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Lockdown: Positionspapier von KBV und Ärzteverbänden zieht Kritik auf sich

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Viele Ärzte sahen sich durch das Positionspapier des KBV nicht repräsentiert. Viele Ärzte sahen sich durch das Positionspapier des KBV nicht repräsentiert. © Danny – stock.adobe.com
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Vertreter der Ärzteschaft sprachen sich letzte ­Woche mit einem Positionspapier gegen einen Lockdown aus. Sie forderten den konsequenten Schutz von Risikopersonen und eine einheitliche Corona-Ampel. Andere Mediziner distanzierten sich aber von diesem Vorstoß.

Ein Tag, drei Virologen, zwei grundverschiedene Ansätze. Vergangene Woche beschloss die Politik bekanntlich einen neuen Lockdown, auch der Virologe Professor Dr. Christian Drosten hatte sich zuvor dafür ausgesprochen. Am selben Tag veröffentlichte die KBV ein Positionspapier, in dem sie quasi das Gegenteil forderte, unterstützt von den Virologen Professor Dr. Hendrik Streeck und Professor Dr. Jonas ­Schmidt-Chanasit. Zahlreiche Ärzteverbände hatten das Papier unterzeichnet, darunter der Hausärzteverband, der Spitzenverband Fachärzte, der NAV-Virchow-Bund sowie die DEGAM.

Konsens von Ärzten und Forschern suggeriert

Das Papier stieß jedoch bei vielen Medizinern und Forschern auf Kritik – weil es von einem Lockdown abrät und suggeriert, es handle sich um eine „gemeinsame Position von Wissenschaft und Ärzteschaft“. Führende Forschungsorganisationen wie Leopoldina und Helmholtz-Gemeinschaft unterstützen den Lockdown jedoch. Sie mahnten, „deutlich, schnell und nachhaltig zu reagieren“ und Kontakte einzuschränken. Die Fallzahlen seien so weit zu senken, dass Gesundheitsämter die Kontaktnachverfolgung wieder vollständig durchführen können. Auch die BÄK bezeichnete den neuen Lockdown als „angemessen“.

Auf Twitter und Facebook entlud sich der Widerspruch von Ärzten zu dem Vorgehen der KBV. Sie betonten, sie fühlten sich keinesfalls repräsentiert. Mit der Ablehung eines Lockdowns falle man den Hausärzten in den Rücken, stärke die „Covidioten“ und lasse die Risikogruppen im Stich.

Einige der Ärzteverbände, die das Papier unterzeichnet hatten, betonen mittlerweile, dass sie den Lockdown natürlich unterstützen. Die KBV hatte in ihre Dokument folgende Strategieanpassungen gefordert:

  • Abkehr von der Eindämmung alleine durch das Nachverfolgen von Kontaktpersonen,
  • Einführung eines bundesweit einheitlichen Ampelsystems mit dem die aktuelle Lage sowohl auf Bundes- als auch auf Kreisebene auf einen Blick erkennbar wird.
  • Fokussierung der Ressourcen auf den spezifischen Schutz der Bevölkerungsgruppen, die ein hohes Risiko für schwere Krankheitsverläufe haben.
  • Gebotskultur an die erste Stelle in der Risikokommunikation setzen.

Bei der Pressekonferenz, auf der die KBV das Papier vorstellte, kritisierte der Vorsitzende Dr. Andreas Gassen das Krisenmanagement: Zu erleben seien im Wochentakt neue Maßnahmen, die zum Teil von Gerichten sogleich wieder kassiert werden, sogar die Unverletzlichkeit der Wohnung werde von SPD-Politiker Professor Dr. Karl Lauterbach inzwischen infrage gestellt. Es sei aber falsch, immer nur mit düs­terer Miene apokalyptische Bedrohungsszenarien aufzuzeichnen. Es gehe vielmehr um eine realistische Einschätzung von Chancen. „Wir brauchen eine ko­operierende Bevölkerung und Maßnahmen, die auch umsetzbar sind“, so Dr. Gassen. Ein pauschaler Lockdown sei weder zielführend noch umsetzbar.

Schutz für Risikogruppen muss entwickelt werden

„Es geht nicht darum, die Lage zu verharmlosen“, positionierte sich Prof. Streeck. Aber die Nachverfolgung von Kontaktpersonen dürfe nicht die alleinige Lösung sein. Es müsse ein Schutz für Risikogruppen entwickelt werden. Im Positionspapier wird dieser so beschrieben:

  • Besucher von Senioren- und Pflegeheimen sowie Krankenhäusern erhalten in einem „Schleusen“-Modell nur nach einem negativen Antigen-Schnelltest Zutritt.
  • Das ärztliche, pflegerische und Reinigungspersonal wird regelmäßig getestet.
  • Ärztliches, pflegerisches und Reinigungspersonal sowie die Besucher tragen beim Kontakt mit den Patienten bzw. Bewohnern FFP2-Masken.
  • Städte, Kreise und Kommunen kümmern sich um den Aufbau und die Unterstützung von Nachbarschaftshilfen für Personen, die der Risikogruppe angehören und zu Hause leben. Personen, die sich selbst isolieren, sollen unterstützt werden. Ihre medizinische Versorgung muss gewährleistet werden.

Quelle:  KBV-Pressekonferenz

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