
Was tun bei Blutungen oder Ischämien unter NOAK?

In den großen NOAK-Studien betrug die Schlaganfallrate unter Antikoagulation 1–2 % pro Jahr, berichtete Prof. Dr. David Seiffge von der Universitätsklinik für Neurologie am Inselspital in Bern. Die Frage ist: Soll dann eine Thrombolyse durchgeführt werden oder nicht? Die aktuellen Leitlinien raten alle davon ab. In Beobachtungsstudien – mit allerdings geringen Fallzahlen – gab es aber keine Evidenz für ein erhöhtes Blutungsrisiko.
Effekt einer Antagonisierung von Dabigatran geprüft
2023 erschien eine multizentrische retrospektive Kohortenstudie mit 33.207 Schlaganfallpatientinnen und -patienten, bei denen eine Thrombolyse gemacht wurde. 832 hatten innerhalb der vorausgegangenen 48 Stunden ein NOAK eingenommen. 252 Teilnehmende unter Dabigatran erhielten eine Antagonisierung mit Idarucizumab, bei 225 fand eine Spiegelbestimmung der jeweiligen NOAK statt. Die restliche Gruppe bekam die Lyse ohne diese Maßnahmen. Primärer Endpunkt war eine symptomatische intrazerebrale Blutung (ICB) innerhalb von 36 Stunden nach der Intervention.
Deren Rate lag unter NOAK insgesamt bei 2,5 % vs. 4,1 % bei Patientinnen und Patienten ohne Antikoagulation (adjustierte Odds Ratio, aOR, 0,57). In Bern geht der Trend daher inzwischen klar hin zur Lyse – nach individueller Nutzen-Risiko-Abwägung. Über die Antagonisierung von Dabigatran wird im Einzelfall entschieden, eine Grenze in den NOAK-Spiegeln zieht das Team um Prof. Seiffge nicht mehr.
PD Dr. Stefan Gerner von der Neurologischen Klinik am Uniklinikum Erlangen befasste sich mit der gegenteiligen Komplikation unter einer NOAK-Therapie: der ICB. Der einzige modifizierbare Prognoseparameter ist in diesem Fall die Hämatomgröße. Das oberste Ziel lautet daher, eine weitere Ausdehnung zu verhindern.
Bei spontanen ICB gibt es eine Nachblutungsrate von etwa 20 %, bei ICB unter NOAK von 30 %. Es scheint sich fast um eine eigene Entität zu handeln, erklärte Dr. Gerner. Denn es kommt dabei viel häufiger zu intraventrikulären Einblutungen und diese ICB gehen mit einem deutlich schlechteren funktionellen Outcome sowie einer höheren Mortalität einher.
Bei Andexanet ggf. Rebound-Effekt des NOAK-Spiegels
Die Akuttherapie ruht auf zwei Säulen: aggressive Blutdrucksenkung und Korrektur der Hämostase. Letztere gelingt bei Vitamin-K-Antagonisten mit einem Prothrombinkonzentrat plus Vitamin K. Bei Dabigatran zeigt Idarucizumab recht guten Erfolg und kann laut Leitlinie erwogen werden. Der Stellenwert der Faktor Xa-Antagonisierung mit Andexanet alfa bleibt dagegen noch unklar. Diese Maßnahme hat wohl einen guten Einfluss auf die Hämatomexpansion, erhöht aber die Rate an thromboembolischen Ereignissen erheblich. Dazu kommt ein nicht zu vernachlässigender Rebound-Effekt in Bezug auf die Spiegel der entsprechenden NOAK. Dr. Gerner würde daher „gefühlt“ nur High-Risk-Fälle damit antagonisieren.
Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern und durchgemachter ICB haben ein deutlich erhöhtes Schlaganfallrisiko im Vergleich zu Menschen mit VHF ohne ICB, erklärte PD Dr. Franziska Wagner von der Klinik für Neurologie am Universitätsklinikum Jena. In einer großen Kohortenstudie betrugen die Raten 19,3 vs. 3,5 Ereignisse pro 100 Patientenjahre.
Dr. Wagner erinnerte an die Möglichkeit, das linke Vorhofohr zu verschließen (left atrial appendage occlusion, LAAO). Diese Intervention zeigte sich in Studien in puncto Major-Blutung signifikant gegenüber einer Antikoagulation überlegen und nicht unterlegen in der Verhinderung von Tod, Schlaganfällen und systemischen Embolien. Diese Nichtunterlegenheit wird derzeit noch einmal in einer laufenden Studie geprüft. Dr. Wagner riet aber schon jetzt, im Falle einer Ablation den LAAO gleich mit zu erwägen.
Quelle: Kongressbericht - Arbeitstagung Neurointensivmedizin 2025
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