Pulmonale Infektionen mit nicht-tuberkulösen Mykobakterien sind auf dem Vormarsch

DGP-Kongress 2025 Friederike Klein

Pulmonale Erkrankungen aufgrund einer Infektion mit nicht-tuberkulösen Mykobakterien (NTM) sind in manchen europäischen Ländern schon häufiger als Tuberkulosefälle. Pulmonale Erkrankungen aufgrund einer Infektion mit nicht-tuberkulösen Mykobakterien (NTM) sind in manchen europäischen Ländern schon häufiger als Tuberkulosefälle. © 7activestudio - stock.adobe.com

Aktuell sind etwa 200 Arten von Mykobakterien bekannt. Viele führen nicht zu einer Tuberkulose, können aber durchaus andere schwerwiegende Lungenerkrankungen hervorrufen. Die therapeutische Strategie unterscheidet sich je nach isolierter Spezies.

Pulmonale Erkrankungen aufgrund einer Infektion mit nicht-tuberkulösen Mykobakterien (NTM) sind in manchen europäischen Ländern schon häufiger als Tuberkulosefälle, berichtete Prof. Dr. Dr. Christoph Lange vom Deutschen Zentrum für Infektionsforschung in Borstel. In Borstel wurden zuletzt insbesondere NTM-Infektionen mit der M. avium intracellulare-Gruppe (MAC), M. gordonae und der M. abszessus/M. immunogenum-Gruppe registriert. Risikofaktoren für eine pulmonale NTM-Infektion sind pulmonale Vorerkrankungen wie Bronchiektasen, eine frühere pulmonale Tuberkulose oder eine COPD, aber auch inhalative Kortikosteroide, ein hohes Lebensalter, Diabetes mellitus, Alkoholabusus und Rauchen.

Die in der Leitlinie von 2020 empfohlenen diagnostischen Kriterien nannte Prof. Lange nicht optimal. Denn es würden nicht alle Patientinnen und Patienten erfasst, die man behandeln müsse, und nicht alle den Kriterien nach zu Behandelnden bräuchten tatsächlich eine Therapie. Das ärztliche Grundverständnis bleibt wichtig für die Therapieentscheidung, betonte er. So solle man beispielsweise klinischen Hinweisen ohne entsprechendes Korrelat in der Bildgebung nicht nachgehen. Die unter dem Punkt Mikrobiologie genannten Kriterien bezeichnete Prof. Lange als arbiträr. Hilfreich sind seiner Meinung nach hingegen die fünf Wolinsky-Kriterien mit plausiblen Faktoren für eine wahrscheinlich vorliegende NTM-Infektion:

  • säurefeste Stäbchen nachgewiesen,
  • wiederholt dieselben Spezies isoliert,
  • Mykobakterien aus einer ansonsten sterilen Quelle isoliert,
  • pathogene Spezies identifiziert, die keine normale Besiedelung darstellen (z. B. M. kansasii) und
  • begünstigende Wirtsfaktoren (z. B. Immunsuppression, Therapie mit TNF-Inhibitoren).

Die Leitlinie von 2020 orientiert sich streng an der Evidenz und berücksichtigt daher nur vier Erreger. Bei Infektionen mit MAC kommt die Dreifachkombination aus Azithromycin, Ethambutol und Rifampicin zum Einsatz. Wurde M. xenopi isoliert, ist dieselbe Therapie möglich. Da dieses Mykobakterium aber zudem fluorchinolonsensibel ist, kann Rifampicin durch ein Fluorochinolon ersetzt werden. M. kansasii weist ähnlich wie M. bovis eine intrinsische Pyrazinamidresistenz auf und ist wie eine Tuberkulose mit Rifampicin, Isoniazid und Ethambutol zu behandeln. Bei M. abszessus sollte die Therapie gemäß Antibiogramm erfolgen, meist kombiniert oral und intravenös.

Mittlerweile wurden konsensusbasierte Empfehlungen zu sieben weiteren pulmonalen NTM-Erkrankungen veröffentlicht. Beruht die Infektion auf M. chelonae, ist eine Therapie mit Azithromycin, Tobramycin und einer weiteren Substanz angezeigt. M. fortuitum ist makrolidresistent, aber fluorchinolonsensibel und wird mit Amikamycin, einem Fluorochinolon und einer weiteren Substanz behandelt. Bei Erkrankungen mit M. fortuitum sollte man immer nach Hinweisen auf eine gastrointestinale Motilitätsstörung suchen, da etwa ein Drittel der Betroffenen eine Achalasie oder Ähnliches aufweist, riet Prof. Lange. Dann ist M. fortuitum in der Lunge womöglich nicht pathogen, sondern nur eine Besiedlung und das Problem liege eigentlich woanders.

Die langsam wachsenden M. genavense, M. malmoense und M. szulgai werden wie M. avium mit Azithromycin, Rifampicin und Ethambutol behandelt. M. simiae hat sich als resistent gegenüber Rifampicin und Ethambutol erwiesen, ist aber sensibel gegenüber Cotrimoxazol, das mit Azithromycin kombiniert wird. Bei Nachweis des zweithäufigsten NTM, M. gordonae, muss keine Behandlung erfolgen. Diese Mykobakterien kommen vielerorts in der Umwelt vor und sind in der Regel Kommensalen.

Vor Therapiebeginn muss man Patientinnen und Patienten über mögliche Nebenwirkungen, die erforderliche engmaschige Therapiekontrolle sowie die Langwierigkeit der Behandlung aufklären. Komorbiditäten und die entsprechende Begleitmedikation sollten optimiert, Immundefizienzen behandelt und Rauchenden ein Angebot zur Entwöhnung angeboten werden. Vor Therapiestart rät Prof. Lange ggf. zur BMI-Messung, da Patientinnen und Patienten oftmals untergewichtig sind. Eine Ernährungsberatung ist ratsam, manchmal sogar eine PEG-Implantation notwendig. Die Betroffenen sollten zudem über die Möglichkeit der Studienteilnahme informiert werden. Ein Patiententagebuch kann die medizinische Betreuung erleichtern, da sich darüber z. B. gut das Leitsymptom Abgeschlagenheit dokumentieren lässt. „So sieht man auf einen Blick, ob die Erkrankung unter Kontrolle ist“, betonte Prof. Lange.

* Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin

Quelle: Kongressbericht

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Pulmonale Erkrankungen aufgrund einer Infektion mit nicht-tuberkulösen Mykobakterien (NTM) sind in manchen europäischen Ländern schon häufiger als Tuberkulosefälle. Pulmonale Erkrankungen aufgrund einer Infektion mit nicht-tuberkulösen Mykobakterien (NTM) sind in manchen europäischen Ländern schon häufiger als Tuberkulosefälle. © 7activestudio - stock.adobe.com