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Komplex und individuell G-BA beschließt Übergangsregelung für Verordnung außerklinischer Intensivpflege

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Der G-BA beschloss eine Übergangsregelung zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege. Der G-BA beschloss eine Übergangsregelung zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege. © MQ-Illustrations – stock.adobe.com
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Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat Beschlüsse zur neuen Richtlinie für die außerklinische Intensivpflege getroffen. Bis Oktober 2023 ist aber zunächst eine Übergangsregelung bei der Häuslichen Krankenpflege-Richtlinie vorgesehen.

Bis vor Kurzem galt noch, Verordnungen von Leistungen der außerklinischen Intensivpflege dürfen ab Januar 2023 ausschließlich nach der neuen Richtlinie für außerklinische Intensivpflege (AKI-Richtlinie) ausgestellt werden. Verordnungen nach den Regelungen der Häuslichen Krankenpflege-Richtlinie (HKP-Richtlinie) wären demnach nur noch bis zum Jahresende möglich gewesen. Um aber absehbare Engpässe in der Versorgung der GKV-Versicherten zu vermeiden, wurde die Regelung des Übergangs geändert: Ärztinnen und Ärzte können zwar ab Januar 2023 nach den Regelungen der neuen AKI-Richtlinie verordnen, Verordnungen nach der HKP-Richtlinie sind aber nach dem 31.12.2022 weiterhin möglich

Bestehen bleibt dabei die Befristung der Übergangsregelung, nach der  Verordnungen nach der HKP-Richtlinie ab 31. Oktober 2023 ihre Gültigkeit verlieren. Der gesetzliche Anspruch der Versicherten auf außerklinische Intensivpflege besteht dann nicht mehr nach § 37 SGB V „Häusliche Krankenpflege“, sondern nur noch nach § 37c SGB V „Außerklinische Intensivpflege“. Der Beschluss des G-BA vom 20. Oktober 2022 muss noch formal vom Bundesministerium für Gesundheit geprüft werden.

Die neuerliche Übergangsregelung wurde notwendig, da die Rahmenempfehlungen des GKV-Spitzenverbandes sowie Verträge etwa zu den pflegerischen oder technischen und baulichen Anforderungen an die Wohneinheiten, in denen beatmungspflichtige Patientinnen und Patienten betreut werden sollen, auf dem Verhandlungsweg nicht zeitgerecht abgeschlossen werden konnten. Bevor jetzt die Regelungen, die eine individuelle bedarfsgerechte Versorgung stärken sollen, ab dem 1. Januar 2023 greifen, sind umfangreiche Vorbereitungen notwendig, damit die neu ausgestaltete Leistung auch in der Versorgung umgesetzt werden kann.

Die außerklinische Intensivpflege richtet sich an schwerstkranke Patientinnen und Patienten im Kindes- und Erwachsenenalter, bei denen mit hoher Wahrscheinlichkeit täglich und zu unvorhersehbaren Zeiten lebensbedrohliche gesundheitliche Situationen auftreten können. Die Patientinnen und Patienten haben einen besonders hohen Bedarf an medizinischer Behandlungspflege, der durch die permanente Interventionsbereitschaft durch eine geeignete Pflegefachkraft über den gesamten Versorgungszeitraum gekennzeichnet ist. Der Leistungsanspruch ist vom G-BA in einer eigenständigen Richtlinie neu geregelt worden.

Neue Richtlinie verlangt konkreten Behandlungsplan

Bei der außerklinischen Intensivversorgung handelt es sich also um ein komplexes, individuell abzustimmendes ambulantes Leistungsangebot. Pflegefachkräfte überwachen im Rahmen der außerklinischen Intensivpflege beispielsweise die Atem- und Herz-Kreislauf-Funktionen, bedienen ein Beatmungsgerät und setzen Inhalations- und Absauggeräte ein. Neben pflegerischen und medikamentösen Behandlungsmaßnahmen können bei Bedarf auch Heilmittel wie Schluck- und Atemtherapie und die notwendigen Hilfsmittel verordnet werden.

Die neue AKI-Richtlinie sieht vor, dass in einem Behandlungsplan jeweils die individuellen Therapieziele und -maßnahmen konkretisiert werden. Bei Beatmungspatientinnen und -patienten soll z.B. regelmäßig erhoben werden, ob eine vollständige Entwöhnung oder Umstellung auf eine nicht-invasive Beatmung möglich ist.

Entwöhnungspotenzial nur bedingt entscheidend

Bei Patientinnen und Patienten, bei denen eine Dekanülierung oder Entwöhnung dauerhaft nicht möglich ist, steht die Therapieoptimierung und damit die Verbesserung der Lebensqualität im Vordergrund. Die Richtlinie ermöglicht bei diesen zu Versorgenden eine Verordnung, ohne das Entwöhnungspotenzial zu erheben, wenn zweimal infolge innerhalb von zwei Jahren keine Aussicht auf nachhaltige Besserung im Rahmen eines Vier-Augenprinzips attestiert wurde.

In der AKI-Richtlinie definiert der G-BA die Anforderungen an die fachliche Qualifikation der verordnenden Ärztin oder des verordnenden Arztes. Dies sind Fachärztinnen und Fachärzte 

  •    mit der Zusatzbezeichnung Intensivmedizin,

  •   für Innere Medizin und Pneumologie,

  • für Anästhesiologie mit mindestens 6-monatiger einschlägiger Tätigkeit in der prolongierten Beatmungsentwöhnung auf einer auf die Beatmungsentwöhnung von langzeitbeatmeten Versicherten spezialisierten Beatmungsentwöhnungs-Einheit,

  • für Innere Medizin, Chirurgie, Neurochirurgie,

  •  für Neurologie oder Kinder- und Jugendmedizin mit mindestens 12-monatiger einschlägiger Tätigkeit in der prolongierten Beatmungsentwöhnung auf einer auf die Beatmungsentwöhnung von langzeitbeatmeten Versicherten spezialisierten Beatmungsentwöhnungs-Einheit,

  •  mit mindestens 18-monatiger einschlägiger Tätigkeit in der prolongierten Beatmungsentwöhnung auf einer auf die Beatmungsentwöhnung von langzeitbeatmeten Versicherten spezialisierten Beatmungsentwöhnungs-Einheit oder für die Erhebung des Potenzials zur Entfernung der Trachealkanüle bei nicht-beatmeten Versicherten auch Fachärztinnen und Fachärzte mit mindestens 18-monatiger einschlägiger Tätigkeit in einer stationären Einheit der neurologisch-neurochirurgischen Frührehabilitation. 

Zudem müssen die verordnenden Ärztinnen und Ärzte zukünftig auch die Koordination der medizinischen Behandlung verantworten, da an der außerklinischen Versorgung neben Pflegefachkräften in der Regel mehrere Gesundheitsfachberufe – beispielsweise Logopäden, Atmungs-, Ergo- und Physiotherapeuten und Hilfsmittelversorger – mitwirken. So soll sichergestellt werden, dass die Versorgungsbedarfe der Patientin oder des Patienten richtig und vollständig erkannt werden. 

Bei den Qualifikationsanforderungen unterscheidet der G-BA danach, ob es um Patientengruppen geht, die beatmet werden und/oder eine Trachealkanüle tragen, oder um solche, die dies zwar nicht benötigen, aber dennoch auf die Hilfe einer Pflegefachkraft angewiesen sind, die bei lebensbedrohlichen gesundheitlichen Situationen sofort eingreifen kann.

Auch Kliniken können unter Umständen verordnen 

Eine außerklinische Intensivpflege kann auch vom Krankenhaus im Rahmen des Entlassmanagements verordnet werden, und zwar für einen Zeitraum von bis zu sieben Kalendertagen. Bei Patientinnen oder Patienten, die beatmet werden oder eine Trachealkanüle haben, muss allerdings bereits im Krankenhaus geprüft werden, ob eventuell das Potenzial für eine Entwöhnung beziehungsweise die Entfernung der Kanüle besteht. Damit gerade bei dieser speziellen Patientengruppe die Überleitung in die außerklinische Intensivpflege gelingt, hat der G-BA zudem Regelungen getroffen, die ein strukturiertes gemeinsames Vorgehen von Krankenhaus, Krankenkasse und  Versicherten beziehungsweise Angehörigen und Leistungserbringern vorsehen.

Quelle: Medical-Tribune-Bericht

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