Umweltgefahr durch topisches Diclofenac

Dr. Elke Ruchalla

Topisch angewendet zeigt Diclofenac kaum Wirkung, sorgt aber rund um den Globus für gewaltige Umweltprobleme. Topisch angewendet zeigt Diclofenac kaum Wirkung, sorgt aber rund um den Globus für gewaltige Umweltprobleme. © Kate - stock.adobe.com

Topisch angewendet zeigt Diclofenac kaum Wirkung, sorgt aber rund um den Globus für gewaltige Umweltprobleme. Warum es an der Zeit ist, den Gebrauch des NSAR kritisch zu hinterfragen.

Allein in Deutschland lassen sich mehr als 400 unterschiedliche Arzneimittelrückstände in den Abläufen von Kläranlagen, Oberflächengewässern, Sedimenten, Grundwasser und Böden nachweisen. Global gesehen ist das Problem noch größer: Eine Datenbank des Umweltbundesamtes listet zu dieser Problematik fast 1.000 Wirkstoffe samt Transformationsprodukten in 89 Ländern auf.

In dieser Hinsicht besonders heikel ist Diclofenac, wie Autorinnen und Autoren um Dr. Gerd Maack vom Fachgebiet Arzneimittel des Umweltbundesamts in Dessau-Roßlau beschreiben. Die Gruppe berichtet etwa von einem Massensterben unter Geiern, bei dem Ende der 1990er-Jahre auf dem indischen Subkontinent 95 % der Tiere verendeten. Auslöser der ökologischen Katastrophe war Diclofenac, das über die Kadaver von Kühen in die Vögel gelangt war. Nachfolgend stellte sich heraus, dass sich auch andere Wildvögel mit der Substanz vergiftet hatten und umgekommen waren.

Palliativ versorgte Kühe brachten Geiern den Tod

Hintergrund ist, dass aufgrund der kulturellen Gepflogenheiten bestimmter Hindugemeinschaften die Rinder palliativ mit dem NSAR behandelt worden waren. Die Substanz wurde daraufhin in den betroffenen Ländern als Tierarzneimittel verboten und durch das für Geier ungefährliche Meloxicam ersetzt.

Das Problem betrifft aber nicht nur Indien und die benachbarten Länder. So ließ sich Diclofenac vor einigen Jahren auch in Spanien in toten Geierküken nachweisen. Dort dürfen seit 2011 wieder verendete Rinder, Schafe und Schweine auf den Weiden liegen bleiben bzw. werden an sogenannten Geierrestaurants ausgelegt. Damit sollen die Aasfresser mit Futter versorgt und die Geierpopulationen stabilisiert werden.

Zwei Jahre nach der Gesetzesänderung wurde in Spanien jedoch Diclofenac als Tierarznei erlaubt. Berechnungen zufolge reicht es aus, wenn nur 0,13–0,75 % der Nahrung mit Diclofenac verseucht ist, um eine Geierpopulation nachhaltig zu schädigen. Und da Geier von Natur aus sehr weite Strecken zurücklegen, dürften auch die in Deutschland und im restlichen Europa lebenden Vögel gefährdet sein. In Deutschland ist Diclofenac als Tierarzneimittel nicht zugelassen.

Geier sind jedoch nicht die einzigen Tiere, die durch Diclofenac bedroht sind. Über die Kanalisation gelangt die Substanz in die aquatischen Ökosysteme und reichert sich in den Nahrungsketten an. Die derzeit in Deutschland installierten kommunalen Kläranlagen können maximal die Hälfte des Diclofenacs aus dem Wasser entfernen.

Das Paradoxe ist, dass Diclofenac in Cremes oder Gelen, wie sie lokal etwa beim unspezifischen Rückenschmerz zum Einsatz kommen, kaum wirken: Nur ca. 4 % des Wirkstoffs werden über die Haut aufgenommen, der Rest gelangt ungenutzt in die Umwelt. In der entsprechenden Versorgungsleitlinie wird daher bei unspezifischen Kreuzschmerzen von topischem Diclofenac abgeraten. 

Wer nicht auf das Gel verzichten will, sollte sich nach dem Eincremen zunächst die Hände mit einem Tuch reinigen, das in den Hausmüll gehört, und sich erst dann die Hände waschen. Einer Modellierung zufolge könnte dies den Abwässern ca. 60 % des Diclofenacs ersparen.

Quelle: Maack G et al. internistische praxis 2025; 69: 139-148

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