ESMO-Leitlinien müssen aktualisiert werden

ESMO-GI 2025 Friederike Klein

Zwei neue Studienergebnisse verändern laut ESMO-Leitlinienautorin die Erstlinientherapie des Analkarzinoms. Zwei neue Studienergebnisse verändern laut ESMO-Leitlinienautorin die Erstlinientherapie des Analkarzinoms. © MQ-Illustrations – stock.adobe.com

Die Ergebnisse zweier aktueller Studien werden in die Empfehlungen der ESMO zur Erstlinientherapie des Analkarzinoms einfließen. Wie die Erstautorin der Leitlinie schilderte, betreffen die Änderungen sowohl das lokal begrenzte als auch das metastasierte Stadium.

Beim lokal begrenzten Analkarzinom kündigte Leitlinienerstautorin Dr. Sheela Rao vom Royal Marsden Hospital in London Änderungen der Empfehlungen zur Radiochemotherapie an. Grund dafür ist die randomisiert-kontrollierte Studie ACT4. In ihr prüften Forschende, ob eine geringere Strahlendosis im Rahmen der Radiochemotherapie für die lokoregionale Kontrolle bei einem frühen Analkarzinom (T1, T2 < 4 cm, N0/X) ausreicht und Morbidität vermeiden kann. In der Studie wurden 163 Betroffene im Verhältnis 2:1 randomisiert zu einer intensitätsmodulierten Radiotherapie (IMRT) mit 41,4 Gy in 23 Fraktionen oder mit 50,4 Gy in 28 Fraktionen, jeweils kombiniert mit einer gleichzeitigen Chemotherapie mit Mitomycin C und Capecitabin. Primärer Endpunkt der Studie war das Drei-Jahres-Überleben ohne lokoregionales Therapieversagen (loco-regional failure free rate, LRFF). 

Nach einer medianen Beobachtungsdauer von 50,4 Monaten ging die geringere kumulative Strahlendosis mit einer Drei-Jahres-LRFF-Rate von 89,4 % einher, die Standarddosis mit einer LRFF-Rate von 83,4 %. Damit schränkte die reduzierte Bestrahlung die Wirksamkeit der Radiochemotherapie nicht ein. Die Drei-Jahres-Rate des progressionsfreien Überlebens betrug im 41,4-Gy-Arm 83,7 %, im 50,4-Gy-Arm 78,2 %. 

Wie lief die Immuntherapiestudie ab?

An POD1UM-303/InterAACT-2 nahmen Erwachsene mit einem inoperablen lokal rezidivierten oder metastasierten Plattenepithelkarzinom des Analkanals teil. Randomisiert erhielten sie über ein Jahr alle vier Wochen Retifanlimab (500 mg i. v.) oder Placebo zusätzlich zur sechsmonatigen Standardchemotherapie mit Carboplatin-Paclitaxel. Ein Cross-over aus der Placebogruppe zu einer Retifanlimab-Therapie war bei Progress erlaubt.

Neue Hoffnung bei Analkarzinom

Gleichzeitig schien die Toxizität geringer: Unerwünschte Ereignisse eines Grads 3 oder 4 traten in der 41,4-Gy-Gruppe bei 35,2 %, mit der Standarddosis bei 45,5 % der Behandelten auf. Patient-reported Outcomes belegten eine dauerhaft stärkere Beeinträchtigung der sexuellen Funktion im Kontrollarm. Die kürzere, geringer dosierte IMRT stelle einen wichtigen Vorteil für Patient:innen, aber auch für das Gesundheitswesen dar, meinte die Expertin. Sie sollte daher als neue Behandlungsoption beim frühen Analkarzinom berücksichtigt werden.

Beim Analkarzinom im Stadium IV empfiehlt die ESMO geeigneten Betroffenen in der Erstlinie die Chemotherapie mit Carboplatin und Paclitaxel. Checkpoint-Inhibitoren werden als Option im Rahmen klinischer Studien für die Zweitlinie aufgeführt. In der global durchgeführten randomisiert-kontrollierten Phase-3-Studie POD1UM-303/InterAACT-2 (s. Kasten) verlängerte jetzt der PD1-Inhibitor Retifanlimab in Kombination mit Carboplatin-Paclitaxel das PFS signifikant gegenüber Placebo plus Standardchemotherapie und könnte damit bald in die Erstlinienempfehlung der ESMO vorrücken. 

Das mediane PFS, primärer Endpunkt der Studie, betrug mit dem PD1-Inhibitor plus Chemotherapie 9,3 Monate, mit Placebo plus Chemotherapie 7,4 Monate (HR 0,63; 95%-KI 0,47–0,84; p = 0,0006). Die Interimsanalyse des Gesamtüberlebens belegte ebenfalls einen Trend zugunsten der Immuntherapie mit einem medianen OS von 29,2 Monaten gegenüber 23,0 Monaten (HR 0,70; 95%-KI 0,49–1,01; p = 0,0273). Auch Ansprechrate, Ansprechdauer und Krankheitskontrollrate sprächen alle für die Ergänzung der Standardchemotherapie um Retifanlimab, ergänzte Dr. Rao. Sie sagte, die unerwünschten Ereignisse hätten dem von den eingesetzten Substanzen Erwartbaren entsprochen. Ihrer Meinung nach ist Retifanlimab plus Carboplatin-Paclitaxel ein neuer Standard beim Analkarzinom im Stadium IV.

Quelle:
Rao S. ESMO Gastrointestinal Cancers Congress 2025; Vortrag „State-of-the-art management and emerging breakthroughs in anal cancer“

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Zwei neue Studienergebnisse verändern laut ESMO-Leitlinienautorin die Erstlinientherapie des Analkarzinoms. Zwei neue Studienergebnisse verändern laut ESMO-Leitlinienautorin die Erstlinientherapie des Analkarzinoms. © MQ-Illustrations – stock.adobe.com