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Corona: Schon wieder neue und geänderte Abrechnungsregeln

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Für die Abrechnung kurativer Testungen muss neben dem medizinischen Anlass auch das Symptom dokumentiert werden. Für die Abrechnung kurativer Testungen muss neben dem medizinischen Anlass auch das Symptom dokumentiert werden. © iStock/erdikocak; Privat
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SARS-CoV-2 hält uns epidemiologisch und bei der Abrechnung auf Trab. So wurde eine Neuregelung bei präventiven Fällen umgehend wieder geändert.

Die Frage, wann wir unsere Patienten testen sollen oder können, wurde während der Pandemie unterschiedlich beantwortet. Zunächst gab es nur den kurativen Anlass, d.h. Testindikationen, die bei einem begründeten Verdacht einer Infektion gegeben waren. Laut Robert Koch-Institut ist ein solcher begründeter Verdacht bei Symptomen und einem Kontakt mit einem Infizierten gegeben. Solche Fälle müssen wir mit dem ICD-10-Code J07.1G kennzeichnen, wenn eine Testung durchgeführt wurde oder mit J07.2G, wenn dies nicht der Fall ist.

Als Kriterium für einen begründeten Verdacht ohne Testung hat das RKI das „Auftreten von zwei oder mehr Lungenentzündungen in einer medizinischen Einrichtung, einem Pflege- oder Altenheim, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird“ festgelegt.

Medizinischen Anlass und Symptom dokumentieren

Für die Abrechnung ist wichtig, dass in beiden Fällen die Pseudonummer 88240 angesetzt werden kann. Sie führt dazu, dass bis zur Vorlage eines negativen Testergebnisses alle am betreffenden Behandlungstag berechneten Leistungen extrabudgetär vergütet werden.

Neu ist nun: Um den Umfang der Testanlässe zu verringern, hat der Bewertungsausschuss in seiner 490. Sitzung – zunächst begrenzt für 1. Oktober bis 31. Dezember 2020 – festgelegt, dass als COVID-19-typische Symptome eine akute respiratorische Insuffizienz oder der Verlust von Geruchs- und Geschmackssinn oder klinische oder radiologische Hinweise auf eine virale Pneumonie anzusehen sind. Dem hat sich das RKI mit einer Anpassung seiner Kriterien angeschlossen.

Formal bedeutet dies, dass bei kurativen Testungen neben dem medizinischen Anlass, z.B. einer Sinubronchitis (J20.9G), auch das Symptom, z.B. eine respiratorische Insuffizienz (J96.09G), dokumentiert werden muss. Wird dieser Nachweis nicht geführt, könnten die Testungen nach Nr. 02402 EBM und die 88240 von der KV gestrichen werden.

So ist zu kodieren
Will man den Abstrich nach Nr. 02402 EBM und/oder die Pseudonummer 88240 ansetzen, muss ein Test zumindest im 4. Quartal 2020 klinisch begründet sein. Bei einer Sinubronchitis muss z.B. auch eine respiratorische Insuffizienz vorliegen oder eine Geruchs-/Geschmacksstörung oder ein Röntgenbefund, der auf eine Viruspneumonie hinweist.
ICD-10-Code
Beschreibung
J20.90 GSinubronchitis
J96.09 GRespiratorische Insuffizienz
U99 GSpezielle Verfahren zur Untersuchung auf SARS-CoV-2
Z20.8 GKontakt mit und Exposition gegenüber sonstigen übertragbaren Krankheiten
U07.2 G(Verdacht auf) Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 nach der Falldefinition des RKI
Quelle: Bewertungsausschuss (490. Sitzung)

Durch die „Verordnung zum Anspruch auf bestimmte Testungen für den Nachweis des Vorliegens einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2“ wurde die Zahl der Testindikationen erheblich erweitert. De facto können auch jetzt noch asymptomatische Personen getestet werden, die Kontakt zu einem Infizierten hatten, aber ebenso solche ohne Kontakt, wenn es darum geht, die Einschleppung des Virus in Gemeinschaftseinrichtungen durch Neuankömmlinge zu verhindern. Die Änderung der RKI-Kriterien und der Beschluss des Bewertungsausschusses haben hier keine Relevanz.

Es entsteht so die kuriose Situation, dass präventive Testungen, z.B. bei Reiserückkehrern aus Risikogebieten im In- und Ausland, nach gesetzlicher Vorgabe vorgenommen werden müssen, während bei kurativen Anlässen strikt zwischen „Erkältungskrankheiten“ und ­COVID-19-Verdacht zu unterscheiden ist. Das ist in der Praxis nur schwer umsetzbar.

81 oder 90 Cent als Ersatz für die Versandkosten

Damit Patienten mit Erkältungsinfekten nicht in der Praxis erscheinen und ihren Infekt zu Hause auskurieren, ist es möglich, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung per Telefon oder Videosprechstunde auszustellen. Für den Versand von Unterlagen an Patienten gibt es jetzt drei Pauschalen (siehe Tabelle).

Drei Pauschalen fürs Porto
EBM-Nr.
Legende
Euro
40110Versenden bzw. Transport eines Briefes und/oder schriftlicher Unterlagen0,81
40128Postalisches Versenden einer AU-Bescheinigung (Muster 1) an den Patienten nach Kontakt per Videosprechstunde0,81
88122Postalischer Versand der AU-Bescheinigung nach einem Telefonat0,90

Um Laborengpässe zu vermeiden und die Qualität der Nachverfolgung von Infektionsketten zu verbessern, wird aktuell der Einsatz von Antigen-Schnelltests außerhalb von Laboren, z.B. in Praxen oder im Pflegeheim durch das Pflegepersonal, proklamiert. Begleitet wird diese neue Testmethode von der neuen Testverordnung (TestV).

Sie verpflichtet die Kassenärztlichen Vereinigungen, jeden Monat detaillierte Angaben zu den abgerechneten Coronatests für das Bundesgesundheitsministerium und den GKV-Spitzenverband bereitzustellen – erstmals zum 15. Januar 2021. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, hatte die Kassenärztliche Bundesvereinigung eine Lis­te bundesweit gültiger Abrechnungspositionen zur Testung auf SARS-CoV-2 veröffentlicht.

Unterschieden wurde zwischen einem begründeten Anlass wegen eines Kontakts mit einem Infizierten (Nrn. 88300 bis 88305) und dem vorsorglichen Einsatz in Gemeinschaftseinrichtungen (Nrn. 88306 bis 88310 bzw. 88312). Differenziert wurde bei beiden Anlässen zwischen der PCR- und der PoC-Antigen-Testung. Die Leistungen sollten einheitlich mit jeweils 15 Euro pauschal zzgl. maximal 7 Euro für die Kosten vergütet werden.

Die KBV hat mittlerweile bewirken können, dass diese sehr differenzierte Abrechnung in den Praxen nicht vorgenommen werden muss! Dafür ist aber das Formular OECG, mit dem die Tests beauftragt werden, mit Ankreuzfeldern versehen worden, aus denen der Grund für die Testung nach TestV erkennbar ist. Der bürokratische Aufwand wurde damit von der Abrechnungs- auf die Dokumentationsseite verlagert.

Besser sieht es hingegen bei den PoC-Antigentests in der Praxis aus. Hier muss für die Abrechnung lediglich die Anzahl der Abstriche und Tests angegeben und über den datenschutzgesicherten Weg des KVDT an die KV übermittelt werden.

Fazit

Zweifellos soll der jetzt gewählte Übermittlungs- und Abrechnungsweg bei PoC-Antigentests einen Anreiz für präventive Anlässe erzeugen. Dies geschieht vermutlich aus der Erkenntnis heraus, dass betriebswirtschaftlich und seuchenhygienisch gesehen die Durchführung von PoC-Antigentests in der Praxis problematisch ist.

Die Praxis muss das Testmaterial auf eigenes Risiko kaufen. Es gibt zwar mittlerweile Angebote auf dem Markt, die im Erstattungsbereich von 7 Euro liegen. Allerdings: Geht ein solcher Test schief und muss wiederholt werden, geht das zulasten des Honorars von 15 Euro.

Positiven PoC-Antigentest mit PCR-Test überprüfen

Hinzu kommt, dass das Praxispersonal mit der Arbeit an infektiösem Material betraut wird, ohne dass die arbeitsrechtliche Relevanz geklärt ist. Bei PoC-Antigentests muss außerdem umfangreich Schutzmaterial eingesetzt werden, das wir in dieser Größenordnung nicht ersetzt bekommen. Berücksichtigen muss man auch die kostenintensive Entsorgung des potenziell infektiösen Materials.

Ob der zeitliche Vorsprung, der durch PoC-Antigenschnelltests erzielt werden kann, diesen Aufwand in der Praxis rechtfertigt, ist in Zweifel zu ziehen, zumal nach einem positiven PoC-Antigentest doch noch ein PCR-Test veranlasst werden muss. Immerhin kann der dann aber nach Nr. 02402 EBM berechnet und mit der 88240 gekennzeichnet werden.

Medical-Tribune-Bericht

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