Radioligandentherapie punktet – aber nicht immer!

ESMO 2025 Josef Gulden

Ein ADC könnte bei EGFR-mutiertem, TKI-resistentem NSCLC eine wirksamere Alternative zur Chemotherapie bieten. Ein ADC könnte bei EGFR-mutiertem, TKI-resistentem NSCLC eine wirksamere Alternative zur Chemotherapie bieten. © jamal – stock.adobe.com

Die Radioligandentherapie hat sich beim mHSPC bewährt. In PSMAddition verlängerte sie sogar das OS. In der kastrationsresistenten Situation scheint 177Lu-PSMA Docetaxel bei Personen mit einem Progress nach einem ARPI aber nicht überlegen.

Das metastasierte hormonsensitive Prostatakarzinom (mHSPC) wird standardmäßig mit einer Kombination aus ADT und ARPI behandelt. Die gegen PSMA gerichtete Radioligandentherapie hat sich in der kastrationsresistenten Situation als wirksam erwiesen, berichtete Prof. Dr. Scott T. Tagawa, Weill Cornell Medicine, New York.1 In der Phase-3-Studie PSMAddition wurde sie nun erstmals randomisiert bei Erkrankten mit hormonsensitiven Tumoren erprobt.

Wie war die PSMAddition-Studie designt?

Eingeschlossen wurden 1.144 Personen, die nicht oder minimal vorbehandelte Tumoren mit mindestens einer im PET/CT PSMA-positiven Metastase hatten. Sie erhielten eine Hormondeprivation und einen ARPI. Die Hälfte von ihnen bekam zusätzlich maximal sechs Zyklen 177Lu-PSMA-617. Primärer Endpunkt war das von einem zentralen Gremium bestimmte radiografisch progressionsfreie Überleben. Kam es zu einem radiologischen Progress, so war ein Crossover vom Kontroll- in den experimentellen Arm gestattet.

Nach median 23,6 Monaten Follow-up hatten 93,1 % der Teilnehmenden in der Prüfgruppe mindestens vier und 85,6 % alle sechs Zyklen 177Lu-PSMA-617 erhalten. Die Auswertung zum primären Endpunkt rPFS fiel zugunsten der Radioligandentherapie aus: Der Medianwert wurde in keinem der beiden Arme erreicht, 177Lu-PSMA-617 war mit 24,3 % versus 30,1 % Ereignissen signifikant überlegen (HR 0,72; 95%-KI 0,58–0,90; p = 0,002). Dieser Nutzen zeigte sich in allen untersuchten Subgruppen in etwa gleichem Maß. 

Wie fielen weitere Endpunkte von PSMAddition aus?

Bei den Ansprechraten war die Strahlentherapie ebenfalls überlegen (85,3 % vs. 80,8 %). Das OS fiel tendenziell länger aus; 14,9 % vs. 17,3 % waren gestorben (HR 0,84; 95%-KI 0,63–1,13; p = 0,125). Auch bei der Zeit bis zur PSA-Progression (HR 0,42; 95%-KI 0,30–0,59) und der Zeit bis zur Entwicklung einer Kastrationsresistenz (HR 0,70; 95%-KI 0,58–0,84) punktete die Radioligandentherapie.

Radioligandentherapie ohne Einfluss auf die Lebensqualität

Im 177Lu-Arm kam es mit 98,4 % versus 96,6 % zu mehr Nebenwirkungen; davon erreichten 50,7 % vs. 43,0 % einen Grad 3 oder höher. 31,9 % vs. 28,7 % der Teilnehmenden entwickelten schwere Nebenwirkungen. Hinsichtlich der Lebensqualität gab es keinen klinisch signifikanten Unterschied.

Die Zugabe von 177Lu-PSMA-617 zur hormonellen Therapie bereits im Stadium der hormonsensitiven Erkrankung führt also zu einem klinisch bedeutsamen Vorteil. Die finale Auswertung wird zeigen, ob sich das auch in einem signifikant verlängerten OS niederschlägt.

LUNAR-Studie: Radioligand vor der Bestrahlung geben

In der Phase-2-Studie LUNAR untersuchten Forschende, ob eine neoadjuvante Behandlung mit 177Lu-PSMA PNT2002 vor einer metastasengerichteten stereotaktischen Bestrahlung (SBRT) das Ergebnis von Personen mit oligometastasiertem HSPC verbessern kann. Wie Prof. Dr. Dr. Jeremie Calais von der University of California in Los Angeles berichtete, erhielten 92 Teilnehmende mit oligometastasierter Erkrankung die SBRT mit oder ohne zwei vorgeschalteten Zyklen der neoadjuvanten Behandlung.2 Median hatten die Betroffenen zwei Metastasen, immerhin jede sechste Person wies vier oder fünf Filiae auf. 

Primärer Endpunkt war das PFS, das im experimentellen Arm mit median 17,6 Monaten mehr als doppelt so lang ausfiel wie in der Kontrolle (7,4 Monate; HR 0,37; 95%-KI 0,22–0,61; p < 0,0001). Die Erkrankung wurde hier bei 86 % progredient gegenüber nur 64 % im Arm mit der Radioligandentherapie.

Welche Subgruppen profitierten von 177Lu-PSMA PNT2002?

Der Nutzen der 177Lu-Therapie fand sich in allen untersuchten Subgruppen. Er war beispielsweise unabhängig von Krankheitsstadium oder Anzahl der zu Beginn vorhandenen Metastasen.

Der Nutzen der neoadjuvanten Therapie ist eindeutig, zumal es keine Zunahme bei der Toxizität gab. Vermutlich, so Prof. Calais, besteht die protektive Wirkung des Radioliganden in erster Linie in einer Eradikation okkulter Metastasen. Bei 64 % Progressionen im Prüfarm gibt es sicherlich noch Raum für weitere Verbesserungen, resümierte der Referent.

Radioligand keine Alternative nach Therapieversagen

Personen, deren metastasiertes Prostatakarzinom kastrationsresistent und nach Gabe eines ARPI progredient ist, profitieren von einer Therapie mit 177Lu-PSMA-617, aber auch von Docetaxel. Ein direkter Vergleich dieser beiden Optionen stand bisher aus. Forschende um Prof. Dr. Kim Nguyen Chi, BC Cancer – Vancouver Center, holten das nun mit der randomisierten Phase-2-Studie CCTG PR.21 nach.3

Zu was wurde in der Studie CCTG PR.21 randomisiert?

199 Erkrankte, die nach einer ARPI-Behandlung progredient waren, erhielten randomisiert bis zu sechs Zyklen 177Lu-PSMA-617 oder bis zu zwölf Zyklen Docetaxel. Bei einer Progression konnten die Teilnehmenden zur jeweils alternativen Behandlungsmodalität wechseln. Primärer Endpunkt was das rPFS.

Nach median 9,7 Monaten Follow-up hatte sich kein Vorteil für die Radioligandentherapie ergeben. Das mediane rPFS betrug 8,6 Monate mit 177Lu-PSMA-617 vs. 10,7 Monate im Docetaxel-Arm (HR 1,01; p = 0,51). Beim sekundären Endpunkt OS war der Radioligand sogar mit median 14,3 Monaten vs. 18,2 Monate unterlegen (HR 1,64; p = 0,02). 

Hier konnte 177Lu-PSMA-617 doch punkten

Ein Vorteil für 177Lu-PSMA-617 ergab sich lediglich bei einem PSA-Abfall um mindestens 50 % (36 % vs. 16 %; p = 0,0015) und der Gesamtansprechrate (16 % vs. 8 %; p = 0,23). Auch Toxizitäten fielen geringer aus (Grad 3/4: 13 % vs. 34 %; Grad 5: 0 vs. 2 Personen).

Für chemotherapienaive Erkrankte mit mCRPC, das nach einem ARPI progredient wird, ist die Radioligandentherapie dem Taxan demnach nicht überlegen. Ob das kürzere OS möglicherweise durch die hohe Crossover-Rate von Docetaxel zu 177Lu-PSMA-617 zu erklären ist, müssen weitere Analysen und eine längere Nachbeobachtung ergeben, so Prof. Chi.

Quellen:
1.    Tagawa ST. ESMO Congress 2025; Abstract LBA6
2.    Calais J. ESMO Congress 2025; Abstract LBA90
3.    Chi KN. ESMO Congress 2025; Abstract LBA89

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Ein ADC könnte bei EGFR-mutiertem, TKI-resistentem NSCLC eine wirksamere Alternative zur Chemotherapie bieten. Ein ADC könnte bei EGFR-mutiertem, TKI-resistentem NSCLC eine wirksamere Alternative zur Chemotherapie bieten. © jamal – stock.adobe.com