Eine antibiotische Langzeittherapie kann die Exzerbationsfrequenz reduzieren

Friederike Klein

Häufige Exazerbationen bei Bronchiektasen belasten Betroffene – eine neue Leitlinie gibt Orientierung bei Diagnose und Antibiotikatherapie. Häufige Exazerbationen bei Bronchiektasen belasten Betroffene – eine neue Leitlinie gibt Orientierung bei Diagnose und Antibiotikatherapie. © Stockmachine – stock.adobe.com

Zwei von drei Menschen mit Bronchiektasenerkrankung entwickeln mindestens einmal im Jahr eine Exazerbation, manche fünf Mal und öfter. Da der Auslöser oft nicht bekannt ist, muss über eine antibiotische Therapie individuell entschieden werden.

Exazerbationen einer Bronchiektasenerkrankung verschlechtern die Lebensqualität und steigern das Risiko für Hospitalisation und Mortalität, betonte Dr. Pontus Mertsch von der Medizinischen Klinik V für Pneumologie der LMU München. Gemäß der neuen S2k-Leitlinie1 liegt eine Exazerbation vor, wenn

  • mindestens drei der sechs Kardinalsymptome (s. Kasten) sich über mindestens 48 h verschlechtert haben oder neu aufgetreten sind oder
  • ein bis zwei Kardinalsymptome sich über mindestens 48 h oder
  • drei und mehr Symptome sich über weniger als 48 h verschlechtert haben.

Sechs Kardinalsymptome der Bronchiektasen-Exazerbation

  • Husten (neu/vermehrt)
  • Sputummenge und/oder -konsistenz (Zunahme/Veränderung)
  • Sputumpurulenz
  • Kurzatmigkeit und/oder verschlechterte Belastbarkeit
  • Müdigkeit, Abgeschlagenheit und/oder Unwohlsein
  • Hämoptysen

Alternative Ursachen der Verschlechterung sollten ausgeschlossen oder zumindest unwahrscheinlich sein. Die Symptome müssen so gravierend sein, dass eine Änderung der Therapie notwendig wird. Als zusätzliche Hinweise auf eine Exazerbation gelten

  • erhöhte Temperatur (≥ 38 ˚C)
  • Sauerstoffpartialdruck < 92 %
  • Atemfrequenz ≥ 30/min
  • Thoraxschmerz

Diagnostisch hilfreich können zudem Auskultationsbefund, Entzündungswerte, Lungenfunktion und Röntgenthorax sein.

Die Genese von Exazerbationen ist vielfältig. „Bei einem Großteil der Betroffenen kennen wir die Ursache nicht“, sagte Dr. Mertsch. Infrage kommen virale Infektionen, bakterielle Infektionen ( v. a. Pseudomonas aeruginosa), aber auch Umweltfaktoren wie Luftverschmutzung oder komorbide obstruktive Atemwegserkrankungen.

Das Autorenteam der Leitlinie sieht bei einer leichten Exazerbation keine antibiotische Therapie vor. Bei moderater Schwere wird eine orale antibiotische Behandlung empfohlen, bei schwerer Exzaberation eine stationäre Therapie mit intravenöser Gabe.3 Allerdings gibt es bislang keine randomisierten kontrollierten Studien, die eine Antibiose unterstützen. Nicht-kontrollierte Studien zeigen jedoch eine Reduktion von Sputumvolumen, bakterieller Last und Inflammationsmarkern, sagte Dr. Mertsch. Der klinischen Erfahrung zufolge müssen höhere Dosierungen als üblich eingesetzt werden und die Therapie muss länger dauern – empfohlen werden 14 Tage.

Begonnen wird mit einer kalkulierte Therapie, die das bekannte Erregerspektrum berücksichtigt. Nach Möglichkeit sollte vor Behandlungsstart das Sputum untersucht werden, eine relevante Therapieverzögerung ist aber zu vermeiden. Dr. Mertsch empfahl, bereits in einer stabilen Situation einmal Sputum untersuchen zu lassen, spätestens jedoch, sobald sich Sputum oder Symptome verändern. Bei sensiblen Erregern ist eine Monotherapie möglich. Allerdings finden sich häufig mehrere Stämme in einer Probe, die Evidenz für Kombinationstherapien ist unklar. Dr. Mertsch riet, sich bei der Wahl des Wirkstoffs an den Vorbefunden und ggf. bereits erfolgten Therapien zu orientieren.

Bei häufigen Exazerbationen kann gemäß Leitlinie gemeinsam mit der oder dem Betroffenen eine Langzeitbehandlung mit Antibiotika erwogen werden. Diese Therapien sind alle off label, betonte Dr. Mertsch. Die Leitlinie gebe in ihrem Anhang aber gute Argumente für die Begründung gegenüber den Krankenkassen. Als inhalative Suppressionstherapie über zunächst sechs bis zwölf Monate werden Colistin (2 x 1 Mio. IE kontinuierlich), Gentamicin (2 x 80 mg kontinuierlich) und Tobramycin (2 x 80 mg kontinuierlich oder 2 x 300 mg alle vier Wochen on/off) genannt. Nach einer Metaanalyse reduziert sich unter dieser Therapie das Risiko für Exazerbationen um 21 %. Als antiinflammatorische Dauertherapie kann ebenfalls über sechs bis zwölf Monate Azithromycin eingesetzt werden, z. B. in einer Dosis von 3 x 250 mg/Wo., oder 3 x 500 mg/Wo. oder 1 x 250 mg täglich. Makrolide als antiinflammatorische Dauertherapie können die Exazerbationsrate in etwa halbieren. Nach sechs bis zwölf Monaten sollten die Wirksamkeit der Dauertherapie und die darunter aufgetretenen Nebenwirkungen evaluiert werden. Kommt es weiterhin zu häufigen Exazerbationen, kann im Einzelfall eine parenterale Antibiotikagabe als Suppressionstherapie erwogen werden.

Jede Exazerbation sollte man zum Anlass nehmen, um die Basistherapie sowie die behandelbaren Ursachen und Komorbiditäten („treatable traits“) erneut zu überprüfen, betonte Dr. Mertsch. „Wir hoffen, dass künftig zugelassene Präparate für die Therapie der Bronchiektasenerkrankung verfügbar stehen werden“, sagte Dr. Mertsch abschließend und nannte als Beispiel den Dipeptidylpeptidase-1-Inhibitor Brensocatib.

Quelle: 
1.Ringshausen FC et al. Pneumologie 2024; 78: 833-899; doi: 10.1055/a-2311-9450

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