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Psychotherapeutische Versorgungslage  Alles nur berufspolitisch motivierte Schwarzmalerei?

Gesundheitspolitik Autor: Nina Arndt

Die Wartezeit von Erstkontakt bis zur regelmäßigen Sitzung hatte bei 96 % unter drei Monaten gelegen. Die Wartezeit von Erstkontakt bis zur regelmäßigen Sitzung hatte bei 96 % unter drei Monaten gelegen. © Ilona – stock.adobe.com
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Die psychotherapeutische Versorgungslage in Deutschland ist sowohl bezüglich der Therapie-Effekte als auch mit Blick auf die Wartezeit besser als erwartet.

Das berichtete Prof. Dr. Johannes Kruse vom Universitätsklinikum Gießen und Marburg. Er und sein Team hatten rund 33.000 Bundesbürger telefonisch befragt, Gespräche mit Psychotherapeuten geführt und Krankenkassendaten analysiert.

Etwa 2.200 der befragten Bürgerinnen und Bürger sagten aus, zwischen 2012 und 2020 Kontakt zu einem Psychotherapeuten gesucht zu haben. Bei rund 92 % fand dann auch ein Erstkontakt statt. Gründe, warum es bei etwa 8 % nicht zu einem ersten Kontakt kam, waren unter anderem eine zu lange Wartezeit, keine freien Plätze beim Therapeuten oder Zweifel am Therapiebedarf.

Rund 60 % hatten ihr Erstgespräch nach weniger als vier Wochen geführt, 90 % innerhalb von neun Wochen. Etwa zwei Drittel bewerteten diese Wartezeit als sehr kurz oder angemessen. „Das Problem entsteht, wenn die Wartezeit länger als drei Monate dauert“, erklärte Prof. Kruse. Bei dieser Gruppe herrschte eine erhebliche Unzufriedenheit.

Von den Teilnehmern, die ein Erstgespräch geführt hatten, sagten ca. 84 % aus, dann auch eine Psychotherapie begonnen zu haben. Die Wartezeit von Erstkontakt bis zur regelmäßigen Sitzung hatte bei 96 % unter drei Monaten gelegen. Damit war die Mehrheit der Befragten (85 %) zufrieden.
Jedoch stehen diese Ergebnisse in Diskrepanz zu den Daten, die u.a. von der Bundespsychotherapeutenkammer oder der Barmer veröffentlicht worden waren, so Prof. Kruse. Denn deren Analysen ergaben eine längere Wartezeit (110 bis 130 Tage). Die Forscher vermuten, dass Befragte ihre Wartezeit auf die Psychotherapie kürzer wahrnahmen, wenn sie währenddessen psychologische Leistungen wie Probatorik, Sprechstunden oder Akutbehandlungen erhalten hatten. „Die Patientinnen und Patienten haben das Gefühl, dass etwas passiert.“

Auch das Therapieergebnis beurteilten ein Großteil der Befragten als positiv. 87 % waren mit dem Outcome zufrieden. 89 % berichteten, dass es ihnen etwas oder viel besser ging.

Fast 90 % der Patienten ging es nach der Therapie besser

Die Studienergebnisse von Prof. Kruse und Kollegen decken sich mit einer Untersuchung des Verbands der Ersatzkassen (vdek) aus dem Vorjahr.1 Dieser kam zu dem Schluss, dass Patienten psychotherapeutisch teilweise schneller versorgt werden als bei Fachärzten. Nur eine kleine Gruppe warte deutlich länger – warum, sei unklar. Der vdek wirft den Psychotherapeutenkammern vor, die Lage möglichst dramatisch darzustellen, um mehr Therapeuten den Zugang zur vertragsärztlichen Versorgung zu ermöglichen. 

Quelle: Pressekonferenz – DKPM (Deutscher Kongress für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie)

1 Malinke S et al. ersatzkasse magazin 4/2023; 21-23

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