Extranodales Lymphom enttarnt durch Pleuraerguss
Husten und ein ungewollter Gewichtsverlust von gut zehn Kilo sollten an ein onkologisches Geschehen denken lassen.
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Husten und ein ungewollter Gewichtsverlust von gut zehn Kilo sollten an ein onkologisches Geschehen denken lassen. Doch brauchte es bei einer älteren Frau erst einen Pleuraerguss, bis das Ärzteteam hinter die Ursache der anfänglichen Symptome kam.
Eine 79-jährige Frau wurde von ihrer Internistin mit Husten und Fatigue in der wöchentlichen Differenzialdiagnoserunde vorgestellt, berichtet ein Team um Dr. Leigh Simmons vom Department of Medicine des Massachusetts General Hospitals in Boston. Bis vor vier Wochen sei es der Frau gut gegangen, dann suchte sie wegen trockenem Husten, rhinitisähnlichen Symptomen („Coryza“), Halsschmerzen und allgemeiner Erschöpfung ärztlichen Rat.
Halsschmerzen und Coryza hatten sich mittlerweile zurückgebildet. Bevor sie erkrankte, sei die Frau viel gereist, auch in touristisch weniger erschlossene Gebiete. Im letzten Jahr habe sie unfreiwillig mehr als zehn Kilo abgenommen.
Anamnestisch fanden sich eine Osteoporose, rezidivierende Harnweginfektionen und ein primärer Hyperparathyreoidismus, der mittels Parathyreoidektomie ausgeschaltet worden war. Medikamente nahm die Patientin nicht, außer Kalzium, Vitamin D und ein Multivitaminpräparat. Ihre Mutter, so berichtete die Seniorin, habe vor 25 Jahren ein Lymphom gehabt, das auf eine erste Therapie zunächst gut ansprach. Ein Rezidiv vor acht Jahren sei mittels Chemo- und Strahlentherapie beherrschbar gewesen, sodass sich die hochbetagte Dame nun wieder in Remission befände.
Bei der körperlichen Untersuchung bot die Patientin keine auffälligen Werte im Hinblick auf Herzfrequenz, Blutdruck, Temperatur und sonstige Befunde. Nur rechts basal bestand ein abgeschwächtes Atemgeräusch. Lymphknoten waren nicht tastbar. Das Routinelabor einschließlich Differenzialblutbild war bis auf eine leicht erhöhte BSG* ebenfalls ohne wegweisenden Befund.
Zwei Tage nach Aufnahme in die Klinik wird im Röntgen ein rechtsseitiger Pleuraerguss mit Konsolidierungen im rechten Mittel- und Unterlappen festgestellt. Weitere sechs Tage später erfolgt eine Pleurapunktion. In der Ergussflüssigkeit finden sich reichlich Erythrozyten und kernhaltige Zellen, die Gesamtproteinkonzentration ist stark erhöht. Daraufhin entschließt sich das Ärzteteam zu einer umfassenden Diagnostik, um der Ursache des Ergusses auf den Grund zu gehen. Folgende Optionen stehen im Raum:
- Infektion (wegen des anfänglichen Hustens und der Halsschmerzen): Dafür war die Patientin insgesamt aber „zu gesund“.
- Nicht-infektiöses Pleuraexsudat (etwa aufgrund einer systemischen inflammatorischen Erkrankung): Entsprechende Symptome allerdings fehlten.
- Medikamentenunverträglichkeit (sechs Monate zuvor hatte die Kranke auswärts wegen einer Blasenentzündung ein Antibiotikum erhalten, möglicherweise Nitrofurantoin, das häufiger mit Pleuraergussbildungen einhergeht)
- Malignom: Dies hielt das Team schließlich für die wahrscheinlichste Diagnose, auch in Anbetracht der allgemeinen Erschöpfung und des Gewichtsverlusts.
Um die Diagnose eines bösartigen Tumors zu sichern, ordnet Dr. Simmons eine Zytologie der Ergussflüssigkeit und eine Thorax-CT an. Die CT zeigt einen großen rechtsseitigen Erguss mit benachbarter Atelektase und einen vollständig konsolidierten Mittellappen. Ungeklärt bleibt die Frage nach dem Primärtumor.
Die auffälligen kernhaltigen Zellen im Erguss, eine Durchflusszytometrie des peripheren Bluts, eine Elektrophorese und eine Knochenmarkspunktion sind sämtlich nicht aussagekräftig. In der 18F-PET-CT vom Schädel bis hinunter ins Becken zeigt sich eine starke Tracer-Aufnahme in den erwähnten pulmonalen Konsolidierungen, jedoch nicht im Erguss. Außerdem findet sich eine Stelle mit starker Anreicherung im Sinus maxillaris links. Eine Biopsie dieser Raumforderung ergibt ein onkozytisches sinonasales Papillom mit einem atypischen lymphoplasmatischen Infiltrat.
Daraufhin spricht sich das Ärzteteam um Dr. Simmons in der Gesamtschau der Befunde für ein extranodales niedergradiges B-Zell-Lymphom aus. Der Pathologe stellt schließlich die Diagnose eines extranodalen Marginalzonenlymphoms mit vermutlichem Ursprung in der Lunge.
*Blutsenkungsgeschwindigkeit
Quelle: Simmons LH et al. N Engl J Med 2025; 1532-1543; doi: 10.1056/NEJMcpc2412520
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