Warzentherapie: Vereisung ein totaler Flop, intraläsionale Injektionen neu im Rennen

Dr. Sascha Bock

Paraonychale Warzen halten sich vor allem bei Erwachsenen hartnäckig und sind schwierig zu behandeln. Paraonychale Warzen halten sich vor allem bei Erwachsenen hartnäckig und sind schwierig zu behandeln. © fotolia/muro

Die Kryotherapie hat nichts gebracht und für den Warzenbesprecher ist Ihr Patient mit widerspenstigen Verrucae dann doch zu alt. Geht‘s jetzt am besten mit Salicylsäure weiter? Oder sollten Sie bei hohem Leidensdruck vielleicht etwas Neues ausprobieren, z.B. einen MMR-Imfpstoff in die Warze spritzen?

"Selbstverständlich muss nicht jede Warze behandelt werden“, sagte Professor Dr. Dietrich Abeck, niedergelassener Dermatologe in München. Bei einem Kind beispielsweise eignen sich zwei Fragen, um den Therapiebedarf zu klären:

  • Tut was weh (Druck)?
  • Leidest du darunter (sich entstellt fühlen, gehänselt werden etc.)?

Verneint der junge Patient beides, können ihm Abtragen und Keratolyse erspart bleiben. Zumal im Kindesalter die Chancen sehr gut stehen, dass eine Verruca binnen zwölf Monaten spontan abheilt.

Bei Erwachsenen sieht die Sache anders aus. Ohne äußeres Eingreifen halten sich die meisten Warzen hartnäckig. Über die Therapie entscheidet auch bei diesen Patienten der Leidensdruck. Störende Verrucae plantares z.B. lassen sich gut mit einer Ringkürette in der Praxis oberflächlich wegkratzen. Die Warze an sich bleibt zwar, aber der Betroffene ist sofort erscheinungsfrei, so Prof. Abeck. Zum Abtragen sollte man wegen des Verletzungsrisikos übrigens niemals ein Skalpell zur Hand nehmen.

Laser erfüllt den gleichen Zweck wie die Ringkürette

So gut wie jeder, der seine epitheliale Geschwulst loswerden will, hat bereits ein Vereisungsspray ausprobiert. Doch die Kryotherapie kann man laut dem Experten vergessen: „Sie bringt bei Warzen null Komma null.“ Die Lasertherapie sei zwar nett, erfülle allerdings den gleichen Zweck wie die wesentlich billigere Ringkürette (mechanische Abtragung). Und Monochloressigsäure zum Verätzen hält Prof. Abeck gar für relativ gefährlich. Die Anwendung sollte sich auf die Praxis beschränken oder Patienten vorbehalten bleiben, die gut damit umzugehen wissen.

Zur Keratolyse eignet sich Salicylsäure. Von entsprechenden Pflas­tern rät der Experte allerdings ab: Bei falschem Gebrauch können sich Warzengeplagte damit eher schaden. Besteht ein hoher Leidensdruck, verordnet Prof. Abeck gerne die Kombilösung mit 0,5 % Fluorouracil/ 10 % Salicylsäure für 16 Wochen. Diese trägt der Patient morgens und abends auf. Ein bis zweimal pro Woche sollte zusätzlich ein Schmierseifenbad mit nachfolgender Kürettage erfolgen. Vor einer Virenverbreitung über die eventuell blutende Wunde müssen sich die Betroffenen nicht fürchten: „Das Blut ist steril“, erinnerte der Referent.

Der Schwimmbad-Mythos

Der Feind mit Warzen sitzt zu Hause, betonte Prof. Abeck. Für das Infektionsrisiko im Kindesalter sind weder das Duschen in öffentlichen Einrichtungen noch Schwimmbadbesuche oder Barfußgehen verantwortlich. Vorwiegend lauern die HP-Viren bei einem an Verrucae erkrankten Familienmitglied.

Kinder sind zum dritten Impf­termin oft warzenfrei

Darüber hinaus gibt es inzwischen weitere Therapieoptionen, die auf der Pathophysiologie vulgärer Warzen beruhen. Schließlich bedingt eine lokale Abwehrschwäche gegen HP-Viren die Entstehung, im Bereich der Hände und Füße vorwiegend die Virustypen 1, 2, 4, 27 und 57. Beim Impfstoff Gardasil® wurde schon immer spekuliert, dass es eine Kreuzreaktion zu anderen HPV-Typen gibt, erklärte Prof. Abeck. Studien an Patienten mit behandlungsresistenten Warzen unterstützen diese Theorie.

„Blöde Warze, hau jetzt ab!“

Nutzen Sie zur Therapie von Warzen bei Kindern doch mal die Kraft der Suggestion! Prof. Abeck dokumentiert den Hautbefund bei Erstvorstellung mit einem Foto und bringt seinen jungen Patienten zwischen sieben und zwölf Jahren folgenden Satz bei: „Blöde Warze, hau jetzt ab, sonst kommt der Doktor und schneid‘ dich ab.“ Über vier Wochen sollen die Kinder ihre Warze mit diesen Worten konfrontieren – jeden Abend vor dem Schlafengehen. In 40 % der Fälle klappt es, so die Erfahrung des Experten. Erstaunlicherweise hören die Warzen besser und heilen deutlicher ab, wenn der Satz tatsächlich ausgesprochen wird! Das ergab eine Studie, die die Artikulation dem gedanklichen Aufsagen der abschreckenden Worte gegenüberstellte. Der Trick funktioniert aber nur in einem Alter, in dem sich die Patienten einen Effekt auch vorstellen können. Erwachsene brauchen ihre Hände oder Füße abends also nicht anzubrüllen ...

MMR-Antigene spritzen, damit HPV erkannt wird

Der Dermatologe hat bislang 40 bis 50 Kinder, die unter mutiplen Läsionen und jahrelangem Leidensdruck gelitten hatten, erfolgreich mit der quadrivalenten Vakzine therapiert – gemäß Zulassung ab neun Jahre. Die Mehrzahl der Patienten erschien zum dritten Impftermin nach sechs Monaten warzenfrei. „Bis zum 11. Lebensjahr klappt dieses Vorgehen sehr gut, da das Immunsystem von Kindern noch deutlich modifizierbar ist“, so die Erfahrung des Experten. Auch bei persistierenden Verrucae im Erwachsenenalter liegt das Problem darin, dass der Körper die Viren nicht erkennt. Gut 10 % der Geschwülste heilen laut Prof. Abeck trotz umfangreicher Therapie nie ab. Für extreme Fälle kommt dann die intraläsionale Immuntherapie infrage. Bei diesem neuen Ansatz, der bereits in einigen Studien untersucht wurde, spritzt man eine MMR-Vakzine vier Mal im Abstand von je 14 Tagen direkt in eine Warze hinein. Die injizierten Antigene dienen quasi als Lockstoff zur „indirekten Impfung“. Das Immunsystem soll getriggert werden und HPV künftig als Eindringling identifizieren. Für den Erfolg benötigt man ein bekanntes Antigen. Die Wahl fiel auf die MMR-Vakzine, weil die meisten Menschen diesen Schutz bereits erhalten haben.

Immuntherapie kann jeder in der Praxis durchführen

Je mehr Warzen den Patienten plagen, desto sinnvoller ist das Ganze, erklärte Prof. Abeck – dabei genügt es, in jeder Sitzung so viel Impfstoff wie möglich in eine der multiplen Läsionen zu spritzen, um alle zum Verschwinden zu bringen. Die Abheilungsrate liegt bei 70 %. Nach der Behandlung dauert es meist noch acht Wochen, bis sich keine Verrucae mehr auf der Haut finden lassen. Die Injektionen könne jeder Kollege in der Praxis durchführen, der Zeitaufwand beträgt dem Dermatologen zufolge nur fünf Minuten. Allerdings muss der Patient die teure Therapie selbst zahlen.

Quelle: 42. practica, Kongressbericht

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Paraonychale Warzen halten sich vor allem bei Erwachsenen hartnäckig und sind schwierig zu behandeln. Paraonychale Warzen halten sich vor allem bei Erwachsenen hartnäckig und sind schwierig zu behandeln. © fotolia/muro