Wie sich Benzodiazepine sicher ausschleichen lassen

Dr. Andrea Wülker

Benzodiazepine überzeugen als angstlösende und sedierende Medikamente. Benzodiazepine überzeugen als angstlösende und sedierende Medikamente. © Semi - stock.adobe.com

Benzodiazepine überzeugen als angstlösende und sedierende Medikamente. Doch das hohe Abhängigkeitsrisiko bei Langzeitgebrauch ist bekannt. Eine neue Leitliine gibt Empfehlungen für ein sicheres Ausschleichen.

Viele Menschen, gerade auch ältere, nehmen Benzodiazepine ein. Oft geschieht das über längere Zeiträume hinweg. Das ist riskant, denn schon bei einer Einnahme über wenige Wochen droht eine körperliche Abhängigkeit. Dann kann das abrupte Absetzen zu schweren Entzugssymptomen führen. Ein Ausschleichen von Benzodiazepinen ist in der Regel angezeigt, wenn die Risiken der fortgesetzten Einnahme größer sind als der Nutzen.

Die American Society of Addiction Medicine (ASAM) verfasste zusammen mit weiteren Fachgesellschaften unter der Federführung von Dr. Emily Brunner von der Hazelden Betty Ford Foundation, Minneapolis, eine Leitlinie zum sicheren Absetzen der Sedativa. Diese zielt auf die Behandlung von Erwachsenen ab, die regelmäßig Benzodiazepine einnehmen und körperlich von ihnen abhängig oder dafür gefährdet sind.

Wenn Personen die Medikamente über längere Zeit verordnet bekommen, sollte mindestens alle drei Monate überprüft werden, ob der Nutzen größer ist als das Risiko. Bei Menschen, die gleichzeitig Opioide einnehmen oder die eine Substanzmissbrauchsstörung bzw. zusätzliche Risikofaktoren für unerwünschte Wirkungen haben, legt das Expertenteam nahe, die Indikation für einen weiteren Benzodiazepineinsatz in kürzeren Abständen zu überprüfen.

Bei Menschen ab 65 Jahre wird generell ein Ausschleichen der Substanzen empfohlen – es sei denn, dass zwingende Gründe für eine weitere Verordnung vorliegen. Die Entscheidung für ein Tapering trifft man am besten immer gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten und deren Angehörigen.

Muss man mit einer körperlichen Abhängigkeit und mit Entzugssymptomen rechnen, ist ebenfalls ein abruptes Absetzen zu vermeiden. Das Leitlinienteam rät, die Medikamente sehr langsam auszuschleichen: Anfangs sollte die Dosis z. B. alle zwei bis vier Wochen um 5–10 % reduziert werden. Im Allgemeinen heißt es, die Dosis um höchstens 25 % alle zwei Wochen zu vermindern. Wenn Betroffene nur geringe Mengen der Substanzen über einen Zeitraum von weniger als drei Monaten eingenommen haben, kann das Tapering auch rascher erfolgen.

Ziel des Ausschleichens kann ein komplettes Absetzen des Benzodiazepins oder die Reduktion auf eine Dosis sein, bei der die Risiken den Nutzen nicht mehr übersteigen. Es ist zudem wichtig, die Ausschleichstrategie für jede einzelne betroffene Person individuell zu gestalten. Beispielsweise kann man für das Tapering eine vergleichbare Dosis eines länger wirksamen Benzodiazepins verabreichen. Bei jeder Dosisreduktion sollte das Behandlungsteam aufmerksam auf Entzugssymptome achten und das Tapering bei Bedarf langsamer gestalten oder pausieren.

Komorbiditäten können Ausschleichen beeinflussen

Psychosoziale Maßnahmen wie eine kognitive Verhaltenstherapie können das Ausschleichen von Benzodiazepinen unterstützen. Liegen somatische oder psychiatrische Begleiterkrankungen vor, die evtl. mit dem Ausschleichen interferieren (z. B. ein Substanzmissbrauch), sollten diese entsprechend behandelt werden. In einigen Fällen erweist sich das Benzodiazepin-Tapering für alle Beteiligten als harte Geduldsprobe. Bei Menschen, die über längere Zeit hohe Dosierungen eingenommen haben, können Monate oder Jahre vergehen, bis das Medikament komplett abgesetzt werden kann. 

Quelle: Brunner E et al. J Gen Intern Med 2025; doi: 10.1007/s11606-025-09499-2

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