
Wann diese Behandlungsstrategie ein zweites Mal wirkt

Wird die Anti-EGFR-Therapie beendet, gehen die Klone mit erworbenen RAS- und EGFR-Mutationen wieder zurück, erklärte Prof. Dr. Dr. Dirk Arnold vom Asklepios Tumorzentrum Hamburg.1 Es wurde eine Halbwertszeit dieser Klone von 4,4 Monaten berichtet, was eine erneute EGFR-Therapie in Folgelinien möglich mache.
Die OrigAMI-1-Studie ist eine Phase-1b/2-Studie, in der Forschende eine Monotherapie mit dem bispezifischen EGFR-MET-Antikörper Amivantamab bei Erkrankten mit nicht-resektablem oder metastasiertem kolorektalem Karzinom und Wildtyp-Status (WT) von KRAS/NRAS/BRAF untersuchen. In Kohorte B der Studie, über die der Experte berichtete, wurden 54 Patient:innen mit linksseitigem mCRC nach zwei bis drei vorhergehenden Therapielinien eingeschlossen, die bereits eine Anti-EGFR-Therapie erhalten hatten. Um die Effektivität der Rechallenge mit Amivantamab in Abhängigkeit von der Zeit seit der letzten EGFR-gerichteten Behandlung zu analysieren, wurden zwei Gruppen definiert. In einer war die Amivantamab-Therapie nach mehr und in der anderen nach weniger als der zweifachen Halbwertszeit von Resistenzklonen (8,8 Monate) begonnen worden.
Die Gesamtansprechrate (ORR) in der Gesamtkohorte lag bei 19 %, die Krankheitskontrollrate (DCR) bei 72 %. Lag die letzte EGFR-gerichtete Therapie länger als 8,8 Monate zurück, sprachen 32 % der Patient:innen auf Amivantamab an und die DCR erreichte 88 %. War der Zeitraum kürzer, betrug die ORR 7 %, die DCR 59 %. Das mediane progressionsfreie Überleben bezifferte Prof. Arnold für die Gesamtkohorte auf 4,6 Monate, das mediane Gesamtüberleben auf 14,0 Monate. Waren seit der letzten Anti-EGFR-Therapie mehr als 8,8 Monate vergangen, betrug das mediane PFS mit Amivantamab 7,0 Monate und das mediane OS 16,1 Monate. Bei früherer Anti-EGFR-Rechallenge lag das mediane PFS bei 2,8 Monaten und das mediane OS bei 10,4 Monaten. Das Risiko für Progress oder Tod fiel bei dem längeren gegenüber dem kürzeren Intervall um 52 % geringer aus, das Sterberisiko um 44 %.
Hatten Teilnehmende in der Vorlinie auf eine Anti-EGFR-Therapie angesprochen, profitierten sie auch auch wahrscheinlicher von der Rechallenge (ORR 60 % vs. 0 % bei vorherigem Nichtansprechen). Das mediane PFS lag dann bei 9,0 Monaten, für vorherige Non-Responder:innen bei nur 1,8 Monaten. Eine Anti-EGFR-Rechallenge mit Amivantamab ist demnach am ehesten bei Patient:innen mit linksseitigem mCRC und RAS/BRAF-Wildtyp effektiv, wenn die letzte EGFR-gerichtete Therapie mindestens neun Monate zurückliegt und darunter ein Ansprechen erreicht wurde.
Präzisere EGFR-Selektion möglich
Wünschenswert wäre eine noch bessere Selektion für eine EGFR-gerichtete Rechallenge mithilfe von Biomarkern. Eine Möglichkeit ist der Test auf zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA), berichtete Dr. Paolo Ciracì vom Universitätskrankenhaus in Pisa.2 In der Phase-2-Studie PARERE verglichen Fachleute zwei Therapiesequenzen (Panitumumab vor Regorafenib oder vice versa) bei chemotherapierefraktären, EGFR-Inhibitor-vorbehandelten Patient:innen mit mCRC und KRAS/BRAF-Wildtyp in der ctDNA-Testung.
Voraussetzung war, dass die Erkrankten auf eine erste Anti-EGFR-Therapie mindestens mit einer sechsmonatigen stabilen Erkrankung angesprochen hatten und seitdem eine weitere Linie ohne diese Substanzklasse erhalten hatten. 62,0 % der Gescreenten erfüllten alle Kriterien und wurden in die Studie eingeschlossen. Mehr als ein Drittel der Betroffenen (38 %), die eigentlich für eine Anti-EGFR-Rechallenge infrage gekommen wären, wiesen eine molekulare Resistenz auf. Sie konnten anhand der ctDNA als diejenigen identifiziert werden, die nicht von einer Reexposition profitieren.
Mit dem EGFR-Antikörper Panitumumab als erster Studienmedikation wurde eine höhere ORR (16 % vs. 2 %; p < 0,001) und DCR (59 % vs. 32 %; p < 0,001) erreicht als mit dem Multikinaseinhibitor Regorafenib. Das mPFS1 betrug mit Panitumumab 4,1 Monate, mit Regorafenib 2,4 Monate (p = 0,116). Der Vorteil des EGFR-Antikörpers gegenüber dem TKI setzte sich auch in der nachfolgenden Linie fort.
Kein PFS-Vorteil zugunsten von Panitumumab, ob zuerst oder nach Regorafenib, zeigte sich bei 19 Patient:innen mit Mutationen im ctDNA-Test, die eine Resistenz gegenüber einem EGFR-Antikörper begründen können. Dazu zählten EGFR-, MAP2K1-, PIK3CA-, ERBB2-, AKT- oder BRAF-Klasse-I/II-Mutationen. Eine solche ctDNA-Hyperselektion stellt laut dem Kollegen eine differenziertere Möglichkeit für die Selektion der Patient:innen mit RAS/BRAF-ctDNA-Wildtyp dar, die wahrscheinlich nicht von einer Anti-EGFR-Challenge profitieren.
Quellen:
1. Arnold D et al. ESMO Gastrointestinal Cancers Congress 2025; Abstract 6MO
2. Ciracì P et al. ESMO Gastrointestinal Cancers Congress 2025; Abstract 4O
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