Nach Botulinumtoxin-Spritzen in den Magen drohen schwerwiegende Folgen

Dr. Angelika Bischoff

Von zwei aktuellen Fällen eines iatrogenen Botulismus nach intragastraler Toxininjektion berichtet Dr. Werner Beermann. Von zwei aktuellen Fällen eines iatrogenen Botulismus nach intragastraler Toxininjektion berichtet Dr. Werner Beermann. © Lena May – stock.adobe.com

Zur Gewichtsreduktion werden viele dubiose Methoden angeboten. Manche davon sind wirkungslos, andere gefährlich. Zu Letzteren gehört die trotz Verbot in türkischen Kliniken praktizierte intragastrale Injektion von Botulinumtoxin.

Verzögerte Magenentleerung und vermindertes Hungerfühl – das sind die gewünschten Effekte, durch die die intragastrale Gabe von Botulinumtoxin das Abnehmen erleichtern soll. Doch bei dieser Art der Verabreichung droht die Entwicklung eines Botulismus. In der frühen Phase entwickeln sich Sprechprobleme, verschwommenes Sehen, Ptosis sowie Übelkeit und Erbrechen. Später werden Synkopen, Lichtscheu, Akkomodationsprobleme und Lähmungen von Atemmuskulatur und Zwerchfell beobachtet.

Von zwei aktuellen Fällen eines iatrogenen Botulismus nach intragastraler Toxininjektion berichtet Dr. Werner Beermann vom Klinikum Hagen. Beide betroffene Patientinnen hatten sich mit Sehstörung, Schluckstörung und Atemnot im Klinikum Hagen vorgestellt.

Das Zwerchfell war kaum  noch beweglich

Die erste Frau hatte zehn Tage vor ihrer Aufnahme in die Klinik Injektionen in die Magenwand erhalten. Seit fünf Tagen litt sie unter Kopfschmerzen, Schwindel und im Liegen an Atemnot. Im CT fanden sich keine Auffälligkeiten außer einem Zwerchfellhochstand. Sonografisch zeigte das Zwerchfell eine verminderte Beweglichkeit und es bestand ein geringer Pleuraerguss auf der rechten Seite. In der Blutgasanalyse fielen ein erniedrigter Sauerstoffpartialdruck und eine Sauerstoffsättigung von 94 % auf. Die Patientin erhielt stationär intermittierend Sauerstoff über eine Nasensonde. Die Symptome besserten sich fortlaufend, sodass sie nach sieben Tagen entlassen werden konnte.

Bei der zweiten Patientin lag die intragastrale Injektion in der Türkei bei Klinikaufnahme 14 Tage zurück. Drei Tage nach dieser Therapie habe sie Muskelschwäche, verschwommenes Sehen, Schluck- und Sprechstörungen sowie Luftnot entwickelt. Außerdem sei eine Harninkontinenz aufgetreten. Die neurologische Untersuchung war unauffällig. Im Thoraxröntgen fanden sich lediglich Dystelektasen rechts basal. Auch in diesem Fall waren der  Sauerstoffpartialdruck und die Sauerstoffsättigung in der Blutgasanalyse vermindert. Nach dreitägiger Beobachtung ohne weitere Therapie wurde die Frau wieder entlassen.

Es handelt sich dabei keineswegs um Einzelfälle, schreibt Dr. Beermann. Im März 2023 hatten das Robert Koch-Institut, das European Centre for Disease Prevention and Control und die WHO eine Fallserie von 87 Personen publiziert, die an zwei türkischen Krankenhäusern intragastrale Injektionen des Toxins erhalten hatten und anschließend an Botulismus erkrankt waren. Nicht immer seien diese Erkrankungen so harmlos verlaufen wie in den beiden präsentierten Fällen. Todesfälle habe es zwar nicht gegeben. Aber mehrere Behandelte hätten intensivmedizinisch versorgt werden müssen.

Behördliche Verbote und eine Klinikschließung

Beiden Kliniken, die diese Off-Label-Therapien praktiziert hätten, seien Aktivitäten dieser Art behördlicherseits verboten worden, eine Klinik sei im März 2023 geschlossen worden. Die umstrittene Methode ist aber offensichtlich trotz staatlichen Eingreifens weiterhin angewendet worden. Denn die beiden vorgestellten Patientinnen haben die intragastrale Botulinumtoxintherapie erst zu einem späteren Zeitpunkt erhalten.

Quelle: Beermann W. Dtsch Med Wochenschr 2025; 150: 504-507; DOI: 10.1055/a-2506-6699

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Von zwei aktuellen Fällen eines iatrogenen Botulismus nach intragastraler Toxininjektion berichtet Dr. Werner Beermann. Von zwei aktuellen Fällen eines iatrogenen Botulismus nach intragastraler Toxininjektion berichtet Dr. Werner Beermann. © Lena May – stock.adobe.com