
Syphilis im Auge enttarnt

Bei einem Mann wurde 2014 eine HIV-Infektion diagnostiziert, als er wegen einer (letztendlich AIDS-bedingten) Ösophagus-Candidose Hilfe suchte. Die antiretrovirale Therapie verlief erfolgreich, bis 2024 war seine CD4+-Zahl von einem Tiefstwert von 5/mm3 auf 343/mm3 angestiegen. Aktuell berichtete der Mann allerdings über verschwommenes Sehen. Begleitet wurde dies von beidseitiger Bindehauthyperämie und divergierendem Schielen. Des Weiteren fielen ein nicht juckender, erythematöser, makulopapulomatöser, diffuser Ausschlag an Rumpf, Bauch und Gesicht sowie ein nicht schmerzhaftes Ulkus im Analbereich auf.
Wie die Augendiagnostik bestätigte war zwar ein konsensueller Pupillenreflex vorhanden, aber der Mann hatte auf beiden Seiten eine deutlich verminderte Sehschärfe. Im Rahmen weiterer ophthalmologischer Tests stellten die Ärztinnen und Ärzte konjunktivale Injektionen, beidseitige Papillenödeme fest. Das rechte Auge wies eine Vitritis, retinale Vaskulitis und ein zystoides Makulaödem mit Ablösung der äußeren Netzhaut auf. Das linke Auge zeigte ein regelmäßiges Makulaprofil, jedoch ebenfalls mit signifikanter Disaggregation und Unregelmäßigkeit der äußeren hyperreflektiven Netzhautschichten. OCT- und Indocyanin-Angiografie deckten zudem einen Verschluss der Choriokapillaris im Makulabereich beider Augen auf.
Das letztendlich ausschlaggebende Ergebnis lieferte aber die Serologie: Der VDRL-Test blieb zwar ohne Befund allerdings war der Liquor-Test auf TPHA* positiv und auch bezüglich anderer Parameter auffällig (Zellzahl 23.2/mm³, Protein 700 mg/l). Der Mann hatte eine Neurosyphilis mit posteriorer plakoider Chorioretinitis als okuläre Manifestation.
Der Patient erhielt über 14 Tage kristallines Penicillin G i. v. Bereits 48 h nach Therapiebeginn verschwand der Hautausschlag, die Sehschärfe verbesserte sich einige Tage später. Nachfolgend begann das Ärzteteam eine Systemtherapie mit Prednison. Beim Nachuntersuchungstermin war die plakoide Chorioretinitis vollständig abgeklungen, das Makulaödem blieb jedoch bestehen.
HIV-Infizierte können bereits in einem frühen Stadium der Syphilis neurologische Symptome aufweisen, warnt das Team um Dr. Riccardo Schiavoni von der University of Genova. In diesem Fall wurde die Diagnose durch die erhaltene Immunfunktion erschwert, da eine Beteiligung von Choroid und Retina typischerweise erst bei CD4+-Zahlen < 200 mm³ auftritt. Bei entsprechendem Verdacht und negativem VDRL-Test raten sie, für die Diagnostik eine Liquoruntersuchung anzuschließen, um der Neurosyphilis auf die Spur zu kommen.
* Treponema pallidum Hämagglutinationstest
Quelle: Schiavoni R et al. Sex Transm Infect 2025; DOI: 10.1136/sextrans-2024-056347
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