Neuer EBM: Wie oft dürfen Palliativ-Ziffern angesetzt werden?
Die Palliativziffer 03370 kann einmal im Jahr (Krankheitsfall) abgerechnet werden. Da es auch schwerwiegende lebensverändernde Erkrankungen gibt, die austherapiert sind und schleichend zum Tode führen, stellt sich für Dr. Oliver Spang, Allgemeinarzt in Stuttgart, die Frage, ob diese Ziffer auch wieder im Folgejahr abgerechnet werden darf.
Eingangsdiagnostik im Folgejahr erneut möglich?
EBM-Experte Dr. Zimmermann sagt „ja“. Denn in der Präambel des neuen Abschnitts 3.2.5 EBM ist unter Punkt 1 geregelt: „Die Gebührenordnungspositionen 03370 bis 03373 sind für die Behandlung von schwerstkranken und sterbenden Patienten in jedem Alter berechnungsfähig, die an einer nicht heilbaren, fortschreitenden und so weit fortgeschrittenen Erkrankung leiden, dass dadurch nach fachlicher Einschätzung des behandelnden Arztes die Lebenserwartung auf Tage, Wochen oder Monate gesunken ist. Eine Erkrankung ist nicht heilbar, wenn nach dem allgemein anerkannten Stand der Medizin Behandlungsmaßnahmen nicht zur Beseitigung dieser Erkrankung führen können. Sie ist fortschreitend, wenn ihrem Verlauf trotz medizinischer Maßnahmen nach dem allgemein anerkannten Stand der Medizin nicht nachhaltig entgegengewirkt werden kann.“
Der Schwerpunkt bei der Beurteilung der Indikation zum Ansatz der Leistungen liegt hier eindeutig bei der Einstufung „nicht heilbar, fortschreitend und so weit fortgeschrittene Erkrankung“, erklärt Dr. Zimmermann. Die Zeitangaben „Tage, Wochen oder Monate“ könnten als nachgeordnet angesehen werden.
Beispiel mit unterschiedlichen Arzt-Patienten-Kontakten
Deshalb sei ausdrücklich ein Ansatz im Krankheitsfall vorgesehen, der sich auf den Zeitraum von vier Quartalen bezieht. „Der erneute Ansatz der Nr. 03370 EBM nach einem Jahr ist deshalb nicht ausgeschlossen“, so der Hofheimer Allgemeinarzt.
Die Ziffer 03370 darf mit den anderen Palliativziffern 03371–03373 kombiniert werden. Dagegen ist eine Kombination von 03371, 03372 und 03373 ausgeschlossen. Gilt das eigentlich nur am jeweiligen Tag oder im gesamten Quartal, möchte Dr. Spang wissen und gibt folgendes Beispiel: Ein schwerst erkrankter Patient ist austherapiert und wird zum Sterben aus der Klinik nach Hause entlassen. Ein dringender Hausbesuch wird angefordert: Nrn. 03000, 03370, 03373, 01412, 40220 ff.
Nach einigen Tagen hat sich der Patient so weit erholt, dass er die Praxis zu einer Untersuchung aufsuchen kann: Nrn. 00000, 03371.
Ein paar Tage später geht es ihm wieder schlechter und er wird in die Tour der regelmäßigen Hausbesuche aufgenommen: Nrn. 00000, 03372 (ggfs. mehrfach), 01410, 40220 ff. 12,40 Euro
Zuschlag pro dringenden Hausbesuch
Dr. Spang: „Ist diese Abrechnung innerhalb eines Quartals korrekt?“ Dieses Fallbeispiel ist denkbar und die Abrechnung wäre korrekt, bestätigt Dr. Zimmermann dem Kollegen. Der Ausschluss der Nrn. 03371–03373 untereinander bezieht sich auf den Arzt-Patienten-Kontakt. An anderen Tagen oder am gleichen Tag zu unterschiedlichen Zeiten (Uhrzeitangabe!) ist ein Ansatz wie gezeigt möglich. Hinzu kommt, dass neben der Nr. 03371 die Gesprächsleistung nach Nr. 03230 nicht ausgeschlossen ist und im vorliegenden Fall denkbar sowie ansatzfähig wäre.
Und die EBM-Ziffer 03372 beim regulären Hausbesuch?
Letzte Frage: Die Ziffer 03372 darf beim regulären Hausbesuch nach Nr. 01410 mehrfach angesetzt werden, nämlich je vollendete 15 Minuten. Gilt das genauso für die Nr. 03373 beim (oft länger dauernden) akuten Hausbesuch nach Nr. 01412? Nein, antwortet Dr. Zimmermann. Die EBM-Nr. 03373 ist nur „je Besuch“ berechnungsfähig. Das ergibt sich aus der Leistungsbeschreibung.