Lichen sclerosus: S3-Leitlinie mit neuen Empfehlungen

Dr. Dorothea Ranft

Es kann bei fortgeschrittenem Lichen sclerosus zu Fissuren, Vernarbungen, strukturellen Fusionen und Atrophie kommen. Es kann bei fortgeschrittenem Lichen sclerosus zu Fissuren, Vernarbungen, strukturellen Fusionen und Atrophie kommen. © Science Photo Library/Biophoto Associates

Hinter genitalem Juckreiz, Dyspareunie und Miktionsstörungen kann ein Lichen sclerosus stecken. Eine S3-Leitlinie hat Ursachen, Risiken und evidenzbasierte Therapieoptionen zusammengefasst – inklusive chirurgischer Maßnahmen bei Therapieversagen.

Als erstes Anzeichen eines Lichen sclerosus (LS) zeigt sich meist eine Aufhellung der  Haut im Genitalbereich, auch Rötungen oder Ödeme sind möglich. Bei fortschreitender Erkrankung kann es zu Fissuren, Vernarbungen, Atrophie und strukturellen Fusionen kommen. Erwachsene mit LS tragen ein erhöhtes lokales Krebsrisiko, vor allem für Plattenepithelkarzinome. Erkranken können beide Geschlechter und alle Altersstufen.

Frauen scheinen häufiger betroffen zu sein als Männer. Eher selten finden sich extragenitale Manifestationen, so die S3-Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und weiterer Fachgesellschaften wie der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG) und dem Verein Slichen Sklerosus Schweiz. Die Bezeichnung «et atrophicus» gebraucht man heute nicht mehr, denn es treten auch hypertrophe Läsionen auf.

Voraussetzung für einen Therapieerfolg ist eine möglichst frühzeitige Behandlung. Personen mit Lichen sclerosus sollten zur Hautpflege Salben statt Cremes oder Gele verwenden. Triggerfaktoren wie mechanische Reizung durch Piercings oder unnötige chirurgische Eingriffe sind zu meiden. Selbiges gilt für die Irritation der betroffenen Areale, z. B. durch enge synthetische Kleidung, exzessive Wasser- und Reinigungsmittelexposition oder Feuchttücher. Eine etwaige Harninkontinenz soll optimal behandelt, Vor- und Einlagen regelmässig gewechselt werden.

Die lokale Anwendung von topischen Phytotherapeutika, Antihistaminika und Anästhetika sowie parfümierten Substanzen geht mit einem erhöhten Sensibilisierungsrisiko einher. Bei klinischer Verschlechterung oder zunehmendem Juckreiz bzw. Schmerzen ist an Kontaktallergien, Infektionen und maligne Transformationen zu denken.

Emollienzien halten die Haut weich und geschmeidig

Zusätzlich zur Standardbehandlung empfiehlt sich bei genitalem LS eine Basistherapie mit Emollienzien. Dies gilt für Frauen und Mädchen und in abgeschwächter Form («sollte») auch für Männer und Jungen sowie bei extragenitalem Lichen sclerosus. Emollienzien verringern den transdermalen Feuchtigkeitsverlust und halten die Haut weich und geschmeidig, indem sie die Spalten zwischen den Korneozyten quasi «auffüllen» und abdichten.

Zur Lokalbehandlung mit Glukokortikoiden der Klasse 3 oder 4 wird geraten bei einem genitalen Befall, unabhängig von Geschlecht und Alter des Betroffenen. Topische Calcineurininhibitoren (off-label) sollten als Mittel der zweiten Wahl appliziert werden. Sie eignen sich auch als zusätzliche Option, falls Steroide kontraindiziert sind oder ungenügend wirken. Wenn eine systemische Therapie benötigt wird, rät die Leitlinie bei Frauen und Männern zu Acitretin bzw. Methotrexat, beides off-label. Dabei ist die Teratogenität dieser Wirkstoffe zu beachten. 

Ein Teil der Patientinnen mit genitalem LS entwickelt trotz leitliniengerechter topischer Steroidtherapie eine persistierende Stenose des Introitus vaginae, die bei der Miktion und beim Geschlechtsverkehr als störend empfunden wird. Die Betroffenen können von Interventionen wie Adhäsiolyse, Synechiolyse, Perineoplastik oder anatomischer Vulvaplastik profitieren.

Bei Männern und Jungen mit LS-bedingter Phimose, die nicht auf eine leitliniengerechte Therapie z. B. mit topischen Steroiden angesprochen hat, ist eine Zirkumzision indiziert – möglichst mit Entfernung der gesamten Vorhaut. Patienten mit isolierter Verkürzung des Vorhautbändchens und unzureichender Reaktion auf konservative Optionen wie Steroide sollte eine Frenuloplastik angeboten werden. Diese kann mit lokaler Injektion von Triamcinolon oder topischer steroidaler Nachbehandlung erfolgen.

Männern und Jungen mit LS-bedingten Harnröhrenstrikturen und mechanischen Problemen beim Wasserlassen oder beim Sex rät das Leitliniengremium zur Urethroplastik mit Mundschleimhauttransplantat. Wenn der Lichen sclerosus eine steroidrefraktäre Stenose der Harnröhrenöffnung bewirkt, sollte eine Meatusplastik angeboten werden.

Auch bei extragenitaler Manifestation sollte zusätzlich zum Standardvorgehen eine Therapie mit Emollienzien und Glukokortikoiden der Klasse 3 und 4 erfolgen. Ausserdem plädiert das Expertenteam für eine UV-Therapie. Wenn bei Männern und Frauen mit extragenitalem Befall eine systemische Therapie indiziert ist, sollte diese off-label mit Methotrexat erfolgen.

Quelle: S3-Leitlinie «Lichen sclerosus»; AWMF-Register-Nr. 013-105; www.awmf.org

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Es kann bei fortgeschrittenem Lichen sclerosus zu Fissuren, Vernarbungen, strukturellen Fusionen und Atrophie kommen. Es kann bei fortgeschrittenem Lichen sclerosus zu Fissuren, Vernarbungen, strukturellen Fusionen und Atrophie kommen. © Science Photo Library/Biophoto Associates