
HFpEF: Neue Wege zur individuellen Therapie

Die Inzidenz der Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion übersteigt die der HFrEF, die Behandlungsmöglichkeiten aber fallen dürftiger aus. Ein Problem ist, dass es sich bei der HFpEF um ein sehr heterogenes Syndrom handelt (s. Kasten). Betroffene sterben häufiger als diejenigen mit HFrEF an nichtkardiovaskulären Komorbiditäten. „Das müssen wir bei unseren therapeutischen Anstrengungen unbedingt berücksichtigen“, sagte Prof. Dr. Tibor Kempf, Städtisches Klinikum Braunschweig. So sieht es auch die aktuelle Leitlinie der europäischen Gesellschaft für Kardiologie vor.
Als medikamentöse Basis werden Diuretika und SGLT2-Hemmer empfohlen. Darüber hinaus gibt es weitere (nicht)pharmakologische Behandlungsmöglichkeiten. Beispielsweise wirkte sich ein kombiniertes Ausdauer- und Krafttraining in der Ex-DHF-Studie positiv auf die Leistungsfähigkeit aus. Der primäre Endpunkt – eine signifikante Verbesserung im modifizierten Packer-Score* gegenüber der Standardtherapie – wurde allerdings verfehlt. Das lag Prof. Kempf zufolge vor allem an der mangelnden Adhärenz der Teilnehmenden: Nur etwa ein Drittel hatte im Durchschnitt mehr als zweimal wöchentlich trainiert. Vorgesehen war die Intervention an drei Tagen pro Woche. „Also ist die Herausforderung für uns Praktiker wahrscheinlich eher, die Motivation für eine solche Maßnahme, die ganz offensichtlich sinnvoll und effektiv ist, hochzuhalten“, so der Kollege.
Was die optimale Trinkmenge von Patientinnen und Patienten mit stabiler HFpEF angeht, erinnerte der Referent an die FRESH-UP-Studie. An ihr nahmen mehr als 500 Herzinsuffiziente in den NYHA-Stadien II–III teil, darunter ca. 24 % mit erhaltener Pumpfunktion. Für die Hälfte galt eine Trinkmengenrestriktion von maximal 1,5 l/d. Im Vergleich zu einer liberalen Flüssigkeitsaufnahme stieg die Lebensqualität (gemessen anhand des KCCQ-OSS**) durch die Beschränkung jedoch nicht an.
Auch GLP1-Agonisten und Finerenon eignen sich
Pharmakologisch bietet ein US-amerikanisches Konsensuspapier von 2023 mehr Spielraum als die europäische Leitlinie. Demnach können Aldosteronantagonisten und ARNI*** bzw. Angiotensin-Rezeptorblocker bei Frauen unabhängig von der Ejektionsfraktion erwogen werden, bei Männern gilt eine EF-Grenze < 55–60 %. Mineralokortikoid-Rezeptorantagonisten kommen zudem infrage, falls eine Flüssigkeitsretention besteht.
Inzwischen belegen zahlreiche Studien, dass sich auch neuere Wirkstoffe wie Finerenon oder GLP1-Agonisten für HFpEF-Betroffene eignen. Z. B. reduzierte Semaglutid bei Übergewichtigen mit Herzschwäche die Rate kardiovaskulärer Todesfälle oder herzinsuffizienzbedingter Ereignisse. Ähnliche Daten liegen für Tirzepatid vor, sodass Prof. Kempf von einem Klasseneffekt ausgeht. Meiden sollte man dagegen Tadalafil. Der PDE-5-Hemmer zeigte bei HFpEF mit prä-/postkapillärer pulmonaler Hypertonie keinen Einfluss auf funktionelle Klasse oder NT-proBNP und erhöhte die Mortalitätsrate gegenüber Placebo sogar.
„HFpEF ist keine Diagnose“
Die Herzinsuffizienz mit erhaltener Ejektionsfraktion definiert sich über entsprechende Symptome, eine EF ≥ 50 % sowie über objektivierbare strukturelle und/oder funktionelle Herzanomalien. Zahlreiche Erkrankungen wie Hypertonie oder Adipositas begünstigen eine HFpEF. Pathophysiologisch sei das eine sehr komplexe Geschichte, erklärte Dr. Philipp Schlegel, Universitätsklinikum Heidelberg. Nach heutigem Verständnis gibt es einerseits eine kardiale Problematik u. a. mit diastolischer Dysfunktion und chronotroper Inkompetenz. Andererseits existiert eine systemische Komponente, die über endotheliale Dysfunktion oder pulmonale Hypertonie die Gefäße betrifft. „HFpEF ist ein heterogenes Syndrom und eben keine Diagnose“, so der Kollege.
Unter den Phänotypen dominieren Adipositas bzw. kardiometabolisches Syndrom. Jedoch überlappen sich die verschiedenen Typen (arterielle Gefäßsteifigkeit, Ischämie etc.) häufig. Welche Signalwege bei HFpEF hochreguliert sind, wurde in einer Studie anhand von Myokardbiopsien untersucht. Dabei ergaben sich drei Cluster: Eines mit HFrEF-ähnlichen Signalwegen, eines mit überwiegend immunologischen und eines, in dem inflammatorische sowie Fibrosierungsprozesse dominierten. Die Cluster ließen sich anhand klinischer Charakteristika weiter unterteilen.
„Die Subklassifikation muss das Ziel sein, um gezielter behandeln zu können“, betonte Dr. Schlegel. Red Flags für spezifische monokausale Ätiologien dürfe man dabei nicht übersehen. Schließlich fallen Erkrankungen wie hypertrophe Kardiomyopathie oder kardiale Amyloidose mit klinischen Symptomen einer HFpEF auf. Zum diagnostischen Work-up erinnerte der Kollege an den HFA-PEFF-Algorithmus der europäischen Heart Failure Association, der eine ätiologische Abklärung beinhaltet.
Gehstrecke steigt durch EIsensupplementation
Noch nicht zu 100 % beantwortet ist laut dem Referenten die Frage, ob eine Eisensupplementation erfolgen sollte. In der FAIR-HFpEF-Studie verlängerte sich die Sechs-Minuten-Gehstrecke signifikant, wenn ein Eisenmangel intravenös ausgeglichen wurde. Jedoch schränkte die kleine Kohorte von 39 Patientinnen und Patienten die Aussagekraft ein. Nichtsdestotrotz „spricht sicherlich nichts dagegen, Eisenmangelanämien und vielleicht auch Eisenmangel bei diesen Patienten zu behandeln“, so das Urteil von Prof. Kempf.
Neben den medikamentösen Therapien kann man einer Herzschwäche mit erhaltener EF interventionell begegnen. Als vielversprechend gilt die Transkatheter-Klappenreparatur einer begleitenden Trikuspidalinsuffizienz. Unklar ist dagegen der Stellenwert des intraatrialen Shunts. Während diese Intervention bei einer HFrEF die Prognose verbessern kann, scheint sie bei HFpEF eher das Gegenteil zu bewirken. Dem Experten zufolge profitieren möglicherweise nur bestimmte Phänotypen, die sich mit invasiven Stresstests identifizieren lassen. Das erschwere die Alltagstauglichkeit dieser Behandlung.
Als wichtigen Bestandteil im Management der HFpEF bezeichnete Prof. Kempf die Telemedizin und ergänzte: „Leider wurde das vom G-BA ein Stück weit anders gesehen.“ Der G-BA fokussiert sich in seinem Beschluss zum Telemonitoring bei Herzinsuffizienz auf Patientinnen und Patienten mit einer EF < 40 %. Dabei bestätigt eine Analyse der TIM-HF2-Studie, dass eine nichtinvasive Fernüberwachung auch Personen mit erhaltener Pumpfunktion nützt. Weder in Bezug auf kardiovaskuläre noch auf Gesamtmortalität hing die Effektivität der Maßnahme von der EF ab. Das Gleiche trifft offenbar auf das Monitoring mit dem CardioMEMS-System zu, das den pulmonalarteriellen Druck misst.
* Der modifizierte Packer-Score kombiniert sechs klinisch relevante Parameter: Gesamtsterblichkeit, Krankenhauseinweisungen, NYHA-Stadium, maximale Sauerstoffaufnahme, diastolische Funktion und allgemeiner Gesundheitsstatus/Wohlbefinden
** Kansas City Cardiomyopathy Questionnaire Overall Summary Score
***Angiotensin-Rezeptor-/Neprilysin-Inhibitor
Quelle: 91. Jahrestagung der DGK
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