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Praxisverkauf: Personal muss übernommen werden

Autor: Anke Thomas

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Bei Praxisverkauf und Betriebsübergang hat der Praxisnachfolger keine freie Hand was das Personal betrifft - und das gilt in den allermeisten Fällen.

In der Regel muss ein Praxisnachfolger und Arbeitgeber das Personal des früheren Inhabers übernehmen. Das gilt auch, nachdem Bundesarbeitsrichter die Kündigung einer langjährigen Mitarbeiterin nach dem Verkauf der Praxis für rechtens befunden haben.

Urteil des Bundesarbeitsgericht betrifft sehr speziellen Fall

Aus dem BAG-Urteil vom 22.6.2011 (Az.: AZR 107/10) ableiten zu wollen, dass Nachfolger bzw. Käufer das (alte) Praxisteam künftig nicht mehr übernehmen müssen, wäre ein Trugschluss, warnt Rechtsanwalt Jens Remmert von der Aachener Kanzlei WotaxLaw. Ärzte sind nach wie vor verpflichtet, das Praxisteam beim Kauf einer Praxis zu übernehmen, so Remmert.

Im vorliegenden Fall handelte es sich nämlich um eine Besonderheit: Mit 68 Jahren beendete eine Allgemeinärztin ihre Praxistätigkeit zum 30.6.2007. Am 2. Juli schloss die Ärztin im Einverständnis mit ihrer KV einen Kaufvertrag mit einem Arzt, dem sie ihre Zulassung übertrug. Auch einige geringwertige Wirtschaftsgüter waren Gegenstand des Kaufvertrags, da die alleinige Zulassung nicht veräußert werden darf.

Den Helferinnen wurde gekündigt, eine davon befand sich zu diesem Zeitpunkt in Elternzeit (bis September 2008). Die übernehmende Ärztin eröffnete die Praxis an einem anderen Ort mit einem neuen Team. Die Praxisräume der Ärztin in Rente wurden verkauft und anschließend als Wohnung genutzt. Das Praxisinventar wurde entsorgt bzw. teilweise mit Patientenakten im Keller des Privathauses der Ärtzin gelagert.

Besonderer Sachverhalt: Alte Praxis total stillgelegt

Die Helferin in Elternzeit wollte sich nicht mit ihrer Kündigung zum August 2008 abfinden. Sie argumentierte, es habe ein Betriebsübergang stattgefunden, die Praxis sei nicht stillgelegt worden. Somit sei auch das Arbeitsverhältnis auf die Praxiskäuferin übergegangen.

Das Bundesarbeitsgericht schloss sich jedoch dem Regierungspräsidium Stuttgart an und urteilte, dass in diesem Fall kein Betriebsübergang stattgefunden habe. Dafür spreche, dass weder die Patientenkartei noch sonstiges Praxisinventar noch die Praxisräume übernommen worden waren. Ebenso wurde kein einziger Mitarbeiter weiterbeschäftigt.

Nur bei einer solchen, wohl eher selten vorkommenden Sachlage, sagt Rechtsanwalt Remmert, liegt nach dem BAG-Urteil kein Betriebs­übergang vor. „Keinesfalls ergibt sich hieraus die Konsequenz, dass die Mitarbeiter in der Regel nicht übernommen werden müssen.“

Wer eine Praxis abgeben möchte, so der Jurist, sollte frühzeitig bzw. langfris­tig planen, um am Ende nicht mit hohen Abfindungszahlungen des Personals belastet zu werden.

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