
Einheitslösung, Baukasten oder individuelle Produktion

Damit T-Lymphozyten Tumorzellen erkennen, sind sie auf Peptide angewiesen, die auf deren Oberfläche präsentiert werden, rief Prof. Dr. Juliane S. Walz vom Universitätsklinikum Tübingen ins Gedächtnis. Letztere lassen sich für die Entwicklung von therapeutischen Vakzinen nutzen. Forschende können bei einer solchen peptidbasierten Immuntherapie drei wesentliche Strategien verfolgen.
Strategie 1: ein Vakzin für alle
In manchen Fällen hat das Vakzin eine festgelegte Spezifität, etwa einen bestimmten HLA-Allotyp oder eine spezifische Mutation. „Und dann selektieren wir für die Patient:innen, die die Kriterien erfüllen, um diese Peptide zu erhalten“, erläuterte die Kollegin. Hierfür bietet sich u. a. die DNAJB1-PRKACA-Genfusion als konservierter Treiber des Fibrolamellären Karzinoms (FLC) an.
Eine 15-jährige FLC-Patientin hatte bereits eine Lebertransplantation sowie mehrere Therapielinien erhalten, erlitt aber wiederholt Rezidive. Das Team der Referentin entwickelte ein spezifisches Vakzin gegen das Fusionspeptid, das mit der Treibermutation korrespondiert. Seit der Behandlung damit ist die Erkrankte mehr als vier Jahre rezidivfrei, auch einen weiteren FLC-Betroffenen therapierten die Kolleg:innen so erfolgreich. Es läuft eine Phase-1-Studie mit geplant 20 Teilnehmenden, deren fortgeschrittene Tumoren eine DNAJB1-PRKACA-Genfusion tragen. Neben zwei bis drei Dosen des T-Zell-Aktivators sieht das Protokoll eine einjährige Immuntherapie mit Atezolizumab vor.
Strategie 2: Warehouse-basierte Vakzine
Die zweite Option umfasst, geeignete Peptidfragmente nach dem Baukastenprinzip aus einer vorgefertigten Auswahl zusammenzustellen („Warehouse-based“). In der Studie iVAC-XS15-CLL01 bekamen Personen mit CLL einen derartigen personalisierten „Cocktail“ sowie parallel eine Kombinationstherapie mit BTK-Inhibitoren. Bei 90 % der Behandelten ging die MRD zurück, median um 50 %. Die Nebenwirkungen traten überwiegend lokal und mild auf. Studien zu Prostatakrebs, Kopf-Hals-Tumoren und Pankreaskarzinomen, die ähnliche Ansätze verfolgen, sind geplant.
Strategie 3: voll individualisiert
Die dritte Möglichkeit besteht darin, auf Basis von Multiomics-Daten ein individuelles Vakzin zu erstellen. Von 47 Erkrankten mit verschiedenen fortgeschrittenen soliden Tumoren entwickelten 93,5 % nach zwei Dosen eine starke Immunantwort. „Wir haben nun 30 % der Patient:innen mit einem Überleben von mehr als zwei Jahren“, bilanzierte Prof. Walz die Erfolge.
Ein stark vorbehandelter 63-Jähriger mit metastasiertem Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs erzielte in Kombination mit Checkpoint-Inhibitoren beispielsweise eine Komplettremission. Als es doch zum Rezidiv kam, ermöglichte eine Boosterimpfung eine erneute Tumorregression.
Was es noch zu bedenken gibt
Aus Sicht der Expertin stellt das adjuvante Setting bzw. eine minimale Resterkrankung den optimalen Zeitpunkt für peptidbasierte Immuntherapien dar, da das beste Verhältnis von Effektor- zu Zielzellen vorliegt. Dabei gilt es auch, den Einfluss vorausgehender oder zeitgleicher Therapien zu berücksichtigen. So seien z. B. CPI in der Lage, die T-Zell-Antwort zusätzlich zu stimulieren; auch können neue Peptidantigene entstehen.
Und wie oft sollte man immunisieren? Laut Prof. Walz reichen zwei bis drei Dosen i. d. R. aus. Sie ergänzte: „Es gibt ausgewählte Erkrankte, die von einem Booster profitieren, vor allem solche, die immunkompromittiert sind wie die Behandelten mit CLL.“ Bei soliden Tumoren hänge es vom Stadium, den Vortherapien und der Fitness des Immunsystems ab.
Quelle:
Walz JS. 4. Deutscher Krebsforschungskongress; Vortrag „Peptide-based immunotherapy – Bench to bedside developments“
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