Neuer SERD plus CDK4/6-Inhibitor bei ESR1-Mutationsnachweis effektiv

ASCO 2025 Birgit-Kristin Pohlmann

Ein DNA-gesteuerter Therapiewechsel verlängert das progressionsfreie Überleben bei Brustkrebs.
Ein DNA-gesteuerter Therapiewechsel verlängert das progressionsfreie Überleben bei Brustkrebs. © Zamrznuti tonovi – stock.adobe.com

Die Frage, ob sich zirkulierende Tumor-DNA für die Therapiesteuerung nutzen lässt, wird schon seit einigen Jahren diskutiert. Jetzt weisen die Daten der Phase-3-Studie SERENA-6 bei Patient:innen mit ESR1-mutiertem, HR+/HER2- metastasiertem Mammakarzinom darauf hin, dass ein ctDNA-gesteuerter Wechsel der Behandlung – noch vor einem nachweisbaren klinischen Progress – das PFS deutlich verlängert. 

In der SERENA-6-Studie erfolgte  der ESR1-Mutationsnachweis unter laufender endokrinbasierter Erstlinientherapie anhand von ctDNA-Analysen im Blut von Patient:innen, bei denen bis dato klinisch bzw. in der Bildgebung kein Progress nachweisbar war, erläuterte Prof. Dr. Dr. Nicholas Turner, Royal Marsden Hospital, London.1 Die Mutationstestung fand in regelmäßigen Abständen statt (alle 2–3 Monate). Der Therapiewechsel vom Aromataseinhibitor (AI) auf Camizestrant, während der gleiche CDK4/6-Inhibitor weiter gegeben wurde, basiere damit auf einer „molekularen Progression“, so der Onkologe. Im Kontrollarm wurde die endokrinbasierte Erstlinientherapie trotz ESR1-Mutation bis zum klinischen Progress fortgeführt.

Der Experte wies darauf hin, dass sich ESR1-Mutationen bei etwa 40 % der Patient:innen, die einen AI erhalten, zum Zeitpunkt des Progresses nachweisen lassen. Sie führen zu einer kontinuierlichen – Östrogen-unabhängigen – Aktivierung des Östrogenrezeptors, weshalb der Tumor auf die Aromataseinhibitoren nicht mehr anspreche und eine endokrine Resistenz entstehe. 

Relatives Progressionsrisiko mehr als halbiert

Von gut 3.000 per ctDNA überwachten Erkrankten wurden 315 in SERENA-6 randomisiert. Bei diesen ließ sich eine ESR1-Mutation im Blut nachweisen, ohne dass es klinische Anzeichen für ein Fortschreiten der Erkrankung gab. Den primären Studienendpunkt bildete das durch die Prüfärzt:innen ausgewertete progressionsfreie Überleben. Nach zwei Jahren waren im Camizestrant-Arm noch 29,7 % der Betroffenen ohne klinische Progression im Vergleich zu 5,4 % im Kontrollarm. Das relative Risiko wurde durch den frühen Therapiewechsel auf Basis des ESR1-Mutationsnachweises um gut 50 % reduziert (HR 0,44; p < 0,00001). Median blieben die Patient:innen 16 Monate ohne Tumorprogress versus 9,2 Monate im Kontrollarm. Der PFS-Vorteil zeigte sich über die untersuchten Subgruppen hinweg.

Zu SERENA-6

In SERENA-6 geht es bei Patient:innen mit einem HR+/HER2- mBC und ESR1-Mutationsnachweis um den Einsatz von Camizestrant, einem neuen oralen SERD (selektiver Östrogen-Rezeptor Degrader) und ER-Antagonisten, der in Kombination mit einem CDK4/6-Inhibitor eingesetzt wurde. Alle Studienpatient:innen hatten vor Randomisierung für mindestens sechs Monate eine endokrinbasierte Therapie mit einem Aromatasehemmer plus CDK4/6-Inhibitor erhalten.

Lebensqualität Betroffener bleibt länger erhalten

Die gesundheitsbezogene Lebensqualität der Teilnehmenden blieb im Camizestrant-Arm länger erhalten als im Vergleichsarm (23,0 Monate vs. 6,4 Monate; HR 0,53; p < 0,001), was Prof. Turner auch auf die insgesamt gute Verträglichkeit der Behandlung zurückführte. Im Vordergrund stand die Neutropenie. Nur 1,3 % der Patient:innen im Prüfarm brachen die Therapie ab im Vergleich zu 1,9 % in der Kontrollgruppe. Die Daten zum Gesamtüberleben seien noch nicht reif, das PFS2 aber deutlich verlängert (HR 0,52; p = 0,0038).

Klinischer Effekt der ctDNA-basierten Steuerung bestätigt?

SERENA-6 zeige, dass sich durch den frühzeitigen Therapiewechsel vom AI auf Camizestrant bei Nachweis einer ESR1-Mutation mittels ctDNA-Analyse der klinische Progress hinauszögern lasse und die gesundheitsbezogene Lebensqualität länger erhalten bleibe, resümierte Prof. Turner. Es handele sich damit um die erste Studie, die einen klinischen Nutzen des ctDNA-Monitorings zeige. 

Für Prof. Dr. Angela DeMichele, Abramson Cancer Center, University of Pennsylvania, Philadelphia, gibt es einige offene Fragen zu beantworten.2 Entscheidend sei, ob sich der frühe Therapiewechsel aufgrund der „molekularen Progression“ in einem Überlebensvorteil niederschlage. In der Studie wurde nicht direkt verglichen, ob die frühzeitige Behandlung mit Camizestrant oder einem anderen SERD einem späteren Therapiewechsel bei klinischer Progression überlegen ist. Das Studiendesign sah kein Crossover vor und die Behandlungsoptionen nach klinischem Fortschreiten der Erkrankung waren in beiden Studienarmen unterschiedlich. Die Belastung für das Gesundheitssystem durch ein serielles ctDNA-Monitoring sowie die psychologischen Folgen dürfen zudem nicht unterschätzt werden, so die Kommentatorin. Sie wies zuletzt darauf hin, dass Camizestrant noch nicht zugelassen ist.      

Quellen:
1. Turner N et al. 2025 ASCO Annual Meeting; LBA4
2. DeMichele A. 2025 ASCO Annual Meeting; Plenary Discussion of LBA4

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Ein DNA-gesteuerter Therapiewechsel verlängert das progressionsfreie Überleben bei Brustkrebs. © Zamrznuti tonovi – stock.adobe.com