Therapie der Akne in der Pubertät

Renate Bonifer

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Mit einer Lebenszeitprävalenz von 95 % ist die Akne die häufigste Hautkrankheit. In der Pubertät leidet etwa ein Drittel der Betroffenen unter mittelschwerer bis schwerer Akne. Worauf es bei der Aknetherapie in der Pubertät ankommt, fasste Dr.  med. Martin Theiler bei der Fortbildung „Pädiatrie Update Refresher“ zusammen.

Viele Mythen ranken sich um die Akne in der Pubertät. Besonders hartnäckig hält sich der Glaube, dass Schokolade und „Junkfood“ die Pickel sprießen lassen würden. Es gebe jedoch keine guten Daten, die diesen Verdacht belegten, sagte Dr. med. Martin Theiler, Zentrum Kinderhaut des Universitätskinderspitals Zürich: „Es dauert Monate, bis aus Komedonen Papeln und Pusteln entstehen. Die Vorstellung, dass man an einem Tag Chips isst und am nächsten Tag die Akne schlimmer wird, ist wissenschaftlich nicht haltbar.“ Der ­prinzipielle Einfluss der Ernährung auf die ­Akne werde kontrovers diskutiert, sei aber wahrscheinlich nur äußerst gering. Wenn überhaupt könnte die Akne durch Milchprodukte in großen Mengen, insbesondere deren fettreduzierte Varianten, sowie Diäten mit hohem glykämischen Index gefördert werden. Es sei deshalb auch nicht empfehlenswert, größere Mengen an milch- oder molkebasierten Proteinen zu konsumieren (z. B. spezielle Fitnessprodukte).

Eine endokrinologische Abklärung braucht es bei Akne in der Regel nicht. Sie ist aber bei Mädchen mit Anzeichen für einen Androgenüberschuss indiziert, bei schwerer therapierefraktärer Akne (wenn auch systemisches Isotretinoin nicht geholfen hat) und bei männlichen Jugendlichen mit schwerer therapieresistenter Akne (evtl. Androgenabusus zum Muskelaufbau?).

Die genetische Veranlagung spielt bei der Akne eine große Rolle. Man solle die Familienanamnese beachten, empfahl Theiler: „Wenn zum Beispiel ein Junge mit Akne vor Ihnen sitzt, dessen Vater selbst schwere Akne hatte, können Sie die Behandlung gleich mit Isotretinoin beginnen.“

Generell richtet sich die Therapie nach dem Schweregrad der Akne, wobei im Wesentlichen drei Stadien unterschieden werden, nämlich die Acne comedonica (erste Veränderungen mit Komedonen), die Acne papulopustulosa (entzündliche Papeln) und die Acne nodulocystica/conglobata (konfluierende Papulopusteln).

Wichtige Regeln der Aknetherapie

Die Richtlinien für das Vorgehen bei Akne in der Pubertät seien international recht einheitlich (vgl. Tabelle), sagte der Referent: „Die Therapie der Akne ist relativ einfach, sie erfolgt ein bisschen nach Kochbuch.“ Die wichtigsten Regeln der Aknetherapie lauten:

  • Keine systemische Therapie ­ohne eine lokale Therapie! Ein topisches Retinoid ist obligat, mit zwei Ausnahmen: bei Unverträglichkeit oder bei Gabe von oralem Isotretinoin.
  • Genügend Zeit lassen (ca. 3 Monate) bis zur Beurteilung der Wirksamkeit einer Therapie.
  • Aber auch nicht länger warten, sondern die Therapie gegebenenfalls intensivieren!
  • Topische Kombinationspräparate erhöhen die Compliance.
  • Geeignete Hautpflegeprodukte empfehlen.
  • Akne allein ist keine Indikation für orale Kontrazeptiva.
  • Lokale und systemische Antibiotika nur sehr zurückhaltend einsetzen.
  • Bei Therapieversagen anderer Mittel frühzeitig Isotretinoin geben, auch bei mittelschwerer Akne.
  • Nach dem Absetzen des systemischen Retinoids eine Erhaltungstherapie mit einem topischen Retinoid weiterführen.

Topische Aknetherapien

Ein topisches Retinoid gehört immer dazu, außer bei der Gabe von oralem Isotretinoin. Zur Wahl stehen Adapalen (Differin®), Tretinoin (Cordes® VAS®) und topisches Isotretinoin (Roaccutan® Gel). Topische Retinoide werden abends großflächig dünn aufgetragen, und zwar in der gesamten betroffenen Region: initial jeden zweiten Tag, bei guter Verträglichkeit steigert man auf die tägliche Anwendung. Besonders zu Beginn der Therapie treten Hautirritationen auf, die mit der Zeit meist als weniger störend empfunden werden. In der Schwangerschaft sind topische Retinoide kontraindiziert. Topische Retinoide sind auch als Fixkombinationen mit Benzoylperoxid (BPO), einem Antibiotikum oder einem Antimykotikum im Handel. Bei Unverträglichkeit von topischen Retinoiden sei Azelainsäure (Skinoren®) eine gute Option, sagte Theiler.

Das Desinfiziens BPO gehört wie die topischen Retinoide immer zu einer Aknetherapie. Es ist als Waschlotion, Gel (z. B. Benzaknen®, Marduk®) oder in Fixkombinationen mit Adapalen (Epiduo®), mit Clindamycin (Duac® Akne) oder mit Miconazol (Acne Crème plus Widmer) sowie in Dreierkombinationen (s. unten) verfügbar. Auch BPO kann Hautirritationen auslösen, und es bleicht die Wäsche (helle Handtücher und helle Bettwäsche empfehlen).

Topische Antibiotika werden nur punktuell für wenige Tage eingesetzt und nur in Kombination mit BPO. Erste Wahl ist topisches Clindamycin (Stifte, Gel), das als Monopräparat (Zindaclin®) und in Kombinationspräparaten (Acnatac® mit Clindamycin und Tretinoin, Duac® mit Clindamycin und BPO) verfügbar ist. Als Alternative kommt topisches Erythromycin (Aknemycin®, Inderm®) infrage.

Braucht es Antibiotika?

„Die Akne ist primär keine infektiöse Erkrankung, deshalb spielen Antibiotika in der Behandlung eine eher untergeordnete Rolle“, sagte Theiler und riet dazu, Antibiotika bei Akne in der Pubertät sowohl topisch als auch systemisch nur zurückhaltend und limitiert einzusetzen. Die Hauptindikation bestehe bei jungen Frauen mit Acne papulopustulosa. Erste Wahl sind Lymecyclin (300 mg/tgl.) oder Doxycyclin (50 – 100 mg/Tag; ­cave: Fototoxizität) mit einer auf 6 bis 12 Wochen beschränkten Therapiedauer. Gleichzeitig muss immer mit einem topischen Retinoid und BPO weiterbehandelt werden.

Das Antibiotikum Minocyclin sollte man wegen seines ungünstigeren Nebenwirkungsprofils vermeiden.

Orales Isotretinoin: Wann und für wen?

Orales Isotretinoin ist bei schweren Formen der Akne indiziert sowie bei Anzeichen einer Narbenbildung. Insbesondere bei männlichen Jugendlichen riet Theiler zu einer eher großzügigen Indikationsstellung. Bei Frauen im gebärfähigen Alter ist Isotretinoin wegen seiner hohen Teratogenität gemäß Fachinformation kontraindiziert, es sei denn, eine Schwangerschaft kann während der Therapie mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Weil Isotretinoin aber das einzige Medikament sei, das den Spontanverlauf der Akne beeinflussen könne, sollte es jungen Frauen und Mädchen trotzdem nicht vorenthalten werden, sagte Theiler. Selbstverständlich müsse man aber sicherstellen, dass zu Beginn der Therapie keine Schwangerschaft bestehe, und die Patientin engmaschig begleiten. Eine zuverlässige und sichere Kontrazeption muss gewährleistet sein.

Isotretinoin wird auch mit Depressionen in Verbindung gebracht. Dieses Thema sei jedoch „eigentlich vom Tisch“, sagte Theiler. Aus seiner Sicht dürfe man auch einer Jugendlichen, die wegen einer Depression medikamentös behandelt wird, Isotretinoin geben – aber nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt, der die Depressionstherapie verordnet hat, und nur im Rahmen einer engmaschigen Betreuung der Patientin.

Orale Tetrazykline und Isotretinoin dürfen nicht kombiniert werden, weil die Kombination dieser Substanzen das Risiko für einen Pseudotumor cerebri erhöht. Auch Vitamin A sowie keratolytische oder schälende Aknebehandlungen sind unter Isotretinoin zu vermeiden.

Die Zieldosis für orales Isotretinoin ist heute niedriger als früher. Sie beträgt meist 0,3 bis 0,5 mg/kg/Tag, in manchen Fällen auch 1 mg/kg/Tag. Die Dosierung erfolgt einschleichend. Bei stark entzündlicher Akne können zu Beginn systemische Steroide zusätzlich gegeben werden. Während der Behandlung mit Isotretinoin sollte man eine pflegende Lokaltherapie verordnen: befeuchtende Augentropfen, Lippenpflege, eine leichte Pflegecreme und Sonnenschutz. Die Therapie mit oralem Isotretinoin sollte nach Abheilung der Akne noch 3 Monate lang weitergeführt werden, danach ist ein topisches Retinoid für weitere 6 bis 12 Monate indiziert. Vor und während der Therapie mit oralem Isotretinoin (ca. alle 3 Monate) sind die Transaminasenwerte und der Lipidstatus zu kontrollieren.

Quelle
„Akne und andere Hautprobleme in der Pubertät“, Referat von Dr. med. Martin Theiler am FOMF Pädiatrie Update Refresher am 27. Oktober 2020 in Zürich.


Bearbeiteter und genehmigter Nachdruck aus Ars medici Dossier 7, 2021. Die Nennungen von Präparaten wurden gemäß der Verfügbarkeit in Deutschland angepasst.


Autorin:
Renate Bonifer

Erschienen in: DERMAforum, 2022; 26 (3) Seite 18
Dieser Beitrag wurde ursprünglich auf doctors.today publiziert.

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