Wenn Immuncheckpoint-Inhibitoren das Fettgewebe zum Schmelzen bringen

Dr. Melanie Söchtig

Fettgewebe, das plötzlich verschwindet – ausgelöst durch Immuncheckpoint-Inhibitoren. Fettgewebe, das plötzlich verschwindet – ausgelöst durch Immuncheckpoint-Inhibitoren. © katestudio - stock.adobe.com

Fettgewebe, das plötzlich verschwindet – ausgelöst durch Immuncheckpoint-Inhibitoren. Eine seltene, aber drastische Nebenwirkung offenbart die dunkle Seite moderner Krebstherapien und zwingt zur Neubewertung gängiger Behandlungspfade.

Immuncheckpoint-Inhibitoren sind vor allem in der Onkologie weit verbreitet. Die meisten Nebenwirkungen dürften daher für Verordnerinnen und Verordner keine Überraschung darstellen. Eine Ausnahme bilden Lipodystrophien.

Bis zu 40 % der Menschen, die Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) bekommen, erleiden immunbedingte unerwünschte Ereignisse (immune-related Adverse Events, irAE), die die Haut betreffen. Lipodystrophien (LD) treten im Gegensatz zu anderen, relativ bekannten und häufigen kutanen irAE lediglich in Ausnahmefällen auf. Forschende aus Buenos Aires haben in einer Fallserie die klinischen Merkmale von ICI-induzierten Lipodystrophien (ICI-LD) näher unter die Lupe genommen. Eingeschlossen in die retrospektive, multizentrische Studie wurden Patientinnen und Patienten, die zwischen 2015 und 2023 (und vor dem Auftreten einer Lipodystrophie) mindestens eine Dosis eines gegen PD-1, PD-L1 oder CTLA-4* gerichteten Immuncheckpoint-Inhibitors erhalten hatten.

Teilnehmende litten an sechs verschiedenen Tumorentitäten

Die Auswertung umfasste Daten von 13 Teilnehmenden aus zehn Zentren in fünf Ländern. Fünf hatten ein primäres Melanom, drei ein nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom, zwei ein Nierenzellkarzinom und jeweils eine Person hatte ein hepatozelluläres Karzinom, Brustkrebs und ein Leiomyosarkom.

In sieben Fällen wurde eine lokalisierte LD festgestellt (d. h. eine Region betroffen), in zwei Fällen eine partielle (zwei bis drei Regionen) und in vier Fällen eine generalisierte (mehr als drei Regionen). Die Symptome traten im Mittel nach 9,4 ICI-Dosen auf. Dabei wiesen die meisten Erkrankten (n = 12) einen raschen Fettabbau ohne zuvorige Erytheme oder Ödeme auf. Lediglich bei einem Patienten gingen dem Fettverlust diffuse Erytheme und Ödeme an den Beinen voraus. Das Autorenteam schließt aus, dass ein anderes Medikament als ICI die Lipodystrophie ausgelöst haben könnte.

Bei acht Teilnehmenden wurden Hautbiopsien entnommen, die eine Atrophie des Fettgewebes zeigten. Sechs Proben wiesen ein lymphozytäres Infiltrat auf, das mit atrophischen Adipozyten assoziiert war. Bei einem Patienten wurde eine lobuläre Pannikulitis diagnostiziert (Lymphozyten um normal große Adipozyten). In zehn Fällen traten weitere  kutane Nebenwirkungen auf. Dabei handelte es sich um Hautausschläge (n = 6), Juckreiz (n = 3) und Vitiligo (n = 2). Darüber hinaus kam es bei drei Behandelten zu metabolischen Komplikationen. So wurde jeweils ein Fall von Diabetes, Hypertriglyceridämie/hepatische Steatose und Thyreoiditis berichtet.

Diese Studie bietet Einblicke in das seltene Auftreten von ICI-LD, einer ungewöhnlichen Nebenwirkung, die durch einen späten Beginn und ein schnelles Fortschreiten gekennzeichnet ist und häufig zu einer Änderung der Behandlungstrategie führt, schreibt das Autorenteam. Allerdings lasse die begrenzte Teilnehmerzahl nur bedingt Rückschlüsse auf Kausalität und Assoziationen zu. Sie füge dem vielfältigen irAE-Spektrum jedoch eine weitere Komplexitätsebene hinzu und zeige, dass eine Dysregulation des Immunsystems das Fettgewebe beeinflussen kann.

*programmed cell death protein 1; programmed death-ligand 1; cytotoxic T-lymphocyte-associated protein 4

Quelle: Riganti J et al. JAMA Dermatol 2025; doi: 10.1001/jamadermatol.2025.0359

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