
Was für Therapie und Rezidivprophylaxe wichtig ist

Ein 47-jähriger Patient stellt sich in der Notaufnahme mit einem Hämoglobin(Hb)-Wert von 4,5 g/dl vor, inklusive unter anderem Luftnot, Belastungsintoleranz und Blässe – also ein Notfall, denn sinkt die Hb-Konzentration unter 6 g/dl, bestehe das Risiko einer Koronarischämie, hob Dr. Wolfgang Blau, Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken, Wiesbaden, hervor. Auffällig waren zudem eine Laktatdehydrogenase von ca. 1.300 und ein Bilirubinwert von 7,0. „Da hat man schon einen gewissen Hinweis für die Hämolyse“, so der Kollege.
Wichtige Hämolyseparameter, die es dann zu bestimmen gilt, sind Retikulozyten, Haptoglobin und Autoantikörper. Der Retikulozytenwert gebe an, ob das Knochenmark funktioniert oder nicht; im vorliegenden Fall war er erhöht. Haptoglobin transportiere zerfallenes Hb in die Leber zurück, erläuterte der Referent.
Der Mann erhielt eine Transfusion mit vier Erythrozytenkonzentraten. Bei Krankheiten wie der Autoimmunhämolyse sei dies umstritten, da man neue Erythrozyten/Antigene in das „überschießende Immunsystem“ hinein gibt. Es bestehe die Sorge, dadurch die weitere Hämolyse zu triggern, sagte Dr. Blau. Bei seinem Patienten sei die Transfusion aber aufgrund des niedrigen Hb alternativlos gewesen. Dieses stieg schließlich auf 7,9 g/dl. Die Kolleg:innen wiesen zudem Wärmeantikörper vom Typ IgG nach, was zur Diagnose der rezidivierenden autoimmunhämolytischen Anämie vom Wärmetyp (wAIHA) führte.
Die Kälteagglutininerkrankung
Der wAIHA gegenüber steht die Kälteagglutininerkrankung, hervorgerufen durch IgM-(kappa)-Antikörper. Diese werden oft durch einen Morbus Waldenström gebildet, die Komplementaktivierung erfolgt insbesondere durch Kälte. Das führt schließlich zur Hämolyse. Klinisch imponieren Mikrozirkulationsstörungen mit Akrozyanose, Raynaud-Phänomen und Nekrosen.
Diese Erkrankung spricht auf Steroide nicht an; im Fokus steht die Behandlung des Lymphoms mit Rituximab (+ Bendamustin). Moderne Therapien umfassen die BTK-Inhibitoren Ibrutinib und Zanubrutinib. Neu ist auch der Komplementantikörper Sutimlimab.
Therapieoptionen bei wAIHA
Die wAIHA sei mit 70 % die häufigste Ursache einer Hämolyse, sagte der Experte. Sie trete in der Hälfte der Fälle idiopathisch und in den anderen 50 % sekundär auf, z. B. bei CLL oder HIV-Infektion. Nachgewiesen wird sie durch den Coombs-Test (IgG, IgA, IgM und Komplement). Dieser fällt allerdings zu 5 % falsch-positiv und bis zu 10 % falsch-negativ aus.
Die Notfalltherapie der wAIHA, die der Patient z. T. ebenfalls erhielt, besteht aus:
- Steroiden: Prednison 1–2 mg/kg für drei bis vier Wochen, Ausschleichen über drei bis sechs Monate; darauf sprechen 80–90 % an, eine dauerhafte Heilung stellt sich bei 20–30 % ein.
- verordnungsfähig, aber off label: Rituximab mit 375 mg/m2 wöchentlich über vier Wochen (alternativ 100 mg, 2 x 1.000 mg absolut Tag 1 + 15); das Ansprechen beträgt 80 %, 60 % sind nach drei Jahren ohne Rezidive.
Off label können polyvalente intravenöse Immunglobuline (1 mg/kg verteilt über ein bis drei Tage; Wirkdauer sechs Wochen) gegeben werden. Bei der Autoimmunhämolyse kommen sie aber nur selten zum Einsatz. Dr. Blau merkte an: „Man gibt sie manchmal in der verzweifelten Situation.“
Ebenfalls selten angewandt werden Cyclophosphamid („Endoxan-Stoß“) sowie ein Plasmaaustausch. Eine Splenektomie zur Therapie der wAIHA stellt in Deutschland eine Rarität dar. Die Rezidivprophylaxe erfolgt potenziell u. a. mit Azathioprin, Mycophenolat und Cyclophosphamid oral.
Quelle:
Blau W. 131. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin; Vortrag „Hämolyse“
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