
Checkpointinhibitor-Kolitis erkennen und behandeln

Immuncheckpoint-Inhibitoren haben in den letzten Jahren die Krebstherapie erheblich vorangetrieben und verbessern die Prognose von Tumorpatientinnen und -patienten deutlich. Allerdings können sie zu schweren immunvermittelten Nebenwirkungen führen, unter anderem zu einer Kolitis.
Bei Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) handelt es sich um monoklonale Antikörper, welche die Aktivität des körpereigenen Immunsystems erhöhen, sodass der Tumor besser bekämpft werden kann. Sie greifen die Tumorzellen nicht direkt an, schreibt das Team um Aditi Kumar von den Royal Wolverhampton Hospitals NHS Trust, Wolverhampton. Vielmehr richten sie sich gegen diverse Rezeptoren und Liganden wie CTLA-4*, PD1**, dessen Liganden PD-L1 bzw. gegen LAG-3*** (s. Tabelle).
Checkpointinhibitoren und Inzidenz der Checkpointinhibitor-Kolitis, die durch sie ausgelöst wird | ||
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Mechanismus | Substanz | Inzidenz |
Anti-CTLA-4* | Ipilimumab Tremelimumab | 27 % |
Anti-PD1** | Pembrolizumab Nivolumab Cemiplimab | 13,1 % |
Kombination aus Anti-CTLA-4 und Anti-PD1 | Ipilimumab Nivolumab | 46,7 % |
Anti-PD-L1 | Atezolizumab Avelumab Durvalumab | 20 % |
Anti-PD1 und LAG-3*** | Nivolumab/ Relatlimab | 13,5 % |
ICI werden mit großem Erfolg in der Antitumortherapie eingesetzt, doch es kann zu immunvermittelten Nebenwirkungen kommen. Denn ihre aktivierende Wirkung auf das körpereigenes Abwehrsystem ist nicht krebsspezifisch und führt häufig zu Autoimmunphänomenen in Organen, die eigentlich nicht von der Krebserkrankung betroffen sind. Besonders häufig treten die Immunreaktionen an der Haut oder im Gastrointestinaltrakt auf, wie bei der Checkpointinhibitor-Kolitis. Diese kann schwer verlaufen und dazu führen, dass die ICI-Therapie pausiert oder ganz abgesetzt werden muss. Da ICI in der Onkologie immer häufiger eingesetzt werden, müssen Gastroenterologinnen und Gastroenterologen diese Nebenwirkung kennen und wissen, wie man eine Checkpointinhibitor-Kolitis diagnostiziert und behandelt.
Klinisch macht sich die Erkrankung durch abdominelle Schmerzen und Diarrhöen bemerkbar, die blutig oder schleimig sein können. Die Durchfälle können nach Beginn einer ICI-Therapie zu jedem Zeitpunkt auftreten, unabhängig von der Anzahl der verabreichten Dosen. Im Median vergehen vier bis sieben Wochen nach Therapiebeginn, bis es erstmals zur Diarrhö kommt. Doch sollte bei jeder Person, die mindestens eine Dosis eines Immuncheckpoint-Inhibitors erhalten hat und gastrointestinale Symptome entwickelt, an eine potenzielle immunvermittelte Kolitis gedacht werden – auch dann, wenn die Behandlung bereits beendet ist.
Eine Checkpointinhibitor-Kolitis kann eine infektiöse Gastroenteritis imitieren. Das Autorenteam rät, bei allen Personen, die unter ICI-Therapie moderate bis schwere Durchfälle entwickeln, eine Stuhlprobe untersuchen zu lassen. Dabei sollte auch nach Clostridioides difficile und Parasiten gesucht werden. Außerdem sollte bei Immunsupprimierten immer auch an atypische Infektionen, z. B. mit dem Cytomegalievirus, gedacht werden. Das fäkale Calprotectin korreliert mit der Inflammation des Kolons, sein genauer Stellenwert ist aber noch in weiteren Studien zu untersuchen. Bei Patientinnen und Patienten mit persistierender Diarrhö sollte unbedingt eine flexible Sigmoidoskopie erwogen werden – und zwar möglichst vor Beginn einer Kortikosteroidtherapie. Dabei sind mehrere Biopsien zu entnehmen. Die Autorinnen und Autoren empfehlen, vier Biopsien histologisch untersuchen zu lassen, da die makroskopischen Befunde unauffällig sein können.
Es ist wichtig, eine Checkpointinhibitor-Kolitis frühzeitig zu behandeln. Bei leichter Ausprägung kann eine orale Rehydrierung und die Gabe von Antidiarrhoika (Loperamid) versucht werden. Führt das nicht zum Erfolg, kommen Kortikosteroide zum Einsatz (Äquivalent zu 40 mg Prednisolon oral). Falls innerhalb von drei bis fünf Tagen kein klinisches Ansprechen zu verzeichnen ist, die Endoskopie mehr als nur milde Entzündungszeichen ergibt oder die Symptome zunehmen, sollte auf die intravenöse Gabe von Hydrocortison oder Methylprednisolon umgestellt werden. Budesonid wird derzeit nicht empfohlen. Das Autorenteam weist darauf hin, dass Kortikosteroide rechtzeitig ausgeschlichen werden sollten.
Auch Biologika wie Infliximab und Vedolizumab werden in der Behandlung der Checkpointinhibitor-Kolitis eingesetzt. Empfohlen werden Biologika, wenn Betroffene auf eine dreitägige i.v. Therapie mit Kortikosteroiden nicht ansprechen oder wenn bei der Endoskopie eine moderate bis schwere Inflammation auffällt. Mittel der letzten Wahl bei Checkpointinhibitor-Kolitis ist die Kolektomie mit Anlage eines Ileostomas.
*cytotoxic T-lymphocyte-associated protein 4
**programmed cell death protein 1
***lymphocyte-activation gene 3
Quelle: Kumar A et al. Frontline Gastroenterology 2025; doi: 10.1136/flgastro-2024-102905
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