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GOÄ-Spezialfälle Mal richtig reinsteigern

Abrechnung und ärztliche Vergütung , Privatrechnung Autor: Dr. Gerd W. Zimmermann

Privatpatient ist nicht gleich Privatpatient – die Vertragsgestaltung unterscheidet sich teils deutlich und muss bei der Abrechnung bedacht werden. Privatpatient ist nicht gleich Privatpatient – die Vertragsgestaltung unterscheidet sich teils deutlich und muss bei der Abrechnung bedacht werden. © Coloures-Pic – stock.adobe.com
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Der größte Teil des vertragsärztlichen Honorars entspringt dem budgetierten GKV-Bereich. Es gibt aber auch Versicherte, bei denen man seine Leistung so bezahlt bekommt, wie man sie erbracht hat. Es sind leider nicht viele.

Die Kostenerstattung bei GKV-Patienten, die Abrechnung im Basistarif der PKV, bei Bahn- oder Postbeamten – das sind abrechnungstechnische Sonderfälle im Selbstzahlerbereich. Grundlage ist in der Regel die GOÄ, auch bei der Kostenerstattung bei GKV-Patienten. Der Betreffende ist zwar gesetzlich versichert, kann aber wie ein Privatpatient behandelt werden. 

Grundlage der Kostenerstattung ist § 13 Abs. 2 SGB V. Versicherte können demnach anstelle der Sach- oder Dienstleistung die Kostenerstattung wählen. Eine Einschränkung auf den Bereich der ärztlichen Versorgung, der zahnärztlichen Versorgung, für den stationären Bereich oder auf veranlasste Leistungen ist möglich. Der Patient erhält eine Privatrechnung, die gesetzliche Krankenkasse erstattet den „Kassensatz“. Die meisten Kostenerstattungsrechnungen werden mit dem Satz des PKV-Basistarifs berechnet, da die GKV in der Regel bereit ist, diesen zu zahlen. 

Honorarvereinbarung kann Überraschungen verhindern

Der Versicherte muss seine Krankenkasse vor Inanspruchnahme der Leis­tung informieren. Die Praxis muss den Versicherten darauf hinweisen, dass die Kosten, die nicht übernommen werden, von ihm selbst zu bezahlen sind. Außerdem zieht die Kasse in der Regel Verwaltungskosten für den Aufwand der Umrechnung von GOÄ in EBM vom Erstattungsbetrag ab. Um Irritationen zu vermeiden, sollte in solchen Fällen in der GKV vorab ein schriftlicher Behandlungsvertrag (Honorarvereinbarung) abgeschlossen werden, der die Rechte aller Beteiligten regelt und dafür sorgt, dass es weder bei dem Patienten noch in der Praxis nachträglich zu unangenehmen Überraschungen kommt.

Schwierig wird es, wenn der Patient bei der Kostenerstattung und dem Sachleistungsprinzip selektiert. GKV-Patienten haben nämlich auch die Möglichkeit, für die ärztliche Behandlung Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen und für die Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln das Sachleistungsprinzip. Der umgekehrte Weg ist auch möglich, dann aber weniger aufwendig, da es nur um die Erstattung der Arznei-, Heil- und Hilfsmittel geht.

Arzneimittel werden in solchen Fällen auf Kassenrezept verschrieben. Da es sich aber um keinen kurativ-ambulanten Fall handelt, gibt es kein Arzneimittelbudget und die verordneten Medikamente gehen zulasten der Arzneimittelrichtgröße der Praxis. Damit dies nicht passiert, sollte man einen KV-Schein anlegen und mit der bundesweit gültigen Pseudo-Nummer 88190 kennzeichnen, damit nicht nur die Arzneimittelrichtgröße, sondern auch das Heilmittelbudget erhöht wird.

Privatpatienten 

Privatpatienten äußern in der Praxis meist nur, dass sie privat versichert sind. Doch es gibt etliche Kostenträger, denen ebenso viele unterschiedliche Vertragsgestaltungen zugrunde liegen. Bei einigen gelten Begrenzungen für die GOÄ-Steigerungsfaktoren, die bei der Rechnungsstellung eingehalten werden müssen. Das gilt für Versicherte im Standardtarif bzw. Basistarif und für Bundesbahnbeamte der Klassen I, II und III. Es empfiehlt sich deshalb, sich von diesen Patienten eine schriftliche Bescheinigung ihrer Versicherung/des Kostenträgers darüber vorlegen zu lassen, dass sie in einem solchen Tarif versichert sind.

Daneben gibt es Kostenträger, die Leistungen nur bis zu einem bestimmten Steigerungssatz erstatten. Wird dieser Satz überschritten, muss die Differenz der Kosten vom Patienten selbst gezahlt werden. Man ist in diesem Fällen lediglich dazu verpflichtet, die Patienten darüber aufzuklären, dass ihnen möglicherweise Mehrkosten entstehen, weil ihr Kostenträger aufgrund des speziellen Versicherungsverhältnisses nicht die gesamten berechneten Kosten erstattet. Das betrifft z.B. die Versicherten der Postbeamtenkrankenkasse B, Patienten mit Kostenerstattung, teilweise auch Beihilfepatienten.

Wer im Standard- oder Basistarif der PKV versichert ist, hat nur Anspruch auf einen Leistungsumfang, der dem der gesetzlichen Krankenversicherung entspricht. Diese beiden Tarife werden häufig miteinander verwechselt, dabei gibt es deutliche Unterschiede:

Der Standardtarif war ein vom Gesetzgeber geforderter brancheneinheitlicher Tarif mit einem gesetzlich begrenzten Höchstbeitrag, dessen Versicherungsschutz vergleichbar ist mit dem der gesetzlichen Krankenversicherung. Er wurde 1993 eingeführt und diente insbesondere zur Beitragsreduzierung für ältere Versicherte, die aus dem aktiven Erwerbsleben ausgeschieden waren. 

Standardtarif steht unter Bestandsschutz

Dieser Standardtarif ist seither nur bestimmten, vom Gesetzgeber definierten Personengruppen zugänglich. Ein solcher Vertrag konnte bis Ende 2008 bei jedem privaten Versicherer abgeschlossen werden. PKV-Neukunden können dem Standardtarif seit 2009 deshalb nicht mehr beitreten. Wer sich neu privatversichert hat, hat nur Zugang zum Basistarif. PKV-Versicherte im Standardtarif genießen aber Bestandsschutz. Versicherte, die schon vor dem 31. Dezember 2008 privat krankenversichert waren, können deswegen auch künftig noch unter den aktuellen Bedingungen in den Standardtarif wechseln. Für sie gibt es mehrere Sonderregelungen, etwa für die Steigerungssätze (s. Tabelle).

Steigerungsmöglichkeiten der GOÄ nach Kostenträgern
Kostenträger
GOÄ
Regelsatz
Höchstsatz
Bemerkungen
Kostenerstattung § 13 SGB V/2
A,E,O
M,437 Rest
1,80
1,15
2,3
2,5
1,3
3,5
Es werden nur Leistungen zum Einfachsatz erstattet, die im GKV-Katalog enthalten sind.
Privatpatienten, Selbstzahler, IGeL
A,E,O
M,437
Rest
1,80
1,15
2,3
2,5
1,3
3,5
Punktwert 5,82873
Standardtarif § 5b GOÄ
A,E,O
M,437
Rest
1,38
1,16
1,80
1,38
1,16
1,80
Seit 2009 ist kein Neuzugang mehr möglich.
Basistarif
A,E,O
M,437
Rest
1,00
0,90
1,20
1,00
0,90
1,20
Festgelegter Steigerungssatz
KVB I-III
A,E,O
M,437
Rest
1,80
1,15
2,20
1,80
1,15
2,20
Steigerungssatz nur bis Regelsatz möglich.
KVB IV
A,E,O
M,437
Rest
1,80
1,15
2,3
2,5
1,3
3,5
Wie bei Selbstzahlern
Postbeamten B
A,E,O
M,437
Rest
1,50
1,15
1,90
2,5
1,3
3,5
Steigerung ist nach § 5 GOÄ mit Begründung über Regelsatz hinaus möglich.
Abschnitt A: Gebühren in besonderen Fällen, Abschnitt E: physikalisch-medizinische Leistungen (GOÄ-Nrn. 500 – 569), Abschnitt O: Strahlendiagnostik, Nuklearmedizin, Magnetresonanztomographie und Strahlentherapie (GOÄ-Nrn. 5000–5855), Abschnitt M: Labor

Bei Einführung des Basistarifs zum 1. Januar 2009 hat der Verband der privaten Krankenversicherung auch die von ihm festzusetzenden Allgemeinen Versicherungsbedingungen für diesen veröffentlicht. Demnach  sind die im Basistarif Versicherten verpflichtet, gegenüber den „Leistungserbringern“ auf ihren Versicherungsschutz im Basistarif hinzuweisen, indem sie den Ausweis bzw. die elektronische Gesundheitskarte ihres Versicherers vorlegen. Der Leistungsumfang entspricht auch hier dem der gesetzlichen Krankenkassen. Wer im Basistarif versichert ist, darf deswegen keine reinen Privatärzte aufsuchen, sondern muss Ärzte mit Kassenzulassung wählen, wenn er Kosten erstattet bekommen will. Überweisungen, Rezepte und Heilmittel­verordnungen müssen nach den GKV-Regeln ausgestellt werden. Es empfiehlt sich daher, GKV-Formulare als Vorlagen zu verwenden und z.B. auf Normalpapier mit dem Praxiskopf auszudrucken. Die Rechnung wird nach GOÄ gestellt, wobei die Steigerungsfaktoren nicht überschritten werden dürfen. Zusätzlich muss, wie in der GKV-Abrechnung, die LANR des behandelnden Arztes angegeben werden. Normalerweise zahlt der Patient die Rechnung zunächst selbst und reicht sie dann mit dem Zahlungsbeleg bei seinem Versicherer ein, der ihm den Betrag erstattet. Man kann aber auch vereinbaren, dass die Praxis die Rechnung an den Versicherer schickt und dieser den Betrag an die Praxis überweist. Hierzu benötigt man aber eine schriftliche Abtretungserklärung des Patienten, die man in der Patientenakte aufbewahren sollte.

Bahn- und Postbeamte

Bei den Beamten der Krankenversicherung für Bahnbeamte (KVB) und der Postbeamtenkrankenkasse – Mitgliedergruppe B gibt es einen wichtigen Unterschied: Die Leistungen bei Post-B-Versicherten dürfen mit „besonderer“ Begründung gesteigert werden, während in den Verträgen der KVB keine Übernahme von Steigerungssätzen vereinbart ist. Außerdem muss innerhalb der KVB-Versicherten zwischen den Beitragsklassen I − III und der Beitragsklasse IV unterschieden werden. Bei den Postbeamten gibt es noch die Mitgliedergruppe A, die mit elektronischer Gesundheitskarte ganz normal als GKV-Patienten abgerechnet wird. Diese Patienten können in Notfällen privatärztliche Leistungen nutzen, bekommen sie aber dann ebenfalls nur bis zu den ermäßigten GOÄ-Steigerungssätzen erstattet.

Medical-Tribune-Bericht

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