Anzeige

Minister will mitbestimmen: Gematik soll über Mehrheitsbeteiligung entmachtet werden

Gesundheitspolitik Autor: Cornelia Kolbeck

Minister Jens Spahn soll zum Mehrheitsgesellschafter an der Gematik mit einer 51-prozentigen Beteiligung werden. Minister Jens Spahn soll zum Mehrheitsgesellschafter an der Gematik mit einer 51-prozentigen Beteiligung werden. © Fotolia/Eigens
Anzeige

Wer zurzeit noch sagt, Gesundheitspolitik ist langweilig, der hat nicht recht. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn hat viele Ideen für Neuerungen und diese bringen manche Player in Rage. Das sind zum Beispiel die Pläne zur Übernahme der Gematik durch die Aufsicht.

Vorgesehen ist der Einfluss auf die Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte mbH (Gematik) in einem Änderungsantrag zum Terminservice- und Versorgungsgesetz. Nach diesem soll das Bundesgesundheitsministerium (BMG) zum Mehrheitsgesellschafter an der Gematik mit einer 51-prozentigen Beteiligung werden. Jeweils 24,5 % bleiben für den GKV-Spitzenverband und die Spitzenorganisationen der Leistungserbringer.

Hintergrund für Spahns Pläne ist der schleppende Ausbau der Telematik-Infrastruktur (TI), der sich seit mehr als zehn Jahre hinzieht. Der Bundesrechnungshof hatte erst kürzlich die Verzögerungen kritisiert und ein Eingreifen der Politik nahegelegt.

Der Geschäftsführer der Gematik, Alexander Beyer, erwidert, die GmbH der gemeinsamen Selbstverwaltung treibe die digitale Vernetzung des Gesundheitswesens voran, die Industrie komme jedoch mit der Entwicklung der erforderlichen Komponenten nicht hinterher. Immerhin sind jetzt vier TI-Konnektoren zugelassen.

So werden Kompetenzen, Zuständigkeiten und Finanzierung vermischt

Die SPD steht hinter Spahns Vorhaben, über die Ermächtigung mehr Druck auf die Gematik auszuüben, unterstreicht Fraktionsvize Professor Dr. Karl Lauterbach. Er ist hier mit dem Minister einer Meinung. Die Neuregelung müsse kommen, sonst fielen weiterhin erhebliche Kosten ohne Nutzen an. Prof. Lauterbach betont, dass der Anschluss der Ärzte an die TI Voraussetzung für Digitalisierungsprojekte wie die elektronische Patientenakte, Telemedizinangebote oder das eRezept ist.

Kein Verständnis für den Vorstoß haben dagegen Kassenvertreter. Das BMG wolle „faktisch eine nachgeordnete Behörde schaffen, für die dann aber die Beitragszahler der gesetzlichen Krankenkassen zahlen sollen“, so Florian Lanz, Sprecher des GKV-Spitzenverbandes. „Hier werden Kompetenzen, Zuständigkeiten und Finanzierung zwischen staatlichen Institutionen und der gemeinsamen Selbstverwaltung vermischt, was zu Intransparenz und unklaren Verantwortlichkeiten führt. Das lehnen wir ab.“ Lanz erinnert daran, dass das BMG bereits von 2005 bis 2010 per Rechtsverordnung die alleinige Entscheidungsgewalt bei der Gematik hatte. Aus dieser Zeit seien keine Fortschritte beim Aufbau der TI bekannt. Inzwischen würden alle Fristen gehalten. Auch sei das BMG bei den Sitzungen der Gematik-Gesellschafterversammlung stets dabei gewesen und habe als Aufsicht Beschlüsse nicht beanstandet.

... und im nächsten Monat ist Flugbetrieb am BER

Uwe Klemens, der Vorsitzende des Ersatzkassenverbandes, meint: „Wer glaubt, mit 51 % Entscheidungskompetenz die Gematik schneller voranzubringen, der glaubt auch, dass wir ab kommenden Monat ab Berlin-Brandenburg fliegen.“ Er fragt sich, ob bei einer 51-%-Beteiligung das BMG nicht auch 510 Mio. Euro (Mindestanteil an den Projektinvestitionen von über einer Mrd. Euro) übernehmen müsse.

Anzeige