Diabetesbehandlung Kein Metformin mehr wegen Klärwerksausbau?

Gesundheitspolitik Autor: Michael Reischmann

Die Kommunale Abwasserrichtlinie sieht vor, Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe auszustatten. Die Kommunale Abwasserrichtlinie sieht vor, Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe auszustatten. © APchanel - stock.adobe.com

Die Kommunale Abwasserrichtlinie sieht vor, Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe auszustatten. Diese soll Mikroschadstoffe – darunter auch Arzneimittelrückstände aus Patientenausscheidungen – besser entfernen. Mindestens 80 % der Ausbaukosten sollen laut EU-Richtlinie nach dem Verursacherprinzip von der Pharma- und Kosmetikindustrie getragen werden. 

Neben Antibiotika, Schmerzmitteln und Medikamenten für neurologische Erkrankungen und zur Behandlung von Depressionen wäre nach Darstellung des Branchenverbandes Pro Generika insbesondere Metformin zur Behandlung von Typ-2-Diabetes betroffen. Die Kosten würden sich um 445 % erhöhen – was Produktion und Vertrieb des niedrigpreisigen Präparats unwirtschaftlich mache. Zögen sich die Anbieter vom Markt zurück, müssten drei Millionen Erkrankte auf teurere Alternativen ausweichen. 

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft hat zu einer möglicherweise drohenden Mangelversorgung Stellung bezogen: Betroffene könnten nicht risikolos auf andere Antidiabetika umgestellt werden. Hinzu käme ein drastischer Anstieg der Therapiekosten durch patentgeschützte Arzneimittel. „Diese von der Polik bisher anscheinend nicht erkannte Brisanz der Lage fordert zum sofortigen Handeln auf“, lautet der Appell. 

Bis 2027 will die EU-Kommission festlegen, welche Substanzen genau unter die neue Regelung fallen. Die Mitgliedsstaaten müssen bis 2030 die Gebiete benennen, wo die Klärwerke auszubauen sind. Die Umsetzung erfolgt schrittweise bis 2045.