
Fibromyalgie: Diagnose und Behandlung

Pathogenetisch macht man heute eine chronische Hyperirritabilität des zentralen, teilweise auch des peripheren Nervensystems für das Fibromyalgiesyndrom verantwortlich. „Die Erkrankung ist der Prototyp einer zentralen Schmerzverarbeitungsstörung“, erklärte Sanitätsrat Dr. Oliver Emrich vom Gesundheitszentrum am Bürgerhaus Oppau in Ludwigshafen.
Im peripheren Nervensystem finden sich Abweichungen in Funktion und Dichte der sogenannten Small Fibers, ähnlich wie sie auch bei metabolischen, entzündlichen oder toxischen Neuropathien zu finden sind. Neurobiologisch liegt eine gestörte Kontrolle der Stressachse zwischen Hypothalamus, Hypophyse und Nebennierenrinde vor, was zu einer inadäquaten Ausschüttung von Cortisol, ACTH* und Wachstumshormon führt. Dazu kommen veränderte schmerzbezogene Neurotransmitterkonzentrationen.
Das führende Krankheitszeichen sind ausgedehnte Schmerzen in vielen Körperregionen, die die Betroffenen dem Muskel-Sehnen-System zuordnen, ohne dass sich eine orthopädisch oder rheumatologisch fassbare Ursache finden ließe. Hinzu kommen charakteristische Begleitsymptome, die auch Grundlage der Diagnosestellung sein sollten:
- nicht-erholsamer Schlaf
- Müdigkeit
- Beeinträchtigung kognitiver Funktionen (z.B. Gedächtnisstörungen)
- zusätzliche körperliche Symptome in der zurückliegenden Woche
Der Check von Tenderpoints findet nach wie vor breite Anwendung, entbehrt aber der wissenschaftlichen Grundlage. Größere Bedeutung haben laut Dr. Emrich – neben einer gründlichen Ausschlussdiagnostik auf andere Erkrankungen – Schmerzanalysen, z.B. mit einem Algometer.
Lindern mit Pharmako-, Physio- und Verhaltenstherapie
Therapeutisch existiert bis heute kein Königsweg, die Behandlung setzt multimodal an. Medikamentös kommen in erster Linie Antidepressiva zum Einsatz. Die beste Evidenz liegt für Amitriptylin, Duloxetin und Milnacipran vor, darüber hinaus für das Antikonvulsivum Pregabalin. Zum Spektrum gehören zudem kognitive Verhaltenstherapie sowie Physio- und Sporttherapie. Gewisse Effekte zeigten – allerdings in schwachen Studien – Akupunktur, Homöopathie und Wärmebehandlung. Muskelrelaxanzien und Opioide sind nicht oder nur selten indiziert (Ausnahme: Tramadol). Auf Cannabinoide sprechen die Patienten individuell recht unterschiedlich an.
Verspannungen lösen per Lokalanästhesie
* adrenocortikotropes Hormon
Kongressbericht: Deutscher Schmerz- und Palliativtag 2021 – ONLINE
Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).