
Venetoclax-Resistenz lässt sich womöglich erfolgreich mit PROTAC behandeln

Zielgerichtete Substanzen wie Bruton-Tyrosinkinase-Inhibitoren (BTKi) und BCL2-Inhibitoren wie Venetoclax (Ven) prägen die Behandlung der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL). Es besteht allerdings ein hoher Bedarf an neuen Optionen für jene Patient:innen, die gegen beide Substanzklassen resistent sind.
US-amerikanischen Forschenden gelang es nun, molekulare Veränderungen zu identifizieren, die mit der Resistenzentwicklung gegen Venetoclax bei der doppelt-resistenten CLL einhergehen. Mit einem speziellen Inhibitor machten sie die damit verbundenen Umprogrammierungen im Apoptose-Signalnetzwerk auf Proteinebene wieder rückgängig. Die Daten stellte Dr. Daisy Diaz Rohena vom MD Anderson Cancer Center in Houston vor.
Das Team fand mithilfe von Single-Cell-RNA-Sequenzierung heraus, dass bei CLL-Patient:innen mit Resistenz gegen Ven/BTKi auf dem Weg zum Rezidiv eine transkriptionelle Umprogrammierung stattfindet, die die Balance apoptotischer und antiapoptotischer Prozesse verändert. Im Fokus standen dabei Veränderungen rund um die BCL-Proteinfamilie.
Pro- und Anti-Apoptose aus dem Gleichgewicht
Es wurden mehrere Zell-Cluster gefunden – darunter rezidivspezifische Subgruppen mit veränderter Expression von pro- und anti-apoptotischen Genen wie BCL2, MCL1, BCL2L1 (BCL-XL) und PMAIP1/NOXA, die eine veränderte Balance im Apoptose-Signalnetzwerk nahelegen. TP53-, BTK- und PLCG2-Mutationen dominierten die rezidivierte Population, während BCL2-Alterationen im Rezidiv in kleinen Subklonen auftraten.
Dr. Rohena zufolge fiel vor allem die Expansion eines Clusters mit initial niedrigem BCL2 auf, der mit einer Aktivierung des NF-κB-Signalwegs, der Hochregulation von Genen wie BCL2A1/BFL-1 und MCL1 sowie von p53-Zielgenen (CDKN1A/p21 und GADD45A) assoziiert war. Dass sich dieser Cluster nur bei der TP53-mutierten CLL, nicht jedoch beim TP53-Wildtyp fand, nährte die Vermutung der Forschenden, dass die Resistenzentwicklung unter dem Einfluss von TP53-Mutationen stattfand. Häufig fanden sich auch Cluster mit herunterreguliertem BCL2 und hochreguliertem BCL2L1/BCL-XL – aber stets waren von den genetischen Alterationen die BCL Proteinfamilie und ihr Umfeld betroffen.
Wichtig für die Apoptose
BAX und BAK sind wichtige Apoptoseregulatoren, die durch Bildung einer apoptotischen Pore den entscheidenden Schritt der Permeabilisierung der äußeren mitochondrialen Membran vermitteln. Dadurch wird der programmierte Zelltod ausgelöst.
Fähigkeit zur Aktivierung bestimmter Proteine verloren
Funktionelle Test ergaben, dass bei den CLL-Zellen, die nicht mehr auf Ven ansprachen, wie erwartet auch eine Blockade der Apoptosemaschinerie auf Proteinebene vorlag. Dies äußerte sich insbesondere durch die Unfähigkeit, die porenbildenden Proteine BAK/BAX zu aktivieren (s. Kasten) – obwohl die dazu notwendigen Komponenten vorhanden waren. Besonders auffallend war eine funktionelle Koabhängigkeit von BCL2 und alternativen antiapoptotischen Proteinen, vor allem BCL-XL.
Die Wissenschaftler:innen entwickelten daraufhin eine therapeutische Strategie, die das Ziel verfolgte, die an der gestörten Apoptose beteiligten Hauptproteine BCL-2 und BCL-XL gezielt auszuschalten. Dabei setzten sie nicht auf klassische small molecules zur Proteininhibition, sondern auf die Arzneistoffklasse der PROTAC* – heterobifunktionale Moleküle, die auf die Proteolyse ihrer Zielstrukturen abzielen. Sie nutzen das Ubiquitin-Proteasom-System, um ihre Targets abzubauen und damit zu entfernen. Eingesetzt wurde der aus Navitoclax weiterentwickelte PROTAC WH25244, der letztlich die Degradation von BCL2- and BCL-XL-Proteinen bewirkt.
Die Wirksamkeit von WH25244 konnte bereits in präklinischen Modellen und in Tieren bestätigt werden. In Experimenten an Zellkulturen wurde laut Dr. Rohena gezeigt, dass WH25244 etwa die Hälfte des mutierten BCL2-Proteins degradierte und auf diese Weise die Apoptose regenerieren konnte.
In Proben einiger Erkrankter mit Ven-resistenter CLL konnten die Forschenden die zuvor gestörte Aktivierung von BAK/BAX effektiv wiederherstellen. Besonders wirksam war WH25244 bei Proben mit BCL2-Mutationen und koexistierenden TP53-, BTK- und PLCG2-Veränderungen. Dr. Rohena verwies darauf, dass WH25244 aufgrund seines speziellen Wirkmechanismus keine Toxizität gegenüber Thrombozyten aufweist – ein wichtiger Faktor, wenn es um die weitere klinische Entwicklung des PROTAC geht.
* Proteolysis-Targeting Chimeras
Quelle:
Rohena DD et al. EHA 2025; LB4003
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