Dreht die Lunge, das Herz oder die Psyche die Luft ab?

Dr. Angelika Bischoff

Weiterhin müssen Komorbiditäten, eingenommene Medikamente und die Raucheranamnese berücksichtigt werden. Weiterhin müssen Komorbiditäten, eingenommene Medikamente und die Raucheranamnese berücksichtigt werden. © sebra – stock.adobe.com

Atemnot hat in vielen Fällen respiratorische oder kardiovaskuläre Ursachen. Vor allem wenn sie akut auftritt, ist Eile geboten. Für die Praxis gibt es einen Fahrplan, der von Anamnese bis Bildgebung alle wichtigen diagnostischen Schritte enthält.

Bei der Abklärung einer Dyspnoe interessiert vor allem, wie plötzlich die Luftnot aufgetreten ist und wie lange sie schon besteht. Eine akute Dyspnoe kann lebensbedrohliche Ursachen haben, darunter eine Lungenembolie, einen Pneumothorax oder eine Asthmaexazerbation. Hat sich die Atemnot dagegen langsam über Monate entwickelt, muss an eine chronische Ursache gedacht werden, schreiben Dr. Ruaidhrí Keane und Dr. Vincent Brennan vom Beaumont Hospital in Dublin.

Große Aufmerksamkeit zollen sollte man der Art, wie die oder der Betroffene die Atemnot beschreibt. Ein „Engegefühl“ in der Brust ist häufig mit einer Bronchokonstriktion verbunden. Das Gefühl, keine Luft zu bekommen, kann Zeichen einer dynamischen Hyperinflation oder einer restriktiven Lungenerkrankung sein. Patientinnen oder Patienten mit interstitieller Lungenerkrankung berichten häufig auch von einer „flachen Atmung“.

Palpitationen lenken den Verdacht aufs Herz

Zudem sollte nach auslösenden oder lindernden Faktoren gefragt werden: Die Orthopnoe ist typisch für eine Herzinsuffizienz. Eine Besserung durch Bronchodilatatoren weist auf eine obstruktive Lungenerkrankung hin. Assoziierte Symptome können zu einer weiteren Eingrenzung beitragen. Bei produktivem Husten oder Fieber sollte man an eine Infektion oder COPD-Exazerbation denken, bei Hämoptysen an Lungenembolie oder Lungenkrebs. Palpitationen oder Präsynkopen lenken den Verdacht eher in die kardiale Richtung.

Um die Dringlichkeit der Therapie richtig einschätzen zu können, muss man wissen, wie stark die Atemnot die Alltagsaktivitäten beeinträchtigt. Wer sein Leben weitgehend im Sitzen verbringt, wird Atemnot als weniger beeinträchtigend empfinden als ein Mensch, der regelmäßig körperlich aktiv ist. 

Zu bedenken ist auch, dass psychische Faktoren (z. B. Ängste oder Panikattacken) stark beeinflussen, wie die Atemnot wahrgenommen wird. Man sollte daher stets das psychische Befinden und das Stressniveau der Patientin oder des Patienten erfragen, sowohl zum Zeitpunkt der Untersuchung als auch beim Auftreten der Symptome.

Weiterhin müssen Komorbiditäten, eingenommene Medikamente und die Raucheranamnese berücksichtigt werden. Für Personen, die niemals geraucht haben, ist die Wahrscheinlichkeit einer COPD sehr gering. Bei Menschen, die bereits inhalative Medikamente verwenden, sollte man die Inhalationstechnik überprüfen.

Die körperliche Untersuchung beginnt mit der Inspektion. Eine Person mit COPD kann man vielleicht schon an der Presslippenatmung oder an der Kutschersitzposition erkennen – Techniken, die Betroffene nutzen, um die Atemmechanik zu verbessern. Hinweise auf neuromuskuläre Erkrankungen oder auf Deformitäten der Thoraxwand können für eine restriktive Lungenerkrankung sprechen. Die Auskultation liefert direkte Einblicke in die respiratorische und kardiovaskuläre Funktion.

Eine Lungenfunktionsprüfung trägt dazu bei, eine obstruktive von einer restriktiven Lungenerkrankung zu unterscheiden. Bei obstruktiven Erkrankungen wie Asthma oder COPD ist typischerweise das FEV1/FVC-Verhältnis vermindert. Eine Zunahme der FEV1 um ≥ 12 % nach Gabe eines Bronchodilatators weist auf eine reversible Obstruktion hin. Das heißt, ein Asthma ist sehr viel wahrscheinlicher als eine COPD. 

Die Plethysmografie deckt bei Obstruktion in der Regel eine erhöhte totale Lungenkapazität und funktionelle Residualkapazität auf, vor allem wenn ein Emphysem besteht. Bei restriktiven Lungenerkrankungen ist die totale Lungenkapazität und damit auch die FVC meist vermindert. Ein weiterer wertvoller Parameter ist die Diffusionskapazität, die bei interstitieller Fibrose, Emphysem und pulmonalen vaskulären Erkrankungen vermindert ist. 

Dyspnoeursachen wie Pneumonie, Pleuraerguss, Pneumothorax, Lungenödem und Raumforderungen zeigen sich im Röntgenthorax oder in der CT. Merkmale einer interstitiellen Lungenerkrankung lassen sich mittels hochauflösender CT am besten erkennen. Die Ventilations-Perfusions-Szintigrafie dient insbesondere dem Nachweis von Embolien.

Um kardiale Ursachen einer Atemnot oder kardiale Komorbiditäten aufzudecken, dienen primär die Echokardiografie und das EKG. Ergänzend ermöglicht die Kardio-MRT, die Ejektionsfraktion genau zu kalkulieren und infiltrative Erkrankungen wie Sarkoidose zu erkennen. Vonseiten des Labors können Blutgasanalyse, Blutbild, Alpha-1-Antitrypsin, BNP und D-Dimere dazu beitragen, einen diagnostischen Verdacht zu erhärten. 

Progression erfassen mit dem Sechs-Minuten-Gehtest

Wenn die bisher genannten Schritte noch nicht zu einer Diagnose geführt haben, sollte man dynamische Untersuchungen anschließen. Der Sechs-Minuten-Gehtest eignet sich vor allem, um bei chronischen respiratorischen oder kardialen Erkrankungen den Sauerstoffbedarf zu ermitteln und die Krankheitsprogression zu dokumentieren. Mithilfe des kardiopulmonalen Belastungstests lässt sich die Response des kardiovaskulären und des respiratorischen Systems auf Anstrengung anhand von Parametern wie Inhalationsvolumen, Herzfrequenz, CO2-Produktion und Sauerstoffverbrauch einschätzen.

Quelle: Keane R, Brennan V. Breathe 2025; 21: 240096; DOI: 10.1183/20734735.0096-2024

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Weiterhin müssen Komorbiditäten, eingenommene Medikamente und die Raucheranamnese berücksichtigt werden. Weiterhin müssen Komorbiditäten, eingenommene Medikamente und die Raucheranamnese berücksichtigt werden. © sebra – stock.adobe.com