Die akute Lungenembolie erfordert eine personalisierte therapeutische Strategie

DGP-Kongress 2025 Friederike Klein

Bei einer akuten Lungenembolie geht es darum, ein Rechtsherzversagen zu vermeiden. Bei einer akuten Lungenembolie geht es darum, ein Rechtsherzversagen zu vermeiden. © ipopba - stock.adobe.com

Bei einer akuten Lungenembolie geht es darum, ein Rechtsherzversagen zu vermeiden. Welche therapeutischen Optionen jenseits der Antikoagulation zum Zuge kommen, hängt von der hämodynamischen Stabilität, dem Blutungsrisiko und weiteren Faktoren ab.

Bei schwerer akuter Lungenembolie (LE) in der Notaufnahme sollten Risikostratifizierung und Therapievorschlag individualisiert durch ein multidisziplinäres LE-Team erfolgen, erklärte Dr. Kai-Helge Schmidt von der Universitätsklinik für Kardiologie in Mainz. Besteht ein eher geringes Blutungsrisiko, ist die intravenöse Thrombolyse Standard, bei hohem Risiko eher ein kathetergestütztes interventionelles Verfahren. Allerdings gibt es keinen etablierten Score für die Abschätzung des Blutungsrisikos in dieser Situation, erläuterte Dr. Schmidt.

Bei Hochrisiko-LE ist die Evidenz für die Thrombolyse besser als für die Embolektomie. Letztere wird vorzugsweise dann empfohlen, wenn eine medikamentöse Auflösung des Blutgerinnsels kontraindiziert ist oder versagt hat. Jede Lyse erhöht jedoch das Risiko für schwere Blutungen. In einer Analyse aus Deutschland erhielten zwischen 2005 und 2015 4,6 % der Patientinnen und Patienten mit akuter LE eine systemische Thrombolyse. Unter den hämodynamisch instabilen Betroffenen lag der Anteil bei 23,1 %, wenn sie wiederbelebt werden mussten bei 25,6 %. Die Lysetherapie war klar assoziiert mit einer geringeren Krankenhaussterblichkeit – unabhängig davon, ob eine kardiopulmonale Wiederbelebung erfolgte oder nicht. In 9,2 % der Fälle kam es zu schweren Blutungen, 1,5 % waren intrakraniell.

Bei älteren und gebrechlichen Patientinnen und Patienten mit akuter LE erfolgt die Thrombolyse wegen der Blutungsrisiken immer seltener, katheterbasierte Reperfusionsverfahren werden zunehmend bevorzugt. Bei LE mit intermediär-hohem Risiko könnte eine Lyse mit reduzierter Dosis eine Alternative mit günstigerem Nutzen-Risiko-Verhältnis darstellen. Dieses Konzept wird derzeit in der PEITHO-3-Studie mit dem Fibrinolytikum Alteplase untersucht.

Bei akuter LE mit intermediärem oder niedrigem Risiko sollte die systemische Thrombolyse nicht standardmäßig in der Routineversorgung zum Einsatz kommen. Vielmehr erscheint eine Eskalation von der Antikoagulation zur Reperfusion dann als sinnvoll, wenn es zum Therapieversagen kommt. Dieses definierte Dr. ­Schmidt wie folgt:

  • Herzstillstand oder Notwendigkeit einer kardiopulmonalen Reanimation
  • Intubation oder nichtinvasive mechanische Beatmung
  • Anzeichen eines Schocks (neu auftretende Hypotonie plus Hypoperfusion der Endorgane)
  • Notwendigkeit einer ECMO
  • National Early Warning Score (NEWS) von 9 und höher

Das Merkmal Hypotonie kann bei einem Schock allerdings fehlen. Registerdaten zufolge weist ein Drittel der von einer LE mit intermediärem Risiko Betroffenen einen normotensiven Schock auf. Vorgeschlagen wurde daher ein von der Hypotonie unabhängiger Schock-Score. Dieser vergibt je einen Punkt für erhöhtes Troponin, erhöhtes BNP, eine moderate bis stark reduzierte rechtsventrikuläre Funktion, eine hohe zentrale Thrombuslast (sog. Sattel-LE), eine begleitende tiefe Venenthrombose und eine Tachykardie als Prädiktoren für einen Schock. Bei einem Wert von 6 gilt die Wahrscheinlichkeit für einen Schock trotz Normotension als sehr hoch. 

Eine katheterbasierte Lyse ist zu erwägen bei manifester, therapierefraktärer Kreislaufinstabilität, nach erfolgloser systemischer thrombolytischer Behandlung sowie bei hohem Blutungsrisiko und Kontraindikation(en) gegen eine systemische Thrombolyse. Das Risiko für intrakranielle Blutungen ist bei dieser Prozedur sehr niedrig oder geht gegen Null, berichtete Prof. Dr. Philipp Lepper, Pneumologische Universitätsklinik Ost-Westfalen Lippe, Campus Bielefeld-Bethel. Es gibt auch ein System, bei dem der Thrombus zusätzlich durch Ultraschall aufgelockert wird, sodass die Alteplasedosis weiter reduziert werden kann.

Die chirurgische Embolektomie oder die perkutane kathetergestützte Thrombektomie werden bei LE mit intermediärem Risiko in der Leitlinie als Alternative mit geringerer Evidenz und niedrigerem Empfehlungsgrad genannt.1 Die kathetergestützte Embolektomie funktioniert inzwischen dank des Autoinfundierens von filtriertem Blut recht gut, meinte Prof. Lepper. Langzeitdaten gebe es dazu allerdings noch nicht. Ob katheterbasierte Verfahren bei akuter LE der Standard werden, müssen künftige Studien erst noch zeigen.

Quelle: 1.Konstantinides SV et al. Eur Heart J 2020; 41: 543-603; doi: 10.1093/eurheartj/ehz405

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