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Gesundheitsuntersuchung: Check the Check-up 35

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Kassenabrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Gesundheitsuntersuchung für Erwachsene in Zukunft früher – aber seltener.
Gesundheitsuntersuchung für Erwachsene in Zukunft früher – aber seltener. © Fotolia/Art_Photo
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Die Gesundheitsuntersuchung für Erwachsene wird verjüngt (bereits ab 18), verschlankt (weniger Leistungen) und macht sich dünne (ab 35 nur noch alle drei Jahre). Das ist alles andere als ein Fortschritt, sagt unser Autor Dr. Gerd W. Zimmermann.

Die bisher Check-up 35 genannte Vorsorgeuntersuchung soll in Zukunft bereits ab Vollendung des 18. Lebensjahres möglich sein - allerdings nur einmalig bis zum Ende 35. Lebensjahr. Ab diesem Alter haben die Versicherten künftig alle drei, statt wie bisher alle zwei Jahre Anspruch auf die Gesundheitsuntersuchung. Blutuntersuchungen sollen nur noch bei entsprechendem Risikoprofil durchgeführt werden und eine Urinuntersuchung ist gar nicht vorgesehen. Die Dokumentation der Ergebnisse auf dem Berichtsvordruck (Muster 30) entfällt künftig, sie soll ausschließlich in der Patientenakte erfolgen.

Die neue Gesundheitsuntersuchung

So sieht der neue „Check-up 35“ aus, der voraussichtlich Anfang 2019 durchgeführt und abgerechnet werden kann:
  • Die Ausrichtung auf die bisherigen Zielerkrankungen wird in der Richtlinie gestrichen.
  • In der Anamnese soll eine stärkere Berücksichtigung von familiären Risiken für Krebserkrankungen (z.B. Brustkrebs, Darmkrebs, malignes Melanom) erfolgen und – sofern angezeigt – eine systematische Erfassung des kardiovaskulären Risikos mittels Risk-Charts erfolgen.
  • Erfassung des Impfstatus
  • Laboruntersuchungen: Aufnahme des gesamten Lipidprofils (Gesamtcholesterin, LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin, Triglyzeride).
  • Beratung zu gesundheitsbezogenen Änderungspotenzialen der Versicherten durch motivierende Gesprächsführung, um darauf aufbauend geeignete, abgestimmte Schritte zur Verhaltensänderung zu erörtern. Ferner risikoadaptierte Beratung, insbesondere auch über das anhand von Risk-Charts ermittelte kardiovaskuläre Risiko und entsprechende Managementstrategien.

Quelle: KBV

Außerdem will man künftig neben der Früherkennung von bevölkerungsmedizinisch bedeutsamen Krankheiten auch die Erfassung und Bewertung von gesundheitlichen Risiken und Belastungen und eine daraus resultierende präventionsorientierte Beratung aufnehmen. Die Untersuchung wird sich also nicht mehr wie bisher auf die Ziel­erkrankungen Diabetes und Herz-Kreislauf- und Nierenerkrankungen fokussieren. Anlass der Neuregelung war das Präventionsgesetz, in dem der G-BA verpflichtet wird, bis zum 31. Juli 2018 die Inhalte der Gesundheitsuntersuchung nach § 25 Absatz 1 SGB V neu zu regeln. Im Gesetz werden konkrete Vorgaben gemacht, die bei der Neugestaltung berücksichtigt werden mussten.

2019 kann die neue Leistung erstmals abgerechnet werden

Der Beschluss tritt am Tag nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. Dann hat der Bewertungsausschuss sechs Monate Zeit, um über die Vergütung zu verhandeln. Die Durchführung und Abrechnung der neuen Leistung dürfte so gesehen zum 1. Januar oder 1. April 2019 möglich sein. Der G-BA berät den Gesetzesauftrag bereits seit Oktober 2015 und hat seine Frist bis zum 31.07.2018 voll ausgeschöpft. Begründet wird das damit, dass im Hinblick auf wichtige Risikofaktoren und Belastungen sys­tematische Recherchen zu Leitlinien­empfehlungen, zu Empfehlungen von Health Technology Assessment-Organisationen sowie zur Gestaltung von „health checks“ in anderen Ländern notwendig waren. Darüber hinaus wurden Aufträge zur Nutzenbewertung zu spezifischen, als relevant identifizierten Zielerkrankungen (Hepatitis B, Hepatitis C und Depression) an das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vergeben. Dort wird allerdings immer noch geprüft, sodass mit diesbezüglichen Beschlüssen des G-BA nicht vor Ende des Jahres zu rechnen ist.

Vorsorge einmal zwischen 18 und 35 Jahren: Das scheint realitätsfremd

Und wie bewerten wir die Änderungen? Die Möglichkeit der einmaligen Vorsorgeuntersuchung zwischen dem 18. und 35. Lebensjahr ist realitätsfremd, insbesondere da hier noch nicht mal Laboruntersuchungen vorgesehen sind. Die Änderung des Intervalls ab dem Alter von 35 Jahren auf drei Jahre wiederum ist regelrecht gefährlich, da die bisherigen Zielerkrankungen (insbesondere der Diabetes mellitus), die es ja weiter rechtzeitig zu entdecken gilt, gerade in dieser Lebensphase gehäuft auftreten. Hier wird künftig schlicht und einfach Zeit verloren gehen. Die Aufnahme der Prüfung des Impfstatus und einer Beratung schließlich kann man nur mit Kopfschütteln zur Kenntnis nehmen. Das ist bekanntlich auch bisher schon (allerdings unentgeltlicher) Inhalt einer Vorsorgeleistung. Aber vielleicht will man das ja künftig gesondert und angemessen honorieren. Das wäre ein Fortschritt!
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