft – bis zum nächsten DDG-Kongress 2027 zum klinischen Alltag gehören wird.
Lenvatinib (malignes Melanom)
Die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit einem fortgeschrittenen oder metastasierten malignen Melanom ist kaum noch zu vergleichen mit dem, was noch vor Jahren war. Das liegt nicht nur an den verbesserten genetischen Screeningmethoden (BRAF-Status), sondern auch daran, dass der Therapialgorithmus immer besser auf die Stratifizierung der Betroffenen ausgerichtet wird. Weiterhin schwierig zu behandeln bleiben aber Tumoren ohne BRAF-Mutation, bei denen die Immuncheckpointblocker Pembrolizumab, Nivolumab und Ipilimumab versagt haben.
Der Multikinaseinhibitor Lenvatinib ist bereits in den USA für die Indikation malignes Melanom zugelassen. Er hat antiangiogene Eigenschaften und setzt an VEGF- und PDGF-Rezeptoren an. Über diese hemmt der Wirkstoff viele Signalwege, die beim malignen Melanom hochreguliert sind.
„Es ist nicht das Wundermedikament“, fügte Dr. Pinter einordnend hinzu, „aber es gibt doch einige Patienten die gut darauf ansprechen.“ Insbesondere im metastasierten Stadium IV M1a zeigte sich ein guter Effekt und – wenn auch nicht signifikant – bei Menschen mit Hirnmetastasen. Das aktuelle Vorgehen sieht eine Kombination mit einem PD-1-Inhibitor (Pembrolizumab) vor.
Der Multikinasehemmer hat erwartungsgemäß ein ausgedehntes Nebenwirkungsprofil. Neben engmaschigen Kontrollen ist vor allem direkt zu Beginn eine gute Einstellung der Hypertonie wichtig, so Dr. Pinter. Er erwartet die Zulassung von Lenvatinib/Pembrolizumab als Zweitlinientherapie nach Versagen der bisher möglichen Immuncheckpointblocker.
CAR-T-Zell-Therapie
Für die CAR-T-Zellen gibt es in der Dermatologie bisher keine zugelassene Indikation. „Wir stehen aber relativ kurz davor,“ sagte Dr. Pinter. CAR-T-Zelle steht für „chimeric antigen receptor T-cell“. Diese T-Zellen werden aus dem Blut der zu Behandelnden isoliert und gentechnisch z. B. über CRISPR/Cas9 so modifiziert, dass sie ein spezifisch gewähltes, i. d. R. onkologisch relevantes Antigen erkennen. Zurück im Körper der Kranken – einige Produktionsschritte und bisher noch etwa 2–3 Wochen später –können sie eine Immunantwort gegen die Krebszellen auslösen.
CAR-T-Zellen sind nicht nur für die Onkologie relevant. Studien u. a. aus Magdeburg und Erlangen untersuchten die Anwendung von CD-19-spezifischen CAR-T-Zellen beim therapierefraktären systemischen Lupus erythematodes. Bei einer Patientin mit schweren SLE ließ sich beispielsweise nach vielen frustranen Therapieversuchen mit den CAR-T-Zellen zum ersten Mal die Krankheitsaktivität, gemessen an der Anzahl der Anti-dsDNA-Antikörper, reduzieren. 1.000 Tage nach der Infusion ist sie noch immer beschwerdefrei, berichtete Dr. Pinter.
Die Prozedur ist allerdings nicht ganz nebenwirkungsarm, gab er zu bedenken. Es droht unter anderem ein Zytokin-Release-Syndrom. Außerdem bleibt noch zu klären, wie lange der Effekt anhält, denn die T-Zellen vermehren sich zwar kurz nach der Infusion, ihre Zahl geht dann aber innerhalb von wenigen Wochen deutlich zurück. Die Technik insgesamt wird nach Meinung des Experten zukünftig wohl in vielen Bereichen Anwendung finden. Vermutlich allerdings erst einmal bei sehr schwer Erkrankten.
Nanobodies
Die Entwicklung der Nanobodies verdanken wir einer zufälligen Entdeckung in Alpakas und deren Verwandten. Die Moleküle haben nur ein Zehntel der Größe herkömmlicher Antikörper, da sie nur aus der antigenbindenden Region bestehen. „Das wird wahrscheinlich die Antikörpertherapien, die wir momentan haben, in naher oder mittelfristiger Zukunft ablösen,“ war sich Dr. Pinter sicher. Zum ersten IL-17A/F-Nanobody Sonelokimab läuft derzeit die Phase-3-Studien (HS und PsA), die, ersten Informationen zufolge, wohl auch alle Endpunkte erfüllen wird. In der Phase-2b-Psoriasis-Kohorte erreichten bereits 50–60 % ein PASI-100-Ansprechen.
Nanobodies haben verschiedene Vorteile. Sie sind kleiner, billiger in der Herstellung und deutlich stabiler was Temperatur und pH-Wert betrifft. Dadurch wird eine orale Gabe in Tablettenform möglich sein. Da sie kleinere und mehr Strukturen erkennen können als Antikörper rücken auch intrazelluläre Therapieziele in den Fokus. Bisher getestete Moleküle zeigten zudem eine bessere Gewebepenetration und eine höhere Bindungsspezifität. Zusätzlich bieten sich weitere Einsatzgebiete an, darunter Diagnostik und Bildgebung, als Antidot sowie als Gegenmaßnahme bei der Bildung von Anti-Drug-Antikörpern. Dr. Pinter hofft, dass die ersten Nanobodies bereits nächstes Jahr eingesetzt werden können.
Orale Interleukinhemmer
Derzeit werden für viele bekannte Interleukin-Antikörper orale Alternativen gesucht. Das betrifft nicht nur die bereits erwähnten Nanobodies, sondern auch Small Molecules oder Proteine, die oral eingenommen werden können und einen ähnlichen Wirkmechanismus wie die Biologika haben. Als erstes wird es wohl der IL-23-Rezeptorblocker Icotrokinra auf den Markt schaffen – in den USA vielleicht schon Ende des Jahres, in Deutschland vielleicht 2026, so der Referent.
Die Therapie, bestehend aus einer Tablette, die einmal täglich eingenommen wird, zeigte nach 16 Wochen eine PASI-90-Anprechrate von 50 % und einen IGA 0/1 bei 60–70 % der Kohorte. Damit liegt das Abschneiden der oralen Hemmer etwas unterhalb vom Niveau der aktuellen Antikörper. Das wird man diskutieren müssen, erläuterte Dr. Pinter. Allerdings seien die Substanzen eine Option für Menschen, für die eine subkutane Applikation nicht infrage kommt. Er ist gespannt, ob sich in den nun kommenden Studien noch zusätzliche positive Effekte der oralen Medikation zeigen werden, z. B. auf Begleiterkrankungen.
GLP1-Hemmer
Eine Substanzklasse, die derzeit die Medien dominiert, sind GLP1-Hemmer. Man steht aber erst am Anfang, was das Verständnis ihrer verschiedenen Effekte auf Prozesse abseits von Gewichtsreduktion, Insulinresistenz und Metabolismus betrifft, berichtete Dr. Pinter. Durch ihren breiten Einsatz in der Bevölkerung basieren die Erkenntnisse bislang nur auf einzelnen Fallberichten. So zum Beispiel bei einem Mann mit Typ-2-Diabetes, bei dem sich unter der Semaglutidtherapie auch die Psoriasis innerhalb von zehn Monaten deutlich besserte (PASI 33 vs. PASI 3).
In den USA laufen derzeit Studien zu den antientzündlichen Effekten der GLP1-Hemmer bei Menschen mit einer Erkrankung, die mit einem hohen Risiko für Übergewicht oder metabolisches Syndrom einhergeht (z. B. Psoriasis oder Hidradenitis suppurativa). In diesen Studien werden die GLP1-Rezeptoragonisten als Add-on-Therapie eingesetzt, in der Hoffnung, dass sie sich positiv auf die Komorbiditäten auswirken und einen additiven Effekt auf die antientzündliche Therapie haben.
Zukünftig mehr eine Rolle spielen werden auch Konzepte wie Disease Modification, also die anhaltende Krankheitsverbesserung über einen positiven Einfluss auf pathophysiologische Prozesse der Erkrankung. Dieser wird dadurch erreicht, dass mit effektiven Therapien nicht erst gewartet wird, bis Betroffene über Jahre hinweg einen schweren und komplizierten Krankheitsverlauf entwickelt haben. Das Ziel ist ein sehr frühes und konsequentes Eingreifen in die Krankheitskarriere.
Nicht vergessen sollte man auch personalisierte Ansätze. Bei der Psoriasis mache man heute schon in gewisser Weise personalisierte Medizin, da die Wahl des Biologikums an Manifestationen (z. B. Gelenkbeteiligung) und Komorbiditäten (z. B. Darmerkrankungen) angepasst werden kann. Mit einer besseren Stratifizierung der Patientinnen und Patienten über bessere Biomarker und genetische Analysen „wird das noch viel viel mehr werden“, sagte Dr. Pinter.
Quelle: Kongresbericht DDG-Kongress 2025
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