
PEP mit Antibiotika ist kein persönliches Mix and Match

Eine antibiotische Postexpositionsprophylaxe (PEP) soll eine Ansteckung mit sexuell übertragbaren Erkrankungen (STI) nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr verhindern. In einem Fall, den das Team um Angelo Raccagni von der Università Vita-Salute San Raffaele in Mailand vorstellt, ist allerdings wohl irgendwas schief gelaufen.
Ihr Patient kam mit gastrointestinalen Symptomen in die Ambulanz der Klinik. Der Mann gab an, HIV-positiv zu sein und als antiretrovirale Therapie die lang wirksame Kombination aus intramuskulärem Cabotegravir und Rilpivirin zu erhalten. Darunter wies er stabile Konzentrationen der CD4-positiven Lymphozyten auf (> 1.000 Zellen/µl). Die letzte Kontrolle der HIV-RNA zeigte eine anhaltende Suppression (< 50 Kopien/ml).
Die gastrointestinalen Beschwerden waren aufgetreten, nachdem er mehrere Antibiotika eingenommen hatte mit der Intention, bei Verzicht auf den Schutz eines Kondoms einer Infektion mit weiteren STI vorzubeugen. Wie er erklärte, hatte er in der zurückliegenden Woche mit mehr als 100 Partnern rezeptiven und insertiven oral-analen Sex gehabt. Allerdings war er bei seiner Prophylaxe sowohl von den üblichen Substanzempfehlungen als auch von den Dosierschemata abgewichen: Sein individualisierter Cocktail bestand u. a. aus 200 mg Doxycyclin zweimal täglich über drei Tage, 1.000 mg Azithromycin über zwei Tage sowie einer 2.000-mg-Kombi aus Amoxicillin und Clavulansäure 2 g für zwei Tage.
Toxin von Clostridioides difficile im Stuhl nachweisbar
Aktuell klagte er über etwa fünf flüssige Stühle täglich, dabei habe er im Stuhl Blut und Schleim gesehen. Außerdem berichtete er über ein schmerzempfindliches Abdomen, Fieber und allgemeines Krankheitsgefühl. Bei der körperlichen Untersuchung zeigten sich dem Team eine Dehydrierung mit beidseitiger pharyngealer Rötung und eine bilaterale Vergrößerung der inguinalen Lymphknoten. Bis auf eine leichte Leukozytose fiel das Labor unauffällig aus, der STI-Nachweis für die üblichen Erreger sowie der Test auf Parasiten blieben negativ. Im Stuhl ließ sich allerdings Toxin von Clostridioides difficile nachweisen.
Der Patient erhielt zunächst zehn Tage lang zweimal täglich Fidaxomicin 200 mg zur Bekämpfung der Clostridioides-Infektion. Dabei berücksichtigten die Ärztinnen und Ärzte neben dem HIV-Rezidivrisiko auch eine möglicherweise eingeschränkte Therapieadhärenz.
Nach 15 Tagen hatten sich die klinischen Symptome zurückgebildet, die Laborparameter befanden sich weiterhin im Normbereich. Abschließend wurde der Patient intensiv über den adäquaten Einsatz der antibiotischen PEP aufgeklärt, insbesondere dass
- die Maximaldosis bei der DoxyPEP bei 200 mg pro 72 h liegt,
- er die Prophylaxe erst nach Exposition gegenüber mehr als fünf Sexualkontakten und/oder besonders riskanten Ereignissen einnehmen sollte und
- eine Kombination der DoxyPEP mit anderen Antibiotika vermieden werden sollte.
Dieser Fall verdeutliche, wie wichtig eine gründliche und ggf. wiederholte Aufklärung über die Postexpositionsprophylaxe ist, betont das Autorenteam. Nur so lasse sich ein Antibiotikaeinsatz jenseits von Leitlinien und ärztlichen Empfehlungen und der damit verbundene Falsch- und Übergebrauch verhindern.
Quelle: Raccagni AR et al. Sex Transm Infect 2025; DOI: 10.1136/sextrans-2025-056479
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