Das Rundum-Paket zum vollen Preis Bei chronischen Erkrankungen leisten Hausarztpraxen mehr als nur Lotsendienste

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Privatrechnung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Einmal kalenderjährlich kann aber bei chronischen Erkrankungen die Nr. 15 zugesetzt werden, die inhaltlich diesen EBM-Leistungen entspricht. Einmal kalenderjährlich kann aber bei chronischen Erkrankungen die Nr. 15 zugesetzt werden, die inhaltlich diesen EBM-Leistungen entspricht. © Ton Photographer4289 - stock.adobe.com

Kommt eine Patientin oder ein Patient mit dem Verdacht auf eine koronare Herzkrankheit in die Hausarztpraxis, sollten alle verfügbaren kurativen und ggf. auch präventiven Maßnahmen ergriffen werden. Denn so kann die Person gut versorgt werden. Zudem werden ab Oktober die Leistungen voll bezahlt. Hier ein Abrechnungsbeispiel.

Die KHK stellt eine der häufigsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen in der hausärztlichen Praxis dar. Als Ursache der zugrunde liegenden Atherosklerose der Koronararterien kommen in Betracht: Alter, Geschlecht, genetische Veranlagung und diverse Risikofaktoren wie Rauchen, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Fettstoffwechselstörungen (insbesondere erhöhtes LDL-Cholesterin), Übergewicht, Bewegungsmangel und ggf. chronischer Stress. Nur in der Hausarztpraxis können die notwendigen kurativen und präventiven Maßnahmen koordinativ erbracht werden.

Der Fall: Der 55-jährige B. ist Versicherungsmakler. Bei einem Gewicht von 122 kg und einer Körpergröße von 1,72 m liegt sein BMI mit 41,2 deutlich im pathologischen Bereich. B. hat einen stressreichen Berufsalltag; er raucht 10 bis 15 Zigaretten pro Tag. B. ist bisher zu keiner Vorsorgeuntersuchung in der Praxis erschienen. Wegen eines mittelgradigen Hypertonus nimmt er regelmäßig 2,5 mg eines ACE-Hemmers. Er stellt sich akut in der Praxis vor, weil er einen wiederkehrenden Schmerz in der linken Thoraxhälfte verspürt. Da ein Bekannter jüngst an einem Herzinfarkt verstarb, hat er Angst, dass ihm das auch passieren könnte.

Bei der körperlichen Untersuchung fällt ein Blutdruck von 160/95 auf, die Thoraxorgane sind unauffällig. Auch im Ruhe-EKG finden sich keine Auffälligkeiten. Der Troponin-Schnelltest fällt negativ aus. B. wird in einem längeren Gespräch über die möglichen Zusammenhänge der Symptomatik aufgeklärt. Tabelle 1 zeigt die Berechnung der Leistungen nach EBM oder GOÄ.

Tabelle 1: Erstkontakt
EBMLeistungsbeschreibungPunkte/EuroGOÄ
03004Versichertenpauschale im 55. Lebensjahr148/18,347
 Ruhe-EKG 651
03220Zuschlag zur Versichertenpauschale für die Behandlung und Betreuung eines Patienten mit mindestens einer lebensverändernden chronischen Erkrankung (Hypertonie)130/16,11 
32150Immunologischer Nachweis von Troponin I und/oder Troponin T auf einem vorgefertigten Reagenzträger bei akutem koronaren Syndrom (ACS), ggf. einschl. apparativer quantitativer Auswertung11,25A3732
03230Problemorientiertes ärztliches Gespräch, das aufgrund von Art und Schwere der Erkrankung erforderlich ist128/15,861

Zur weiteren Abklärung erhält B. einen Termin für einen Check-up 35. Diese Untersuchung wird mit einer Krebsvorsorge unter Mitgabe des Teströhrchens für den iFOBT, einem Hautkrebsscreening, einem Hepatitis-Test und einem Aufklärungsgespräch zur Vorsorge des Kolonkarzinoms verbunden. In derselben Sitzung soll ein Belastungs-EKG durchgeführt werden. Wegen des nicht optimal eingestellten Hypertonus wird ihm sofort ein Langzeit-Blutdruckmessgerät angelegt. 

Bei den Untersuchungen finden sich keine pathologischen Befunde. Zur Besprechung der Laborwerte und der Ergebnisse beim Belastungs-EKG bzw. bei der Langzeitblutdruckmessung wird ein weiterer Termin vereinbart. Zur Berechnung siehe Tabelle 2. Alle in den Tabellen genannten EBM-Leistungen werden ab Oktober 2025 vollständig vergütet.

In der Besprechung werden B. ein Gesamtcholesterinwert von 280 mg/dl bei einem LDL von 152 mg/dl und unbefriedigende Werte bei der Langzeit-Blutdruckmessung mitgeteilt. Da der Befund beim Belastungs-EKG verdächtig auf eine kardiale Atherosklerose hinweist, wird zur weiteren Abklärung ein Termin bei einer kardiologischen Praxis vermittelt.

Tabelle 2: Zweitkontakt
EBMLeistungsbeschreibungPunkte/EuroGOÄ
03221Zuschlag zur GOP 03220 für die intensive Behandlung und Betreuung eines Patienten mit mindestens einer lebensverändernden chronischen Erkrankung (Hypertonie, Adipositas)40/4,96 
01732Gesundheitsuntersuchung bei Erwachsenen326/40,4029
01746Zuschlag zur GOP 01732 für die Früherkennungsuntersuchung auf Hautkreb209/25,90750
01734Zuschlag zur GOP 01732 für das Screening auf Hepatitis-B- und/oder auf Hepatitis-C-Virusinfektion41/5,08250
01731Untersuchung zur Früherkennung von Krebserkrankungen beim Mann144/17,8528
01737Ausgabe und Weiterleitung eines Stuhlprobenentnahmesystems57/7,06 
01740Beratung zur Früherkennung des kolorektalen Karzinoms116/14,38 
03321Belastungs-EKG198/24,54652
03324Langzeit-Blutdruckmessung57/7,06654

Wie sich EBM-Leistungen in die GOÄ übersetzen lassen

Zusätzlich können bei diesem dritten Kontakt die GOP 03008 und 03230 EBM zum Ansatz kommen bzw. die Nr. 34 GOÄ für die Erörterung (mind. 20 Minuten) der Auswirkungen der KHK. In der GOÄ gibt es zwar kein unmittelbares Korrelat für die GOP 03220/03221. Einmal kalenderjährlich kann aber bei chronischen Erkrankungen die Nr. 15 zugesetzt werden, die inhaltlich diesen EBM-Leistungen entspricht. Beim Erstkontakt könnte außerdem die Nr. 1 GOÄ wegen des längeren Gesprächs und beim Zweitkontakt die Nr. 29 mit der Begründung „Mehrfachberatung bei Hautkrebsscreening“ mit einem höheren Multiplikator berechnet werden.