
Ärztliche Fortbildung Fortbildung zwischen Kongresssaal und Kreuzfahrt

Innerhalb von fünf Jahren 250 CME-Punkte zu sammeln, um der Ärztekammer die Erfüllung einer sozialrechtlichen Pflicht nachzuweisen, ist für Dr. Christine Schwill, hausärztliche Internistin aus Neustadt in Schleswig-Holstein, keine Herausforderung. Das sei auch in ein oder zwei Jahren machbar, sagt sie in einer neuen Folge des Podcasts O-Ton Innere Medizin. Für sie ist Fortbildung – „unabhängig von irgendwelchen CME-Punkten“ – vor allem eine Sache des ärztlichen Selbstverständnisses.
Austausch jenseits der eigenen Bubble
Dr. Schwill ist Mitglied im Vorstand der Ärztekammer Schleswig-Holstein und Mitglied in der AG Hausärztliche Internistinnen und Internisten der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM). Beim Lernen präferiert sie Präsenztermine wie den themenreichen DGIM-Kongress oder Qualitätszirkel. Persönliche Interaktion hilft zudem beim Netzwerken.
Als wichtig erachtet die Internistin auch den interdisziplinären und sektorenübergreifenden Austausch außerhalb ihrer „hausärztlichen Blase“, z. B. zu geriatrischen Versorgungsfragen mit Kolleginnen und Kollegen der Orthopädie, Neurologie oder Psychiatrie. Online-Kurse und die E-Learning-Angebote der Ärztekammer nutzt sie ebenfalls zunehmend.
Sie erinnert sich an den reinen Online-Kongress der DGIM während der Pandemie, als sie am Rechner zwischen Vorträgen hin und her gesprungen ist – „das war wirklich spannend“. Die Möglichkeit, Sitzungen „on demand“ Wochen oder Monate nach Kongressende anschauen zu können, findet die Hausärztin prinzipiell super. Allerdings bleibe die reale Nutzung im Alltag dann hinter den Absichten zurück, gibt sie zu.
Wiederkehrende Fortbildungspflichten zur Qualitätssicherung nimmt sie sportlich. Bei der DMP-Fortbildung lerne sie jedes Jahr etwas Neues. „Es hat schon Hand und Fuß, dass wir uns regelmäßig weiterbilden.“
Dass es keine von der Pharmaindustrie gesponserten Ärztestammtische mit bezahltem Essen mehr gibt, sieht sie positiv. Allerdings gebe es auch Fortbildungen von Kliniken, „wo man das Gefühl hat, das ist jetzt hier eine Werbeveranstaltung“. Die Angebote seien in den letzten Jahren weder definitiv besser noch schlechter geworden, sagt Dr. Schwill. „Es kommt immer auf die Themen und die Vortragenden an.“
Bauchschmerzen bereiten ihr „Stilblüten“ wie reisemedizinische Qualifizierungen auf einem Kreuzfahrtschiff oder z. B. die Kombination mit einem Trip nach Kolumbien. Hier würden 40 und mehr CME-Punkte geboten und die Kosten seien sogar steuerlich absetzbar. Immerhin vergebe die Ärztekammer in Schleswig-Holstein besondere Punkte für Fortbildungen, die klimaneutral gestaltet werden. „Und da ist eine Kreuzfahrt natürlich nicht dabei.“
DGIM-Kongress 2026 widmet sich dem Paradigmenwechsel
Eine grundsätzliche Herausforderung für die Ärztekammer bei der Zertifizierung sei die Beurteilung der Praxisrelevanz von Fortbildungen angesichts der zunehmenden Spezialisierung der Fachgebiete. Der Entscheidung der Bundesärztekammer, in der Muster-Fortbildungsordnung Sponsoring zuzulassen, wenn dieses nicht über die Summe der mit der Fortbildung verbundenen Kosten hinausgeht, stimmt Dr. Schwill zu. Sie ist „fest davon überzeugt“, dass für die Finanzierung der wichtigen Kongresse der Fachgesellschaften und den notwendigen fachlichen Austausch zufriedenstellende Lösungen gefunden werden.
Als hausärztliche Internistin arbeitet Dr. Schwill in der Planungskommission der DGIM mit, die sich um die Inhalte des jährlich in Wiesbaden stattfindenden Kongresses kümmert. „Wir können wirklich frei aufspielen und uns etwas wünschen“, berichtet sie über die Gestaltung der hausärztlichen Anteile. Die letzte Entscheidung obliege natürlich der Kongresspräsidentin oder dem -präsidenten. 2026 lautet das Tagungsthema „Paradigmenwechsel“. Dabei wird es u. a. um Europa und andere Gesundheitssysteme gehen.
Was Dr. Schwill von einer Kongressteilnahme als Teamevent oder in Virtual Reality als Avatar hält, hören Sie in der neuen Podcastfolge – ebenso ihre Meinung zum Vormarsch der KI in der ärztlichen Betreuung.
Quelle: Medical-Tribune-Bericht
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O-Ton Innere Medizin ist der Podcast für Internist:innen. So vielfältig wie das Fach sind auch die Inhalte. Die Episoden erscheinen alle 14 Tage donnerstags auf den gängigen Podcast-Plattformen.